Der slovakische Geschäftsmann Marian Kocner im Gericht in Bratislava.
APA/AFP/Vladimir Simicek
Mordfall Kuciak

Slowakisches Gericht hebt Freisprüche auf

Der Prozess gegen die möglichen Drahtzieher der Ermordung des Journalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten in der Slowakei muss neu aufgerollt werden. Das oberste Gericht des Landes hob am Dienstag in Bratislava den Freispruch für den Millionär Marian Kocner und eine mutmaßliche Komplizin auf. Auf beide kommt nun ein neuer Prozess zu.

In dem Berufungsverfahren entschied das Gericht, dass die im vergangenen Jahr aus Mangel an Beweisen ergangenen Freisprüche für den 58-jährigen Kocner und seine mutmaßliche Komplizin Alena Z. nichtig sind. Das Gericht begründete seine Entscheidung unter anderem damit, dass die Staatsanwaltschaft zahlreiche neue Beweise wie Auszüge aus SMS-Inhalten vorgelegt habe.

Zugleich sei das oberste Gericht zu dem Schluss gekommen, dass das Strafgericht im dem Verfahren „mehrere Fehler“ gemacht habe, erläuterte der Verfassungsrichter Peter Paluda das Urteil. Deswegen werde der Fall an die untergeordnete Instanz zurückverwiesen. Der Prozess wird also komplett neu aufgerollt.

Im Fall von Tomas S., dem dritten Mitangeklagten, der im Berufungsverfahren am Dienstag vor Gericht stand, bestätigte das oberste Gericht hingegen die vorherige Entscheidung der Spezialrichter über eine Haftstrafe von 25 Jahren. S. hatte den Todesschützen im Kuciak-Mordfall zum Tatort gefahren und ist laut dem Gericht auch für den Mord an einem Unternehmer aus Kollarovo aus dem Jahr 2016 schuldig.

Freispruch aus Mangel an Beweisen

Im September vergangenen Jahres war der 58-jährige Kocner zwar wegen illegalen Waffenbesitzes verurteilt worden. Dass er den Mord an dem damals 27 Jahre alten Investigativjournalisten Kuciak und dessen gleichaltriger Verlobter Martina Kusnirova in Auftrag gegeben und bezahlt habe, könne nicht bewiesen werden, hieß es damals vom Strafsenat in Pezinok. Auch Z. konnte laut damaligen Urteil nicht zweifelsfrei bewiesen werden, dass sie in Kocners Auftrag den Mord organisiert habe.

Kuciak, der zu Verbindungen zwischen der italienischen Mafia und slowakischen Politikern recherchiert und sich auch mit Kocners Geschäften befasst hatte, war 2018 zusammen mit seiner Verlobten erschossen worden. Ausgeführt hatte den Mord der Ex-Soldat Miroslav Marcek, der zu 23 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Ein weiterer Mittäter kam als Kronzeuge mit 15 Jahren Haft davon.

Mord erschütterte slowakische Politik

Der Freispruch war damals sowohl von den Familien der Opfer als auch Teilen der slowakischen Politik mit Unglauben aufgenommen worden. Der damalige Premierminister Igor Matovic kritisierte das Urteil etwa auf Facebook. Die slowakische Präsidentin Zuzana Caputova zeigte sich angesichts des Freispruchs für Kocner „schockiert“. Sie gehe davon aus, dass das Urteil vor dem Obersten Gerichtshof keinen Bestand haben werde, schrieb sie damals.

Der Mord an Kuciak hatte europaweit für Erschütterung gesorgt und in der Slowakei schließlich zum Rücktritt des damaligen Ministerpräsidenten Robert Fico geführt. Die Proteste ebneten zudem den Weg für die Wahl der Rechtsanwältin und Antikorruptionsaktivistin Caputova zur Präsidentin des Landes. Die damalige Regierungspartei von Fico, die sozialdemokratische Smer-SD, wurde bei der Parlamentswahl im Februar 2020 schwer abgestraft.

Im Zuge der Ermittlungen und des Verfahrens gegen Kocner wurden im März 2020 auch teils hochrangige Richter und mehrere andere Personen wegen Korruptionsverdachts festgenommen. Kocner selbst wies die Vorwürfe stets zurück. Der Unternehmer sitzt bereits in Haft, weil er in einem anderen Fall wegen Fälschung von Schuldverschreibungen zu 19 Jahren Gefängnis verurteilt wurde.