Alma Zadic im Ibiza Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz
Konvolut, WKStA

Soloauftritt von Zadic in U-Ausschuss

Am Mittwoch hat Justizministerin Alma Zadic wegen einiger Absagen einen Soloauftritt im „Ibiza“-U-Ausschuss hingelegt. Die Ressortchefin war zum zweiten Mal geladen, und wie vor einem Jahr ging es auch diesmal um die Ermittlungen rund um die „Ibiza-Affäre“. Eine „politische Einflussnahme“ habe sie nicht mitbekommen. Ein 103 Seiten dickes Dossier über WKStA-Mitglieder landete im U-Ausschuss.

Die Justizministerin sagte zwar, es komme durchaus vor, dass sie über Verdachtsmomente informiert werde. Das würde „überbordende Berichtspflichten“ betreffen, so Zadic. So hatte etwa die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) den Eindruck, dass zwischen ihr und der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien nicht alles reibungslos ablaufe. Das hielt Zadic allerdings nicht für eine „direkte politische Einflussnahme“. Berichtsaufträge vonseiten der OStA seien „teilweise schikanös“ gewesen, aber eine strukturelle Befangenheit gebe es nicht.

Per 4. Februar waren es insgesamt 181 Berichte: 90 hat die WKStA auf Basis der Vorschriften erstattet, der Rest wurde angefordert, mehr als 30 davon von der Fachaufsicht, so Zadic. Angesprochen auf den mittlerweile suspendierten Sektionschef Christian Pilnacek und den Leiter der OStA Wien, Johann Fuchs, sagte Zadic, dass es „sehr wohl Konsequenzen“ gegeben habe, wenn Vorwürfe „strafrechtlich relevant“ waren, so Zadic.

Justizministerin Alma Zadic im Ibiza Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz
Justizministerin Zadic stellte sich am Mittwoch den Fragen der Abgeordneten

Pilnacek wurde ja suspendiert, und Fuchs hat nicht mehr die Fach- und Sachaufsicht über die WKStA. „Wenn es Vorwürfe oder Sachen, die nicht dem Gesetz entsprechen, gibt, so bitte ich, das an mich heranzutragen“, so die Auskunftsperson. NEOS-Fraktionschefin Stephanie Krisper hielt allerdings fest, dass Zadic trotz Vorwürfen lange an Pilnacek festhielt. Auch Fuchs sei in der OStA noch physisch anwesend.

Konvolut über WKStA-Mitglieder

ÖVP-Mandatar Christian Stocker wollte wissen, ob die Ministerin „Wahrnehmungen zu unzulässigen Einflussnahmen auf Ermittlungen“ habe. Für die Grünen und für Zadic war die Frage „zu unkonkret“, was zu einer kurzen Debatte führte. „Ich muss sicherstellen, dass die Staatsanwälte unabhängig ermitteln können“, so die Auskunftsperson, die eigenen Angaben zufolge „viel getan“ habe, um unabhängige Ermittlungen zu ermöglichen. Das betonte sie auch zu Beginn der Befragung, indem sie auf einen Erlass zu Berichtspflichten verwies.

Erst am Dienstag, einen Tag vor ihrer Befragung im U-Ausschuss, hatte Zadic einen neuen Erlass vorgestellt, der ab 1. August gelten soll. Der Erlass ist laut Ministerium bereits fertig, ORF.at erhielt auf Anfrage allerdings nur die Medieninformation. Darin heißt es etwa, dass Berichte über „bedeutende Verfahrensschritte“ reduziert werden. Geplant sei auch eine Gesetzesänderung, die die Berichtspflichten der Staatsanwaltschaften an die Oberbehörden grundlegend ändern soll.

Der Zwist zwischen OStA Wien und WKStA wurde schon öfter im U-Ausschuss thematisiert. Am Mittwoch rückte ein 103 Seiten dickes OStA-Konvolut über WKStA-Staatsanwälte in den Fokus. Darin geht es laut „Kurier“, der am Mittwoch daraus zitierte, darum, dass die Staatsanwälte die Fachaufsicht „systematisch infrage stellen“ würden. Fuchs habe Maßnahmen angeregt, aber es habe sich kein Anlass für ein disziplinarrechtliches Vorgehen ergeben, so Zadic. Es sei „zu dünn“ gewesen. Grünen-Mandatarin Nina Tomaselli ergänzte: „Das Konvolut wurde heute dem U-Ausschuss geliefert.“

Stephanie Krisper (NEOS)
ORF.at/Lukas Krummholz
NEOS-Fraktionschefin Krisper geht von einer politischen Einflussnahme auf die Ermittlungen aus

Das Dossier wurde erstmals in der Befragung von WKStA-Oberstaatsanwalt Matthias Purkart erwähnt. Er sagte dem U-Ausschuss, dass der Personalabteilung im Ministerium das Konvolut, „wo es um dienstrechtlich relevante Wahrnehmungen geht“, übermittelt wurde. Das Dossier war von Fuchs angelegt worden, das Deckblatt wurde auf Pilnaceks Handy gefunden. Zadic sagte, dass es sich um keinen Bericht der Fachaufsicht handle, sondern um eine Zusammenstellung von „Fakten“ durch den OStA-Leiter Fuchs.

Fragen zu Befangenheit eines Beamten

Die Justizministerin stellte sich während der Befragung hinter die WKStA, die in den vergangenen Wochen von der ÖVP attackiert wurde. Einschüchterungsversuche gegen einzelne Staatsanwälte seien einzustellen. SPÖ-Fraktionschef Kai Jan Krainer sprach daraufhin Chats von Pilnacek 2019 an, wonach man die „Accounts“ der WKStA sichern solle. Die Kabinettschefin des damaligen Justizministers Clemens Jabloner, die dem U-Ausschuss als Auskunftsperson absagte, antwortete mit „Ja“. Es gebe dazu dienstrechtliche Prüfungen, mehr könne Zadic in der medienöffentlichen Sitzung nicht sagen.

Anlass für den Chat dürften Informationen der WKStA gegen einen Beamten der „SoKo Ibiza“ gewesen sein. Die Staatsanwaltschaft vermutete, dass der Ermittler wegen Chats an Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und seiner ÖVP-Kandidatur für einen Gemeinderat befangen sei. Jabloner stellte aber via Weisung klar, dass die Zugehörigkeit zu einer Partei noch nicht den Anschein einer Befangenheit begründe. Mitglieder der WKStA mussten der Weisung zwar folgen, waren aber offenbar gänzlich anderer Meinung. Das schrieb Fuchs auch im Konvolut über die WKStA nieder.

Christian Hafenecker (FPÖ)
ORF.at/Lukas Krummholz
Hafenecker von der FPÖ stellte zwar nicht die Fragen, meldete sich aber zur Geschäftsordnung

WKStA-Leiterin Ilse-Maria Vrabl-Sanda schloss in ihrer Befragung aus, dass die WKStA gegen ein Mitglied der „SoKo Ibiza“ ermittelt hätte. Der 23. August 2019, jener Tag, an dem Pilnacek die Nachrichten an die Kabinettschefin schrieb, sei „zu einer Zeit“ gewesen, „als Vertreter der WKStA, der damalige Sektionschef und der Leitende Oberstaatsanwalt Fuchs, sich in einem Mediationsprozess befunden haben“, so die WKStA-Leiterin, die die Chats von Pilnacek als „einigermaßen befremdlich“ beschrieb.

Wer hat Aufnahmen aus dem U-Ausschuss geleakt?

Im Vorfeld der Befragung wurden im Onlinemedium von Peter Pilz, Zackzack.at, Tonbandaufnahmen aus dem U-Ausschuss veröffentlicht. Konkret ging es um die erste Befragung von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), der am Donnerstag abermals befragt wird. In der Zadic-Befragung wollte die FPÖ von Parlamentspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) wissen, wie eigentlich geheime Tonbandaufnahmen ihren Weg in das Medium gefunden hätten.

Nina Tomaselli (Die Grünen)
ORF.at/Lukas Krummholz
Tomaselli rückte öfters aus, um sich der Zulässigkeit von Fragen zu versichern

Sobotka meinte, dass die WKStA im Wege eines Amtshilfeersuchens um diese bat und diese dann offenbar in den Akt genommen wurden, den etwa Beschuldigte einsehen können. Er könne jedenfalls ausschließen, dass die Aufnahmen aus dem Parlament geleakt wurden. FPÖ-Politiker Christian Hafenecker hielt allerdings fest, dass die Passagen, die veröffentlicht wurden, ausschließlich Fragen der Opposition gewesen seien. ÖVP-Mandatar Stocker wies den Vorwurf zurück, dass die ÖVP hinter dem Leak stecke. Der Mitschnitt sei, so Stocker, erst an die Öffentlichkeit geraten, nachdem die WKStA das Ersuchen gestellt habe.

„Bitte legen Sie die abstrakte Relevanz dar“

Im Zusammenhang mit der Aktenlieferung verwies Zadic auf die Rechtslage. Den Vorwurf, dass zu viele und teils private Chats geliefert worden seien, wies die Justizministerin zurück und rechtfertigte das mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), wonach alle Rohdaten zu liefern sind, die zur Klärung der politischen Verantwortung abstrakt relevant sein könnten. Das hätten die Staatsanwaltschaften mit „unglaublichem Einsatz“ erfüllt. Sie erklärte, dass die Auswertungsreihenfolge vom Verlangen der Fraktionen im U-Ausschuss abhänge. Die ÖVP kritisierte, dass manche Chats nicht oder spät vorgelegt wurden.

Für die ÖVP waren die Antworten der Justizministerin allerdings unzureichend. „Die Letztverantwortung der Vorlage liegt bei der Ministerin oder dem Minister“, so ÖVP-Mandatar Stocker. Zuvor hatte sein Fraktionskollege Andreas Hanger einzelne Chats aus dem Handy von Ex-ÖBAG-Alleinvorstand Thomas Schmid vorgelegt und Zadic gebeten, die „abstrakte Relevanz“ herzustellen. Dabei ging es etwa um Urlaube und Essen. Zadic müsse die Chats nicht qualifizieren, sagte Verfahrensrichter Ronald Rohrer.

Auch die Grünen-Fraktion schritt öfters ein, um die Fragen der ÖVP zu unterbinden. Doch Hanger machte unbeirrt weiter. Zadic erklärte, dass Tausende Chats übermittelt wurden und die Staatsanwaltschaften die Vorlage auch argumentieren. Mit dieser Antwort war die Befragungsdauer von vier Stunden erreicht, und die Justizministerin durfte gehen.