Bild zeigt mehrere Geldscheine aufgefächert.
ORF.at/Christian Öser
Internationale Konzerne

130 Länder einigen sich auf Mindeststeuersatz

Steueroasen und undurchsichtige Finanzkonstruktionen sind ein Dauerthema, nun haben sich 130 Länder weltweit auf einen gemeinsamen Mindeststeuersatz für international tätige Unternehmen verständigt. Dieser beträgt 15 Prozent, hieß es am Donnerstag in einer gemeinsamen Erklärung. Noch offene Details sollen in den nächsten Monaten geklärt werden.

Verhandelt wurde mehrere Jahre lang unter dem Dach der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Laut der in Paris ansässigen Organisation wird der globale Mindestsatz künftig rund 150 Mrd. Dollar (etwa 126 Mrd. Euro) Mehreinnahmen an Steuern pro Jahr bringen. 130 von 139 Staaten, die verhandelt hatten, hätten die Erklärung zu der Mindeststeuer unterzeichnet.

Künftig würden jedenfalls global tätige Konzerne deutlich mehr Geld dort versteuern, wo sie es tatsächlich verdienen. Sie verlegen oft Gewinne geschickt in Länder, die sie mit immer niedrigeren Steuersätzen anlocken – und zahlen am Ende vergleichsweise wenig Steuern, in Relation deutlich weniger als etwa mittlere und kleine Unternehmen. Vor allem Technologiekonzerne verlagern besonders häufig Gewinne aus Patenten, Software oder Lizenzeinnahmen, die auf geistigem Eigentum basieren.

Blümel erwartet „mehr Fairness“

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) zeigte sich über die Einigung, die rund 90 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung betreffe, erfreut. „Eine globale Lösung sorgt dafür, dass mehr Fairness in der Besteuerung und zwischen den Ländern erreicht wird. Österreich wird von der globalen Steuerreform in einem erheblichen Maße profitieren“, hieß es in einem Statement.

Trump wollte keine Mindeststeuer

US-Finanzministerin Janet Yellen sprach von einem „historischen Tag“ für die Wirtschaftsdiplomatie. Bisher hätten sich Staaten im Umgang mit den Konzernen gegenseitig unterboten. „Dieses Wettrennen hat kein Land gewonnen“, erklärte sie. Niedrigere Steuersätze hätten Ländern „der Mittel für wichtige Investitionen für Infrastruktur, Bildung und der Bekämpfung der Pandemie beraubt“.

Yellen hatte sich Anfang April für eine globale Mindeststeuer ausgesprochen und den Bemühungen darum Rückenwind gegeben. Die frühere US-Regierung des damaligen Präsidenten Donald Trump hatte einen globalen Mindeststeuersatz abgelehnt. Sie fürchtete, dass international tätige US-Konzerne dadurch schlechtergestellt würden.

Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire sprach in einer Pressekonferenz von einem großen Schritt, dem wahrscheinlich wichtigsten Steuerabkommen, auf das man sich in einem Jahrhundert geeinigt habe. Sein deutscher Amtskollege Olaf Scholz nannte das Abkommen bei einem Besuch in Washington einen „kolossalen Fortschritt“, der „alles verändern“ werde.

„Massive Veränderung“

Jedenfalls sei der Wettlauf um den niedrigsten Steuersatz zu Ende, wurde Scholz sinngemäß zitiert. Die Länder, die das Abkommen unterzeichneten, repräsentierten mehr als 90 Prozent des weltweiten Sozialprodukts. „Deshalb ist das eine tatsächliche, wirkliche massive Veränderung, die wir für die nächsten Jahre und Jahrzehnte erleben werden.“

Die sieben führenden Industriestaaten (G-7) hatten sich zuletzt bereits auf ein Grundgerüst für ein entsprechendes Abkommen geeinigt – mit einer Mindeststeuer für weltweit tätige Unternehmen von 15 Prozent und einer neuen Verteilung der Steuereinnahmen der 100 größten und profitabelsten Konzerne zugunsten von Ländern, in denen diese Unternehmen besonders viel Geschäft machen. Davon dürften vor allem große Schwellenländer profitieren.

Nicht ohne Widerstand

Die Finanzminister der 20 größten Industrie- und Schwellenländer (G-20) werden kommende Woche in Venedig über das Thema beraten. Die Umsetzung einer weltweiten Mindestbesteuerung für große Unternehmen dürfte letztlich ein langwieriges Unterfangen werden.

Außerdem gibt es Widerstand in einigen Staaten. So haben unter anderem Irland und Ungarn die OECD-Vereinbarung nicht unterzeichnet. Irland hat einen Mindeststeuersatz von 12,5 Prozent und damit die europäischen Niederlassungen von US-Technologiekonzernen wie Facebook, Google oder Apple angelockt. Noch niedriger sind die nominalen Sätze in Ungarn und etwa auch Bulgarien. Zuletzt hatte es außerdem bereits Berichte über mögliche Ausnahmen für den Finanzplatz London nach dem „Brexit“ gegeben. Gelten sollen die neuen Regeln ab 2023, was als ambitioniert und noch nicht gesichert gilt.