Blümel im „Ibiza“-U-Ausschuss: Alle Akten geliefert

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) ist heute als Auskunftsperson bereits zum dritten Mal im „Ibiza“-U-Ausschuss. Auch Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), der auch Ausschussvorsitzender ist, wird zum zweiten Mal befragt. Formell zugesagt hat auch der ehemalige ÖBAG-Chef Thomas Schmid – sein Kommen ist unwahrscheinlich, er wurde bisher nicht gefunden.

Blümel sieht alles geliefert

Blümel sagte bei einer kurzen Stellungnahme vor dem Ausschuss, dass eine von der Opposition auch in Medien geforderte Mail vom Ministerium bereits zweimal geliefert worden sei. Bei seiner Stellungnahme direkt im Ausschuss sagte er, manche Abgeordnete im Ausschuss würden mit Strafrecht Politik machen, ihnen gehe es rein um Skandalisierung, Datenschutz und Persönlichkeitsrechte würden aber ignoriert.

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) vor dem „Ibiza“-Untersuchungsausschusslokal
ORF.at/Carina Kainz

Er argumentierte einmal mehr, dass er die Postfächer seiner Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht einfach durchsuchen könne. Ihm sei es immer darum gegangen, bestmöglich mit dem Ausschuss zu kooperieren, man habe Urteile auch umgesetzt. Blümel unterstellte der SPÖ, Journalisten mit Falschinformationen – in Bezug auf die Lieferung bestimmter Akten – zu versorgen.

Mitarbeiter klassifizieren Daten

Auf Fragen des Verfahrensrichters sagte Blümel, die Lieferung von Akten an den Ausschuss sei ein eingeübter Prozess. Das Beweisverlangen werde über die zuständige Abteilung verteilt, die relevanten Dokumente werden dann auf ein Laufwerk gespielt und von den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Ministeriums selbst klassifiziert. Dann werde geliefert. Das sei bisher 36-mal geschehen. Die Mitarbeiter des Ministeriums würden entscheiden, ob Dokumente für den Ausschuss relevant sind oder nicht.

Bei der Befragung durch FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker, der meinte, Blümel habe drei Fußballfelder an Akten geliefert, verlangte Blümel eine Klärung wegen einer medial kolportierten Anzeige der SPÖ gegen ihn rund um die Aktenlieferung. Laut Verfahrensrichter gibt es eine Anfangsverdachtsprüfung, Blümel erklärte daraufhin, zuerst mit der Behörde darüber reden zu wollen.

Blümel darf sich entschlagen

Es folgte eine Debatte der Fraktionen (Stehung), wie in Bezug auf mögliche Entschlagungen Blümels weiter vorzugehen sei. Der Verfahrensrichter führte dann aus, dass die Möglichkeit einer Entschlagung im Einzelfall jeweils zu prüfen sei. Die Frage Hafeneckers, wann Blümel zurücktrete, ließ Sobotka nicht zu: Sie sei unterstellend und beleidigend.

Blümel führte dann aus, dass die Mitarbeiter des Ministeriums auf seine Bitte die Akten rasch zusammengesucht und vorbereitet hätten. Nach dem VfGH-Entscheid seien sie geliefert worden. Wie lange die Akten im Keller lagerten und seit wann sie fertig waren, könne er nicht sagen, das sei ein dynamischer Prozess, so Blümel.

In weiterer Folge entschlug sich Blümel bei mehreren Fragen, etwa jener nach den Chats zwischen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Schmid rund um die Erhöhung des Budgets des Außenministeriums unter Kurz 2016, Stichwort „Du schuldest mir was“. Blümel führte dazu aus seiner heutigen Sicht als Finanzminister aus, dass nicht ein Mitarbeiter über ein Budget entscheide, sondern das Parlament.

Zahlreiche Entschlagungen

Auch zu seiner eigenen Nachricht an Schmid „Mitterlehner spielt keine Rolle mehr“ entschlug sich Blümel, nachdem die Frage nach seiner Wahrnehmung dazu vom Verfahrensrichter zugelassen wurde. Nina Tomaselli, Fraktionsführerin der Grünen, wollte dann wissen, in welchen Verfahren Blümel nun genau beschuldigt wird und sich damit entschlagen kann, daraufhin erklärte ÖVP-Abgeordneter Klaus Fürlinger, sinngemäß und mit Verweis auf Artikel 6 der Menschenrechtskonvention, dass ein Auffächern aller Verfahren nicht sinnvoll sei.

Eine Mitarbeiterin des Finanzministeriums hatte im Ausschuss erklärt, es habe die Weisung gegeben, dass die Akten in der in Geheimhaltungsstufe drei zu liefern sind, also nur als in Papierform und ohne Möglichkeit Kopien zu machen. Blümel entschlug sich bei der Frage, ob er die Weisung erteilt habe. Blümel entschlug sich auch bei der Frage, ob der Auftrag für eine Weisung, bei der Aktenlieferung „abzuwarten“, von ihm kam.

NEOS-Abgeordneter Helmut Brandstätter wollte dann wissen, ob die Auskunftsperson oder Kurz in die Bestellung von Schmid als ÖBAG-Chef eingebunden waren. Blümel verwies auf eine frühere Aussage im Ausschuss und entschlug sich wegen eines laufenden Verfahrens einmal mehr.

Welche erste Maßnahmen habe Blümel gesetzt seit der Aufforderung des „Ibiza“-U-Auschusses Akten zu liefern, wollte NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper dann wissen. Blümel antwortete darauf die bereits mehrfach vorgebrachte Aussage, es gab 36 Anfragen, er stehe voll hinter jeder Umsetzung. Krispers Frage nach der Hausdurchsuchung bei ihm und dem mittlerweile supsndiertem Sektionschef Christian Pilnacek wurde nicht zugelassen,wie schon bei der letzen Befragung.

Hanger sieht „vergiftetes politisches Klima“

Im Vorfeld der Befragung beschwerte sich ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger über das „vergiftete politische Klima“ in Österreich, im Speziellen durch „Giftmischer“ SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer, der laufend Unwahrheiten verbreite. Die Mail, die unter anderem von Krainer gefordert wurde, sei längst geliefert worden, so Hanger.

Andreas Hanger (ÖVP) im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
ORF.at/Carina Kainz

„Niemand steht über dem Gesetz“

„Niemand, wirklich niemand steht über dem Gesetz“, sagte Tomaselli, bezogen auf die Aktenlieferung durch Blümel und das Handeln von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der das Straflandesgericht Wien mit der Exekution des höchstgerichtlichen Urteils beauftragt hat.

Es sei eine heikle Situation, man müsse abwarten, wie das Landesgericht vorgehe und was weiter geschehe. In der Befragung Blümels werde es auch um die bisher erfolgten Aktenlieferungen gehen, die laut Auskunft einer Mitarbeiterin des Finanzministeriums auf Weisung erfolgten.

FPÖ kritisiert langsames Handeln

Hätte Bundespräsident Alexander Van der Bellen beim Exekutionsantrag gleich gehandelt, hätte der Ausschuss die fehlenden Akten aus dem Finanzministerium schon längst erhalten, meinte Hafenecker. Er unterstellte dem Bundespräsidenten, mit Blick auf die Wahl nächstes Jahr mit seinem Handeln auf Unterstützung der ÖVP zu spekulieren.

Die FPÖ will laut Hafenecker Sobotka speziell zum Treffen mit dem abgetauchten Ex-Wirecard-Manager Jan Marsalek befragen. Blümel wolle man zu den jüngst bekanntgewordenen Chats befragen. Warum der Ausschuss nicht weitergeführt wird, verstehe die FPÖ nicht, so Hafenenecker.

NEOS weist Vorwurf der Feigheit zurück

Krisper sieht vor allem Van der Bellen, der schnell reagiert habe, durch eine Nichtverlängerung brüskiert. Blümel sei von Tag eins verpflichtet gewesen, die Akten zu liefern. Den Vorwurf der ÖVP, NEOS wäre feig und würde nur anonym anzeigen, wies sie zurück.

Die politische Verantwortung kenne keine Verjährung, sagte Krainer mit Bezug auf die Befragung Sobotkas. Von Blümel erhoffe er sich mehr Antworten als bisher. Krainer erneuerte einmal mehr die Forderung der Opposition, den Ausschuss zu verlängern.

Wort gegen Wort bei Thema Mail-Lieferung

Gefragt nach dem Vorwurf der ÖVP, dass die verlangte Mail ohnedies bereits geliefert wurde, sagte Krainer, das sei grundsätzlich möglich, es seien aber bekanntlich alle Akten nur in Papierform geliefert worden und damit rechtswidrig.

Man könne die vielen Ordner auch nicht einfach durcharbeiten, um zu schauen, ob die Mail wirklich geliefert wurde – die Mail sei aber keinesfalls elektronisch geliefert worden, das habe man gegenüber dem Bundespräsidenten auch immer so argumentiert.