Touristen am Strand in Calvia, Mallorca
APA/AFP/Jaime Reina
Coronavirus

Ganz Spanien für Deutschland Risikogebiet

Wegen stark steigender CoV-Infektionszahlen stuft die deutsche Regierung ab Sonntag ganz Spanien und damit auch Mallorca und die Kanaren als Risikogebiet ein. Das gab das Robert Koch-Institut (RKI), die deutsche Behörde für Infektionskrankheiten, am Freitag bekannt. Das bedeutet, dass das deutsche Außenministerium mitten in den Sommerferien wieder von touristischen Reisen in das beliebteste Urlaubsland der Deutschen abrät.

Praktische Folgen ergeben sich für deutsche Urlauberinnen und Urlauber aber derzeit kaum: Wer mit dem Flugzeug aus Spanien nach Deutschland zurückkehrt, muss wie bisher einen negativen Test oder einen Nachweis über eine vollständige Impfung oder Genesung dabeihaben. Damit entfällt dann die Quarantänepflicht.

Entsprechend gelassen reagierte auch der Deutsche Reiseverband (DRV). „Für Flugreisende ändert sich mit der Einstufung von Spanien als einfaches Risikogebiet faktisch nichts. Reisende können ihren Urlaub wie geplant fortsetzen“, sagte DRV-Sprecherin Kerstin Heinen der dpa. Sie appellierte an alle Reisenden, sich auch während ihres Urlaubs an Hygiene- und Abstandsregeln zu halten. „So ist verantwortungsvolle Mobilität auch in Zeiten von Corona möglich.“

Touristen am Strand in Palma de Mallorca
Reuters/Enrique Calvo
Noch können deutsche Urlaubsgäste weitgehend unbeschwert auf den spanischen Promenaden spazieren

Das deutsche Gesundheitsministerium wies ebenfalls darauf hin, dass Reisen nach Spanien trotzdem möglich sind. „Risikogebiet heißt nicht Urlaubsverbot“, sagte ein Ministeriumssprecher am Freitag in Berlin. „Es ist aber das deutliche Zeichen: Bitte aufpassen und bei Rückkehr testen.“

Zeitung: Vom Gesundheitsproblem zum Imageschaden

Die neue Einstufung durch Deutschland ist eine Folge der in vielen Regionen Europas wieder deutlich steigenden Infektionszahlen. In Spanien gelten bereits sechs der 17 Regionen – darunter die Urlaubsgebiete Katalonien und Andalusien sowie die Exklave Ceuta in Nordafrika – als Risikogebiete. Als Risikogebiete werden von Berlin Länder und Regionen eingestuft, in denen die Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner in sieben Tagen (7-Tage-Inzidenz) über 50 liegen. Es ist die niedrigste von drei Risikostufen.

Für Spanien wandle sich die Pandemie gerade von einem Gesundheitsproblem zu einem Imageschaden, schreibt indes die Zeitung „La Vanguardia“. Nur wenige Menschen erkranken ernsthaft und noch weniger sterben durch CoV, aber die hohen Infektionszahlen könnten Touristinnen und Touristen verschrecken. Während die Zahl der Infektionen unter jungen Leuten explosionsartig ansteigt, bleiben die Lage in den Krankenhäusern aber relativ entspannt und die Todeszahlen niedrig.

Inzidenzen bei Jungen hoch

Landesweit sind nur 6,55 Prozent der Betten auf Intensivstationen mit CoV-Patientinnen und -Patienten belegt, und während der vergangenen sieben Tage wurden insgesamt 46 CoV-Tote registriert. Im April 2020 waren es fast 1.000 pro Tag. Expertinnen und Experten erklären das mit der fortgeschrittenen Impfkampagne bei Älteren und dem oft symptomlosen bis milden Verlauf einer CoV-Erkrankung bei Jüngeren.

Die Inzidenzen bei den bisher kaum geimpften Jüngeren schossen in einigen Regionen jedoch in die Höhe. Im am schwersten betroffenen Katalonien mit der Costa Brava und der Touristenmetropole Barcelona etwa beträgt die 7-Tage-Inzidenz bei den Zwölf- bis 19-Jährigen 1.576 und in der Gruppe der 20- bis 29-Jährigen sogar 2.165.

Zugleich breitet sich die ansteckendere Delta-Variante in Spanien aus. Nach Recherchen der Zeitung „El Pais“ macht sie derzeit etwa 32 Prozent aller Neuinfektionen aus. In ganz Spanien liegt die 7-Tage-Inzidenz der Gesamtbevölkerung bei 179. Bei einer Inzidenz über 200 droht die Einstufung als Hochinzidenzgebiet mit Quarantänepflicht für diejenigen, die nicht geimpft oder genesen sind. Erst dann wären auch für die deutsche Reisebranche erhebliche Folgen zu erwarten.

Deutschland legt Kehrtwende ein

Die spanische Tourismusbranche macht gerade eine Achterbahnfahrt durch. Zuerst schreckte Frankreichs Europaminister Clement Beaune mit einer Warnung vor Reisen in das Urlaubsland. Andererseits kündigte London dann an, dass vollständig geimpfte Britinnen und Briten nach der Rückkehr aus einem Spanien-Urlaub ab dem 19. Juli nicht mehr in Quarantäne müssten. Und Deutschland legte nun eine Kehrtwende ein, denn Mallorca war erst Mitte März von der deutschen Liste der Risikogebiete gestrichen worden.

Menschen am Flughafen Palma de Mallorca
APA/AFP/Jaime Reina
Beirren lassen sich die Deutschen nicht, sie fliegen trotz hoher Inzidenzzahlen nach Mallorca und Co.

Deutschlands Außenminister Heiko Maas (SPD) hatte die Spanien-Urlauberinnen und -Urlauber erst am Montag bei einem Besuch in Madrid beruhigt und die Infektionslage als nicht besorgniserregend bezeichnet. „Es gibt keinerlei Hinweise auf Entwicklungen, die befürchten ließen, dass wir in absehbarer Zeit wieder Entscheidungen treffen müssten, die dazu führen, dass deutsche Touristen in Spanien keinen Urlaub mehr machen können“, sagte er.

Es bestehe weiterhin Grund zur Vorsicht. Aber er gehe derzeit nicht davon aus, dass eine Wiedereinführung der Quarantänepflicht für rückkehrende Spanien-Urlauberinnen und -Urlauber kurz bevorstehe. Die Inzidenz in Spanien lag zu diesem Zeitpunkt knapp über 100. Dass eine Hochstufung sehr schnell kommen kann, zeigt unterdessen Zypern. Das Land wurde erst vergangenen Sonntag zum Risikogebiet erklärt. Schon eine Woche später wird es nun zu einem von vier Hochinzidenzgebieten in Europa neben Portugal, Großbritannien und Russland. Wer dort nun Urlaub macht und nicht geimpft oder genesen ist, muss künftig für fünf bis zehn Tage in Quarantäne.

Auch Österreich trifft Vorkehrungen

Auch das österreichische Gesundheitsministerium trifft aufgrund der aktuellen Entwicklungen bei Reiserückkehrerinnen und Reiserückkehrern aus Spanien Vorkehrungen. Bei der Kontrolle an den Flughäfen werde ein risikobasierter Ansatz verfolgt, wie eine Sprecherin auf APA-Anfrage mitteilte.

Künftig werden Flieger aus Spanien demnach verstärkt in den Fokus der Kontrollen gerückt. Zudem werde Reisenden aus Spanien „dringend empfohlen, vor sowie unmittelbar nach der Einreise einen PCR-Test durchzuführen, falls keine vollständige Immunisierung oder kein gültiges Genesungszertifikat (unter sechs Monaten, Anm.) vorliegt“.