Kanada: Wieder Hunderte Gräber auf Internatsgelände entdeckt

In Kanada sind auf einem Gelände in der Nähe eines früheren katholischen Internats für Kinder von Ureinwohnern und Ureinwohnerinnen erneut Hunderte anonyme Gräber entdeckt worden. So viele nicht gekennzeichnete Gräber seien bisher noch nie gefunden worden, erklärten die indigene Gemeinschaft Cowessess und die Föderation Souveräner Indigener Nationen (FSIN) gestern. Sie kündigten für heute weitere Details zu den Ausgrabungen in der Provinz Saskatchewan an.

Ende Mai waren bereits auf dem Gelände des früheren katholischen Internats nahe der Kleinstadt Kamloops in der Provinz British Columbia die sterblichen Überreste von 215 indigenen Kindern entdeckt worden.

Sie sorgten landesweit für Erschütterung, UNO-Menschenrechtsexperten forderten eine umfassende Aufklärung der Hintergründe. Forderungen an den Vatikan, sich zu entschuldigen und alle Dokumente zu den Vorgängen herauszugeben, blieben zunächst unbeantwortet.

Opfer eines „kulturellen Genozids“

In Kanada waren ab 1874 rund 150.000 Kinder von Ureinwohnern und gemischten Paaren von ihren Familien und ihrer Kultur getrennt und in kirchliche Heime gesteckt worden, um sie so zur Anpassung an die weiße Mehrheitsgesellschaft zu zwingen. Viele von ihnen wurden in den Heimen misshandelt oder sexuell missbraucht. Nach bisherigen Angaben starben mindestens 3.200 dieser Kinder, die meisten an Tuberkulose.

Viele indigene Gemeinschaften machen die Heime, die ganze Generationen geprägt haben, heute für soziale Probleme wie Alkoholismus, häusliche Gewalt und erhöhte Selbstmordraten verantwortlich. Ottawa entschuldigte sich im Jahr 2008 offiziell bei den Überlebenden der Internate. Sie seien Opfer eines „kulturellen Genozids“, stellte eine Untersuchungskommission im Jahr 2015 fest.