Britney Spears
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Vormundschaftsstreit

Rücktrittsreigen nach Spears’ Anhörung

Ende Juni hat US-Popstar Britney Spears in einer emotionalen Gerichtsanhörung das Ende ihrer Vormundschaft gefordert. Seither geht es Schlag auf Schlag: Erst zog sich die Treuhandgesellschaft Bessemer Trust, die 2020 als zusätzlicher Vormund bestimmt wurde, zurück, danach Spears’ langjähriger Manager Larry Rudolph – und nun ihr Anwalt Sam Ingham.

Ingham und eine Anwaltskanzlei in Los Angeles reichten am Dienstag einen entsprechenden Antrag vor Gericht ein, wie US-Medien berichteten. Das Promiportal TMZ.com stellte die Gerichtsdokumente ins Netz. Laut Bericht will Ingham von seinen Aufgaben entbunden werden, sobald das Gericht einen neuen Anwalt bestellt hat.

Seit 2008 ist der Jurist an Spears’ Seite, nachdem die Sängerin wegen beruflicher und privater Probleme psychisch zusammengebrochen war und ein Gericht damals ihrem Vater die Vormundschaft übertragen hatte.

Manager zu Rücktritt: Jahrelang nicht mit Spears geredet

Einen Tag zuvor hatte der langjährige Manager von Spears gekündigt. Larry Rudolph, der seit Mitte der 90er Jahre für den Popstar arbeitete, gab an, dass er schon seit über zwei Jahren nicht mehr mit Spears gesprochen habe. Wie das Magazin „Variety“ (Onlineausgabe) berichtete, gab der 57-Jährige seine Entscheidung in einem Brief an die Anwältin Jodi Montgomery der Sängerin und deren Vater Jamie Spears bekannt.

Er begründete seine Entscheidung damit, dass Spears beim Versuch, aus der Zwangsvormundschaft durch ihren Vater freizukommen, vor Gericht ihre Absicht zum Ausdruck gebracht habe, „offiziell in den Ruhestand zu gehen“. Seine Dienste würden nicht mehr benötigt.

Larry Rudolph
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Auch Spears’ langjähriger Manager Larry Rudolph trat zurück

Bessemer Trust, 2020 als zusätzlicher Vormund bestimmt, hatte vorige Woche das Mandat zurückgelegt. Spears’ emotionales Plädoyer vor Gericht sei der Auslöser für die Entscheidung gewesen, hieß es laut Medienberichten. Man habe sich bisher darauf verlassen, dass Spears freiwillig bevormundet werde und alle Parteien mit dem Arrangement einverstanden seien. Nach Spears’ Appell habe man beschlossen, ihren Wunsch zu respektieren.

Spears mit schweren Vorwürfen

Zuletzt hatte sich der Streit über die Vormundschaft über Spears’ Finanzen und ihre persönliche Freiheit zugespitzt. Die 39-Jährige hatte im Juni in einer Gerichtsanhörung gesagt, sie fühle sich von ihrer Familie und von Managern ausgenutzt. Sie sagte auch, sie wolle ihren eigenen Anwalt wählen.

Sie wolle ohne weitere medizinische Untersuchung von der Vormundschaft entbunden werden. Sie sei „keine Sklavin“. In ihrer aktuellen Situation habe sie keine Privatsphäre, werde daran gehindert, ihren Lebenspartner und ihre zwei Kinder zu sehen. Sie wolle zudem heiraten und noch ein Kind bekommen, allerdings verhindere das die Vormundschaft. Sie könne nicht frei über ihre Verhütung entscheiden.

Auch die Therapiestunden absolviere sie nicht freiwillig, zudem sei sie zeitweise unter schwere Psychopharmaka gesetzt worden. „Meine Familie hat nichts dagegen getan“, so Spears. Ihr Vater habe alles entschieden. Sie sei jahrelang zur Arbeit gezwungen worden, habe aber weder Reisepass noch Geld noch eine Kreditkarte besessen.

Jamie Spears
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Britney Spears’ Vater Jamie Spears

Nächster Gerichtstermin am 14. Juli

Ein nächster Gerichtstermin ist für 14. Juli anberaumt. Medienberichten zufolge ist es unklar, wie das Gericht entscheiden wird. Es sei durchaus möglich, dass nun – gegen den ausdrücklichen Willen der Sängerin – erst recht wieder ihr Vater die alleinige Macht über das auf 60 Millionen Dollar geschätzte Vermögen erlangen könnte, so die „New York Times“. Genau diesen Zustand versucht Spears, die seit 13 Jahren entmündigt ist, seit geraumer Zeit zu ändern.

Solche Konservatorien, die in erster Linie als letztes Mittel für ältere Menschen mit Demenz oder schwerer Krankheit eingesetzt werden, können nur schwer rückgängig gemacht werden. Die Karriere der zweifachen Mutter verlief seit Beginn der Vormundschaft noch höchst erfolgreich, sie hatte mehrere Hits, war Jurorin bei „American Idol“, bekam eine eigene Show in Las Vegas. Ihre letzte große Tournee absolvierte sie 2018.

Langer Rechtsstreit

2019 verkündete sie schließlich eine unbegrenzte Karrierepause. Im Sommer des vergangenen Jahres beantragte Spears vor Gericht, ihren Vater aus der Rolle des Vormundes zu entlassen und durch einen anderen Vormund zu ersetzen. Das wurde im November abgelehnt. Die Vormundschaft wurde gerichtlich bestätigt, die Richterin benannte aber auf Antrag der Musikerin den Bessemer Trust als zweiten Vormund.

Einwände von Jamie Spears gegen die Teilung der Vormundschaft wurden im Februar abgewiesen. Spears hatte in dem Rechtsstreit darauf beharrt, selbst vor Gericht aufzutreten. Nach Angaben ihres Anwalts Ingham fürchtet sich die 39-Jährige vor ihrem Vater. Auch ihre Unterstützer sind der Auffassung, Spears befinde sich in einer Zwangslage.

Prominente Unterstützung

Nach der Anhörung hatten viele Prominente ihre Unterstützung ausgesprochen, darunter die Sängerinnen Mariah Carey, Christina Aguilera und Courtney Love. Auch die Rapperin Iggy Azalea hatte sich zuletzt mit einem Statement auf Twitter zu Wort gemeldet. Zu Spears’ Auftritt vor Gericht schrieb Azalea: „Sie übertreibt nicht oder lügt.“ Sie selbst habe das kontrollierende Verhalten des Vaters gegenüber seiner Tochter erlebt, als sie 2015 mit Spears gearbeitet habe.

In einem Interview mit „People“ äußerte sich Azalea zu ihrem Statement: „Ich habe vorher nie etwas gesagt, weil ich ihre Privatsphäre respektieren wollte. Aber nachdem sie gesprochen hatte, dachte ich, wenn ich in ihren Schuhen stecke würde, würde ich mir wünschen, dass meine Freunde mir den Rücken stärken.“

#FreeBritney-Demonstration
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Die „#FreeBritney“-Bewegung, eine Gruppe leidenschaftlicher Fans, will Spears von ihren rechtlichen Verstrickungen „befreien“

Dokus nahmen Fall unter die Lupe

In den vergangenen Monaten hatten mehrere Dokus Spears’ Schicksal unter die Lupe genommen, die Popsängerin ist deswegen wieder verstärkt in den Blick der Öffentlichkeit gerückt. Breitenwirkung entfaltete vor allem die „New York Times“-Doku „Framing Britney“, die sich mit der Vormundschaft, aber auch mit übergriffigem „Celebrity-Kult“ und toxischer Berichterstattung beschäftigte.

Die Dokus nehmen auch die „#FreeBritney“-„Bewegung“ in den Blick – eine Gruppe von leidenschaftlichen Fans, die Spears von ihren rechtlichen Verstrickungen „befreien“ will und jedes Instagram-Posting der Sängerin auf versteckte Hilferufe analysiert. Spears selbst richtete an Dokumentationen über ihr Leben Kritik: „Diese Dokumentationen sind so heuchlerisch … Sie kritisieren die Medien und tun dann dasselbe“, so Spears im Mai auf Instagram.