Satellitenaufnahme des chinesischen Atomkraftwerks von Taishan
AP/Planet Labs Inc.
AKW Taishan

China räumt Problem mit Brennstäben ein

Nach Berichten über einen möglichen Störfall im südchinesischen Atomkraftwerk Taishan hat Chinas Atomaufsicht am Donnertag Probleme mit Brennstäben eingeräumt. Die Behörde war gleichzeitig um Beruhigung bemüht: Nur ein Bruchteil der insgesamt 60.000 Brennstäbe sei betroffen – entgegen Medienberichten gebe es im AKW auch kein Leck.

„Die Umweltbeobachtungen im Umfeld des Werks Taishan haben keine abnormen Parameter aufgezeigt. (…) Das zeigt, dass es kein Leck gegeben hat“, teilte die chinesische Behörde für nukleare Sicherheit via Kurznachrichtendienst Weibo mit. Den Angaben zufolge seien im Reaktor 1 der Anlage nur um die fünf Brennstäbe beschädigt. Das seien weniger als 0,01 Prozent. Ausgelegt sei die Anlage hingegen für bis zu 0,25 Prozent.

Auch der in Reaktor 1 festgestellte erhöhte Wert an Radioaktivität liege innerhalb der erlaubten Grenzen. Messungen außerhalb des Atomkraftwerks hätten zudem gezeigt, dass alle Werte normal seien. Es habe somit auch nichts mit einem Leck zu tun, da alles innerhalb der Schutzhülle des Reaktors geschehe, so die Behörde: „Die Betriebssicherheit des Atomkraftwerks ist garantiert“.

„Nicht wahr“

Man werde die Situation aber weiter genau beobachten und dazu in Kontakt mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) und der französischen Atomaufsicht bleiben. Einen Bericht des US-Nachrichtensenders CNN, dem zufolge die Atomaufsicht eine Erhöhung des Grenzwerts erlaubt haben soll, nannte ein Verantwortlicher „nicht wahr“.

Das AKW, das vom staatlichen französischen Energiekonzern Electricite de France (EDF) und der chinesischen Gruppe China General Nuclear Power Group (CGN) als Joint Venture betrieben wird, liegt in der bevölkerungsreichsten und wirtschaftlich wichtigsten Provinz Guangdong.

EDF bestätigt erhöhte Edelgaskonzentration

Es sei nicht ungewöhnlich, dass neue Brennstäbe in einem Atomreaktor Schäden erlitten, sagte Najmedin Meshkati, Professor für nukleare Sicherheit an der amerikanischen University of Southern California, der „New York Times“. Seltener sei aber, dass sich radioaktive Gase im Wasser um die Brennstäbe bis zu dem Punkt ansammelten, dass überprüft werden müsse, welche Menge sicher sei. Eine ernsthafte Bedrohung liege aber wahrscheinlich nicht vor.

Zuvor hatte CNN berichtet, dass die US-Regierung einem Hinweis der EDF-Tochter Framatome auf ein mögliches Leck und eine „bevorstehende radiologische Bedrohung“ nachgegangen sei. Den CNN-Angaben zufolge habe Framatome darauf verwiesen, dass China die Grenzwerte für die radioaktive Belastung außerhalb der Anlage heraufgesetzt habe, um sie nicht schließen zu müssen. Sie ist Teil des Versorgungsnetzes für die Metropolregion Shenzhen und Guangzhou.

Mittlerweile ruderte Framatome aber zurück und betonte, man leiste „Unterstützung bei der Lösung eines Betriebsproblems“ in dem AKW. Laut „den verfügbaren Daten läuft die Anlage innerhalb der Sicherheitsparameter“, hieß es in einer Mitteilung. EDF, Mehrheitseigner von Framatome und zu 30 Prozent an dem chinesischen Kraftwerk beteiligt, teilte mit, man habe eine Sondersitzung des Verwaltungsrates des AKW verlangt, CGN reagierte aber offenbar bisher nicht darauf.

Bauarbeiten am AKW Taishan im Jahr 2013
APA/AFP/Peter Parks
Die Bauarbeiten starteten 2008, 2018 bzw. 2019 gingen die beiden Taishan-Reaktorblöcke ans Netz

IAEA: Bisher keine Hinweise

Die IAEA in Wien erklärte zuletzt, sie habe derzeit „keine Hinweise auf einen Strahlenvorfall“. Auch das französische Institut für Strahlenschutz und Atomsicherheit (IRSN) nannte es verfrüht, von einem Atomunfall zu sprechen: „Wir kennen das Ausmaß des Phänomens nicht“, sagte die stellvertretende IRSN-Direktorin Karine Herviou.

Neue Technologie

In Taishan stehen zwei in Frankreich entwickelte Druckwasserreaktoren der dritten Generation vom Typ EPR. Sie sind bisher die einzigen weltweit, die bereits Strom liefern. Die beiden Blöcke westlich der chinesischen Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macau waren 2018 und 2019 ans Netz gegangen. Die Technologie soll auch in Anlagen in Frankreich, Finnland und Großbritannien zum Einsatz kommen. Zudem gibt es Verhandlungen mit Indien, in Jaitapur ein riesiges Kraftwerk mit sechs ERP-Reaktoren zu errichten.

Frankreich aber etwa will erste Betriebserfahrungen abwarten. Dazu kommt heftiger Widerstand von Umweltschutzorganisationen und Ablehnung bis Skepsis teils auch in der Politik. Derzeit ist ein Reaktor dieses Typs in Flamanville am Ärmelkanal in Bau. EDF hofft vor allem auch im eigenen Land auf weitere Aufträge. Probleme im chinesischen AKW, sollten sie mit der Technologie zusammenhängen, wären für EDF ein schwerer Rückschlag.

Umgekehrt baut China längst eigene Reaktoren und will diese vor allem an ärmere Länder verkaufen. Schwerwiegende Probleme oder menschliches Versagen könnten das Vertrauen in die chinesische Nukleartechnologie beschädigen.