Ex-US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld
APA/AFP/Luke Frazza
1932–2021

Ex-US-Verteidigungsminister Rumsfeld tot

Der frühere US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld ist tot. Der republikanische Politiker sei im Kreis seiner Familie in Taos im US-Bundesstaat New Mexico gestorben, teilte die Familie am Mittwoch in einer Stellungnahme mit. Rumsfeld war Chefplaner des Irak-Kriegs. Er wurde 88 Jahre alt.

Der Republikaner war von 2001 bis 2006 Pentagon-Chef unter dem damaligen Präsidenten George W. Bush und damit federführend beim Militäreinsatz im Irak. Unter Ex-Präsident Gerald Ford war Rumsfeld von 1975 bis 1977 der jüngste Verteidigungsminister der US-Geschichte – im Kabinett Bush dann der älteste.

Rumsfeld hatte viele Kritikerinnen und Kritiker. Der ehemalige US-Senator John McCain sagte 2007 über seinen Parteikollegen, dieser werde „als einer der schlechtesten Verteidigungsminister überhaupt in die Geschichte eingehen“. In Verbindung mit dem Krieg war Rumsfeld nach einer schweren Schlappe der Republikaner bei Kongresswahlen zurückgetreten.

Vorwürfe wegen Menschenrechtsverletzungen

Der US-Senat warf Rumsfeld 2008 eine Mitverantwortung für Menschenrechtsverletzungen in US-Haftlagern vor. Insbesondere der Skandal um das Gefängnis in Abu Ghraib bei Bagdad brachte Rumsfeld in Bedrängnis. Rumsfeld haftete zudem der Vorwurf an, 2002 mit der Genehmigung „aggressiver Verhörtechniken“ bei mutmaßlichen Terroristen im US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba zu späteren Misshandlungen beigetragen zu haben. Nach seiner politischen Karriere wechselte Rumsfeld in die Privatwirtschaft.

Ex-US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld mit US-Truppen im Irak
Reuters/Ho New
Rumsfeld war selbst bei manchen Republikanern als Verteidigungsminister hoch umstritten

Rumsfeld wurde am 9. Juli 1932 im Bundesstaat Illinois im Mittleren Westen der USA geboren. Sein Großvater stammte aus der deutschen Stadt Bremen. Nach seinen Jahren als Pilot und Fluglehrer bei der US-Marine kam Rumsfeld 1957 nach Washington, wo er für einen Kongressabgeordneten arbeitete. Mit 30 Jahren wurde der Republikaner selbst ins Repräsentantenhaus gewählt. 1969 schied er aus dem Parlament aus, um unter Präsident Richard Nixon verschiedene Beraterfunktionen auszuüben. Nach einem Jahr als Botschafter bei der NATO in Brüssel kehrte er nach Washington zurück.

Skandale von Abu Ghraib

Unter Bush setzte Rumsfeld sich vehement für den Aufbau einer Raketenabwehr im All ein. Er war es auch, der aus der schwer gepanzerten US-Streitmacht des Kalten Krieges eine hochmobile Truppe mit Hightech-Waffen machte. Am stärksten wird der „Falke“ im Pentagon jedoch wegen des Irak-Kriegs in Erinnerung bleiben, der mit dem Einmarsch im März 2003 und dem Sturz des damaligen Präsidenten Saddam Hussein begann. Als Chefplaner stand er mehrere Male vor dem Rücktritt.

Als seinen größten Fehler bezeichnete Rumsfeld in seinen Memoiren, dass er nicht im Mai 2004 als Pentagon-Chef zurückgetreten sei. Kurz zuvor hatte der US-Sender CBS erste Fotos veröffentlicht, die Misshandlungen irakischer Gefangener durch US-Wachleute im Gefängnis Abu Ghraib bei Bagdad zeigten. Symbole des Skandals sind Bilder, auf denen eine US-Soldatin mit einem Gefangenen posiert, der wie ein Tier angeleint ist. Ein anderes Bild zeigt einen Häftling, der offenbar mit Elektroschocks gefoltert wird. Festgehalten wurde auch, wie Insassen sexuell missbraucht und gedemütigt wurden. Mehrere US-Soldaten wurden später angeklagt und verurteilt.

Ex-US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und Ex-US-Präsident George W. Bush
Reuters/Kevin Lamarque
Unter Bush war Rumsfeld einer der Drahtzieher des Irak-Kriegs

Für die Menschenrechtsverletzungen in US-Haftlagern wie in Abu Ghraib machte der US-Senat 2008 unter anderem Rumsfeld mitverantwortlich. Die Bush-Regierung hatte stets einen Zusammenhang ihres „Krieges gegen den Terror“ mit den skandalösen Vorgängen bestritten. Rumsfeld haftete zudem der Vorwurf an, 2002 mit der Genehmigung „aggressiver Verhörtechniken“ bei mutmaßlichen Terroristen im US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba zu späteren Misshandlungen beigetragen zu haben. Ende 2006 trennte sich Bush von seinem Verteidigungsminister nach einer verheerenden republikanischen Niederlage bei der Kongresswahl.

Zerwürfnis mit Europa

Bei den europäischen Verbündeten war Rumsfeld wegen seiner Einstufung Deutschlands und Frankreichs als „altes Europa“ berühmt-berüchtigt. Die beiden Länder, die entschieden gegen den Irak-Krieg waren, sah er im Gegensatz zu osteuropäischen Staaten wie Polen, Ungarn oder Tschechien, die sich unter den rund 40 Ländern der „Koalition der Willigen“ einreihten.

Gut vier Jahre nach seinem Ausscheiden aus dem Amt rechnete Rumsfeld mit den einstigen Irak-Krieg-Gegnern Gerhard Schröder und Jacques Chirac ab. In seinen Memoiren lastete er dem damaligen deutschen Bundeskanzler und dem französischen Ex-Präsidenten an, mit ihrer Opposition die Glaubwürdigkeit der amerikanischen Androhung einer Militäraktion untergraben zu haben.

Bush senior: „Arroganter Kerl“

Rumsfeld sagte über sich, er sei „maßvoll“. Doch Mitarbeiter und auch Offiziere soll er wegen seines selbstherrlichen und oft rüden Umgangstons vor den Kopf gestoßen haben. Der ehemalige US-Präsident George H. W. Bush hat Rumsfeld als einen „arroganten Kerl“ bezeichnet, der Ansichten anderer übergehe und seinem Sohn als Präsidenten „schlecht gedient“ habe. In einer Dokumentation des US-Regisseurs Errol Morris kommt Rumsfeld selbstherrlich und arrogant rüber. In den Gesprächen mit dem Regisseur wollte Rumsfeld nicht nur nichts hinterfragen, er lächelte auch jeden Zweifel, jede Nachfrage mit einem breiten Grinsen weg.

In seiner langen Karriere hat Rumsfeld viele Gespräche und Gedanken schriftlich festgehalten. Der Titel der Dokumentation „The Unknown Known“ (2013) ist angelehnt an einen seiner berühmtesten Aussprüche in einer Pressekonferenz, wo es ebenfalls um Beweise für Massenvernichtungswaffen ging. Errol beschrieb Rumsfeld als Menschen, der sich selbst getäuscht habe. Mit einer Obsession mit Wörtern und Definitionen habe Rumsfeld andere Menschen und auch sich selbst manipuliert, sagte er. „Meine Interpretation ist: Rumsfeld hat sich in einem Meer aus Worten verloren.“