Ein Gurgeltest wird abgegeben
APA/Herbert Neubauer
Delta-Variante

Bereits 361 Fälle in Österreich festgestellt

Die erstmals in Indien entdeckte Delta-Variante des Coronavirus breitet sich auch in Österreich weiter aus. Diese ansteckendere und wohl gefährlichere Mutation wurde bis Dienstag bereits 361-mal festgestellt. Das geht aus dem aktuellen Variantenbericht der AGES hervor.

Delta wurde mittlerweile in allen neun Bundesländern nachgewiesen – der Bericht der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) wiederum wies für Kärnten und Vorarlberg null Fälle auf. Allerdings hieß es aus den beiden Bundesländern, dass auch dort bereits Delta-Mutationen festgestellt wurden, zuletzt etwa drei in der Vorwoche in Kärnten, dazu kommen weitere Verdachtsfälle.

In Vorarlberg gab es am Mittwoch 28 bestätigte Fälle von Infektionen mit der Delta-Variante. Das bestätigte die Landespressestelle auf APA-Anfrage. Die meisten Fälle wurden mit 256 in Wien festgestellt. In Salzburg gab es 28 Fälle, in Tirol 24, in der Steiermark acht, in Oberösterreich vier Fälle und im Burgenland sieben – mehr dazu in burgenland.ORF.at. Die Zahl der Fälle mit der Delta-Variante in Niederösterreich stieg unterdessen am Mittwoch um 19 auf 41 – mehr dazu in noe.ORF.at.

Von der Ampelkommission hatte es zuletzt geheißen, dass die Ausbreitung der Delta-Variante nicht wirklich seriös eingeschätzt werden könne. Denn Basis für die Sequenzierungen sind PCR-Tests, die nur in Wien flächendeckend durchgeführt werden. Zuletzt waren es in der Bundeshauptstadt 20.000 PCR-Analysen je 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner, während es im nächstfolgenden Bundesland Niederösterreich gerade einmal 1.559 waren.

Gemeindebund will Teststraßen zurückfahren

Unterdessen entbrannte zwischen Gemeinde- und Städtebund eine Debatte über die Tests. Während der Gemeindebund mit fortlaufendem Impffortschritt die Gratistestinfrastruktur in den Kommunen zurückfahren möchte, plädierte der Städtebund für die Beibehaltung.

Im Gemeindebund rechnet man damit, dass nach dem Sommer alle Österreicher bereits ein Impfangebot hatten. Wer sich nicht impfen lässt, der müsse dann auf eigene Kosten testen, sagte Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl zum „Kurier“. Gegenteiliger Meinung ist man im Städtebund. Dessen Generalsekretär Thomas Weninger sagte dazu: „Grundsätzlich ist es – gerade angesichts der berühmt-berüchtigten Variante Delta – glaube ich nicht angebracht, das bewährte Instrument des Testens zurückzufahren, ganz im Gegenteil.“

Städtebund will Ausbau des Testangebots

Vielmehr wünscht sich Weninger den Ausbau des PCR-Testangebots, denn nur mit diesem könne man die Ausbreitung von Virusvarianten beobachten. Der Generalsekretär verwies auf die Wiener PCR-Aktion „Alles gurgelt“: Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) habe ja schon angeboten, „auch für die Umlandgemeinden von Wien die Testinfrastruktur zur Verfügung zu stellen“.

Der Städtebund-Präsident, Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), hält ebenfalls nichts von einer Reduktion des Angebots. Er erachte „gut funktionierende Teststraßen als essenzielles Instrument im Kampf gegen die Pandemie“. Das bedeute zwar – auch für große Kommunen – einen hohen Ressourcenaufwand, doch die Infrastruktur müsse vor allem im Hinblick auf den Herbst und die Delta-Mutation offen gehalten werden, befand er.

Eine deutliche Warnung vor einem Aus der Teststraßen kam am Mittwoch vom Epidemiologen Gerald Gartlehner: „Ein grundsätzliches Verschwinden der Teststraßen, wie es jetzt genannt wurde, wäre sehr gefährlich und sehr heikel, weil wir eigentlich nicht wirklich wissen, was im Herbst mit der Delta-Variante auf uns zukommen wird“, sagte er in Ö1. Auch könne man davon ausgehen, dass etwa 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung im Herbst noch nicht geimpft sein würden.

Im Gesundheitsministerium reagierte man auf die Debatte laut „Kurier“ und Ö1 zurückhaltend. Die niederschwelligen und kostenfreien Testangebote sollen für die Sommermonate bestehen bleiben, wie sie in Zukunft ausgestaltet werden, darüber werde derzeit beraten. Neue Testangebote wie etwa die PCR-Gurgeltests und das schnelle Fortschreiten der Impfungen würden aber eine mittelfristige Umschichtung der Testkapazitäten möglich machen, hieß es. Die Testung von Verdachtsfällen soll jedenfalls auch künftig gratis angeboten werden.

Alpha-Variante noch dominierend, Delta auf dem Vormarsch

Dass die Delta-Variante jedenfalls auf dem Vormarsch ist, wird durch den Wochenvergleich deutlich. In der letzten Mai-Woche wurden 18 Fälle festgestellt, die Woche darauf waren es bereits 42, und zwischen 7. und 13. Juni gab es bereits 153 Nachweise der Mutation. Für die Vorwoche listete die AGES 131 bestätigte Fälle auf.

Neue Namen für Varianten

Die WHO benennt die CoV-Varianten seit Kurzem nach dem griechischen Alphabet. Damit soll vermieden werden, dass Länder oder Regionen mit bestimmten Virusvarianten in Verbindung gebracht und Menschen, die dort leben oder von dort kommen, diskriminiert werden.

Die dominanteste Mutation in Österreich ist weiterhin B.1.1.7 (Alpha). Sie wurde bis zur Vorwoche bereits 131.457-mal festgestellt. Die Delta-Variante B.1.617 (mit den Untervarianten B.1.617.1, B.1.617.2 und B.1.617.3) wurde zuerst im indischen Bundesstaat Maharashtra gefunden und verbreitet sich inzwischen in vielen Ländern außerordentlich schnell.

EU-Gesundheitsbehörde rechnet mit starker Ausbreitung

In Deutschland war der Anteil der Delta-Variante an den SARS-CoV-2-Neuinfektionen zuletzt noch relativ gering. In Großbritannien ist sie bereits die dominierende Variante. Dort waren im April erste Fälle dieser Mutante nachgewiesen worden. Anfang Mai machte Delta bereits rund ein Viertel der Fälle aus, Anfang Juni gab es fast nur noch Delta-Fälle.

Die Delta-Variante wird sich nach Einschätzung der EU-Gesundheitsbehörde ECDC im Laufe des Sommers noch deutlich in Europa ausbreiten. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Delta-Variante während des Sommers stark zirkulieren wird“, sagte ECDC-Direktorin Andrea Ammon am Mittwoch. Das gelte ganz besonders für Jüngere, die nicht zu den Zielgruppen der Impfkampagnen gehörten.

Ansteckender, schwerere Verläufe möglich

Vorläufigen Erkenntnissen der englischen Gesundheitsbehörde zufolge könnte Delta nicht nur ansteckender sein, sondern auch häufiger zu schwereren Covid-19-Erkrankungen führen als die davor dominierende Alpha-Variante.

Daten aus England und Schottland legten ein erhöhtes Risiko für Krankenhauseinlieferungen nahe, ließ Public Health England Anfang des Monats wissen. Vollständig geimpfte Menschen sind nach derzeitigem Kenntnisstand auch bei Delta gut gegen einen schweren Covid-19-Verlauf geschützt.

Unter Beobachtung stehen auch die „Variants of Concern“ (VOC) B.1.351 (Beta), erstmals in Südafrika entdeckt, und P.1 (Gamma), die erstmals im brasilianischen Staat Amazonas zirkulierte und in ihren Veränderungen Beta ähnelt. Die Beta-Variante wurde in Österreich laut AGES bisher 1.343-mal festgestellt, die Gamma-Variante bis Dienstag 137-mal.