Geldsujet
ORF.at/Christian Öser
Prognose

Ausstieg aus Staatshilfen „gut timen“

Das im Zuge der Pandemie entstandene Budgetdefizit wird bis 2025 sinken – laut einer am Mittwoch präsentierten Prognose des Fiskalrats sogar stärker als zuletzt von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) erwartet. Ein ausgeglichenes Budget wird aber wohl frühestens die nächste Regierung vorlegen können – alles unter der Voraussetzung, dass die Pandemie abebbt. Einen Ausstieg aus den Staatshilfen müsse man „gut timen“.

Auch wenn die Zahlen optimistischer als jene von Blümel sind – Fiskalratspräsident Christoph Badelt verwies bei der Präsentation der Prognose auf viele Schritte, die es zu machen gelte. „Wir müssen mittel- bis langfristig die Schuldenquote wieder runterbringen. Wir brauchen einen gut vorbereiteten und konjunkturgerechten Rückzug aus der staatlichen Intervention“, so Badelt.

Der scheidende Leiter des Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) leitet seit Mitte Mai den Fiskalrat, der die Einhaltung der Budgetvorgaben der EU in Österreich überprüft. Er werde seine neue Rolle „durchaus extensiv nutzen“, kündigte Badelt an. Zusätzlich zu den zwei jährlichen Berichten will er auch Einschätzungen zur finanzpolitischen Lage und entsprechende Analysen liefern.

Leiter des WIFO Christoph Badelt
APA/Robert Jäger
Badelt leitet seit Mai den Fiskalrat

Badelt: Ausstieg aus Staatshilfen „gut timen“

Für heuer rechnet der Fiskalrat mit einem leichten Rückgang des gesamtstaatlichen Defizits von 8,9 auf 7,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Das ist weniger als von Blümel zuletzt nach Brüssel gemeldet (8,4 Prozent). Auch für die kommenden Jahre ist der Fiskalrat etwas zuversichtlicher.

Für das Wahljahr 2024 erwarten die Schuldenwächter ein Defizit von 1,7 Prozent (das Finanzministerium geht von 2,5 Prozent aus) und 0,9 Prozent für 2025. Die Staatsschulden sollen heuer auf einen Rekordwert von 88,7 Prozent des BIP steigen (laut Finanzministerium 89,6 Prozent) und bis 2025 auf 83,8 Prozent sinken.

Folgen von möglicher weiterer CoV-Welle nicht abschätzbar

An ein automatisches „Herauswachsen“ aus den Schulden glaubt der Fiskalrat nicht. Von der Regierung forderte er daher die „Rückkehr zu einer nachhaltigen Budgetpolitik“, um für künftige Krisen gewappnet zu sein. Den Starttermin müsse man aber „gut timen“, um das Wirtschaftswachstum nicht zu gefährden, so Badelt.

Hinter der Prognose steht die Annahme, dass die Pandemie abebbt und keine weiteren Einschränkungen verhängt werden. Was eine vierte Infektionswelle im Herbst verursachen würde, ist laut Badelt und Fiskalratsbüroleiter Bernhard Grossmann nicht abschätzbar.

Nachhaltige Maßnahmen gefordert

Weitere Empfehlungen des Fiskalrats betreffen insbesondere die Kosten der alternden Gesellschaft und die Ökologisierung. Für Letztere forderte Badelt eine große „ökosoziale Steuerreform“ mit höheren CO2-Abgaben.

Im Gegenzug sollen die Abgaben auf Arbeit gesenkt und jene Teile der Bevölkerung entlastet werden, die ihr Verhalten nicht selbst ändern können. „Der Freiberufler, der mit seinem SUV von Baden nach Wien düst, wird keine Kompensation bekommen“, so Badelt – ein Pendler aus dem Waldviertel wohl schon.

Zur Absicherung des Sozialsystems braucht es aus Badelts Sicht Strukturreformen und eine nachhaltige Pflegefinanzierung. Auf Maßnahmen im Pensionsbereich will sich der Fiskalratschef nicht festlegen, mit zwei Ausnahmen: eine Anhebung des tatsächlichen Pensionsantrittsalters sowie den Verzicht auf außertourliche Pensionserhöhungen. „Die Vermeidung der einen oder anderen Maßnahmen, die man nur aus dem Wahlzyklus heraus erklären kann, würde schon helfen“, meinte der Wirtschaftsforscher.

NEOS fordert „Neustart“

NEOS forderte angesichts der Prognose einen „wirtschaftlichen Neustart“. Budgetsprecherin Karin Doppelbauer kritisierte in einer Aussendung, dass die Regierung am Anfang der Pandemie zu spät geholfen, später aber Unterstützungszahlungen „ohne Maß und Ziel“ ausgeschüttet habe. Nun brauche es eine nachhaltigere Budgetpolitik, „die aufhört, Unternehmen weiterhin Steine in den Weg zu legen, und die an übermorgen denkt“.