Johnson schwärmt zum fünften Jahrestag über Brexit

Zum fünften Jahrestag des Brexit-Votums hat der britische Premierminister Boris Johnson, der damals an der Spitze der „Vote Leave“-Kampagne für den EU-Austritt gestanden war, heute noch einmal die Chancen des Brexits betont.

„Während wir uns von der Pandemie erholen, werden wir das wahre Potenzial unserer wiedergewonnenen Souveränität ausschöpfen und das gesamte Vereinigte Königreich enger zusammenbringen und auf ein höheres Niveau heben“, sagte Johnson.

Man werde die Freiheiten nutzen, die der Brexit bringe, um im ganzen Land Investitionen und Innovationen voranzubringen und Arbeitsplätze zu schaffen, so der konservative Politiker.

EU-Kommissar zieht negative Bilanz

EU-Kommissar Thierry Breton zog indes eine negative Bilanz. Die Brexit-Versprechen hätten sich nicht erfüllt. „Was wir sehen, ist so ziemlich das Gegenteil“, sagte Breton dem „Guardian“. Die Wirtschaftsleistung in Großbritannien sei während der Pandemie 2020 stärker gefallen als in Deutschland, Frankreich und Italien.

Der Warenhandel zwischen Großbritannien und der EU habe einen „spektakulären Rückgang“ erlebt, sagte Breton. Die Abwanderung von gelernten und ungelernten Arbeitskräften aus Großbritannien habe stark zugenommen, und in vielen Branchen fehlten Arbeitskräfte.

Briten gespalten

Die Britinnen und Briten sind in der Frage zu einer EU-Mitgliedschaft ihres Landes noch immer tief gespalten. Der Brexit dominiere zwar nicht mehr die Schlagzeilen, aber das Thema sei weiterhin umstritten und polarisierend, schrieb der renommierte britische Wahlforscher John Curtice von der Universität Strathclyde in Glasgow zum fünften Jahrestag des Referendums auf der Nachrichtenwebsite Independent.

Bei den Schottinnen und Schotten sei die Zustimmung zur Unabhängigkeit Schottlands seit dem Brexit-Referendum deutlich gestiegen, so Curtice. Der Historiker Timothy Garton Ash warnte im „Guardian“ vor einem Auseinanderbrechen des Vereinigten Königreichs.

Der Brexit habe nicht nur die Chancen auf eine Abspaltung Schottlands erhöht, sondern auch ein Referendum über die Vereinigung Nordirlands mit der Republik Irland wahrscheinlicher gemacht, so Garton Ash.

Bei der Volksabstimmung 2016 hatten die Britinnen und Briten mit 52 zu 48 Prozent knapp für den Austritt aus der EU votiert – jüngste Umfragen im Lichte der Entwicklungen seither ergaben hingegen ein Patt. Der Abschied aus der Staatengemeinschaft erfolgte nach langen Verhandlungen Ende Jänner 2020, seit dem 1. Jänner 2021 ist Großbritannien auch nicht mehr Mitglied der EU-Zollunion und des Binnenmarkts.