Brennende Barrikaden vor einem besetzten Haus in Berlin-Friedrichshain
Reuters/Hannibal Hanschke
60 Polizisten verletzt

Eskalation rund um besetztes Haus in Berlin

Im Streit um ein teilbesetztes Haus in Berlin ist es am Mittwoch zu heftigen Zusammenstößen zwischen linksradikalen Hausbesetzern und der Polizei gekommen. Über 60 Einsatzkräfte wurden nach Angaben der Polizei verletzt, die Protestierenden errichteten Barrikaden und steckten sie in Brand, heißt es von der Polizei. Auslöser für die Eskalation war eine bevorstehende Brandschutzbegehung.

Der Konflikt um das teilbesetzte Haus „Rigaer Straße 94“ in Berlin-Friedrichshain spitzt sich damit weiter zu. Nach ersten Schätzungen der Polizei griffen etwa 200 Vermummte die Einsatzkräfte am Mittwochvormittag mit Steinwürfen von Dächern und Straße an. Außerdem errichteten Vermummte Barrikaden an drei Stellen auf der Rigaer Straße und zündeten sie an, sagte Polizeisprecherin Anja Dierschke. Teilweise mussten sich Polizistinnen und Polizisten anfangs zurückziehen.

60 Beamte wurden laut Polizei verletzt. Später löschte die Polizei die Feuer mit einem Wasserwerfer, mit dem Räumfahrzeug wurden Barrikaden weggeräumt. Am Nachmittag kontrollierte die Polizei die umliegenden Dächer, um sicherzugehen, dass von dort keine gelagerten Steine herabfallen.

Feuerwehrleute beim Löschen eines Brandes vor einem besetzten Haus in Berlin-Friedrichshain
APA/AFP/John Macdougall
Auch die Feuerwehr musste ausrücken, um die angezündeten Barrikaden zu löschen

Wegen des Konflikts sagte Berlins Innensenator Andreas Geisel seine Teilnahme an der deutschen Innenministerkonferenz am Mittwoch ab. Das teilte seine Verwaltung über den Nachrichtendienst Twitter mit. „Wer Autoreifen anzündet, kämpft nicht für linke Freiräume, sondern drangsaliert den eigenen Kiez“, sagte Geisel.

Begehung am Donnerstag soll stattfinden

Am Donnerstag soll nun die Brandschutzbegehung in der Rigaer Straße erfolgen. Die Polizei verhängte deshalb für die Zeit zwischen Mittwochnachmittag und Freitagabend ein Versammlungs- und Parkverbot für Teile der Straße. Dem kamen die Unterstützer der Bewohner mit ihren Barrikaden jedoch zuvor. Die Straße werde „verbarrikadiert und eine autonome Zone eingerichtet, um die Rote Zone des Senats zu verhindern“, schrieben sie auf Twitter.

„Die aktuellen Gewalttaten zeigen sehr deutlich, warum eine Begehung zur Begutachtung des Brandschutzes in der R94 mit Tausenden Polizisten in Amtshilfe abgesichert werden muss“, schrieb Benjamin Jendro, Sprecher der Polizeigewerkschaft in Berlin, auf Twitter.

Einsatzkräfte vor einem besetzten Haus in Berlin-Friedrichshain
APA/AFP/John Macdougall
Am Mittwoch kam es zur Eskalation zwischen Hausbesetzern und Polizei

In dem Gebäudekomplex aus drei Häusern mit 30 Wohnungen wurden schon vor Jahren zahlreiche Mängel beim Brandschutz dokumentiert, etwa fehlende Fluchtwege, Wanddurchbrüche, fehlerhafte Elektroleitungen und Sperren in Treppenhäusern. Manche Fenster sollen vergittert sein. Der von den Grünen geführte Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg unternahm nichts – man wolle Gewaltausbrüche vermeiden, lautete die Begründung.

Hausbesitzer stellt Sperre des Hauses in den Raum

Ob das verbarrikadierte Tor und die Wohnungen von Bewohnern geöffnet oder von der Polizei aufgebrochen werden, war am Mittwoch kaum abzusehen. Für viele Wohnungen gibt es Mietverträge. Unklar ist aber, wer inzwischen dort wohnt. Dem Hausbesitzer, der Polizei und den zuständigen Behörden wird der Zutritt seit Langem verweigert.

Der Anwalt des Hausbesitzers kündigte an, man wolle klären, wer in den Wohnungen lebt und möglicherweise auch Personalien feststellen lassen. Sollte das Brandschutzgutachten große Probleme zeigen, müssten unter Umständen Teile des Hauses gesperrt werden.

Gericht weist Beschwerde gegen Begehung ab

Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts, wonach eine Brandschutzprüfung zulässig sei, legten die Hausbewohnerinnen und -bewohner Beschwerde ein. Laut dem „taz“-Redakteur Erik Peter wurde diese abgewiesen, an sich dürfe die brandschutzrechtliche Begehung stattfinden, schrieb dieser auf Twitter. Allerdings dürfe „nur der Brandschutzingenieur“, nicht aber die „Eigentümerin oder deren Vertreter“ in das Haus.

Seit Jahren gibt es Streit um das seit 1990 besetzte Haus, das als Treffpunkt der linksextremen Szene gilt. Schon mehrmals kam es etwa bei Durchsuchungen zu Ausschreitungen. Erst Anfang der Woche wurden im Stadtteil Marzahn mehrere Autos angezündet – ein Teil der Autos gehörte laut „Berliner Zeitung“ zu einer Brandschutzfirma, die auch an der Begehung des Gebäudes am Donnerstag beteiligt sein soll.