Menschen Tanzen in einem Nachtclub
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Verschärfung für Clubs

PCR-Tests als Flaschenhals

Am 22. Juli stehen zwei größere Coronavirus-Maßnahmen an. Während die Maskenpflicht im Handel fällt, müssen Gäste der Nachtgastronomie künftig geimpft oder PCR-getestet sein. Sowohl eine Genesung als auch ein negativer Antigen-Test fallen in diesem Bereich aus der „3-G-Regel“. Zwar werden überall niederschwellige Impfmöglichkeiten ausgebaut, doch ein flächendeckendes PCR-Testangebot fehlt noch. An einer Lösung werde gearbeitet, hieß es aus dem Gesundheitsressort gegenüber ORF.at

Die Delta-Variante und die Öffnungsschritte ließen die Infektionen zuletzt wieder steigen. Insbesondere bei den Jüngeren häufen sich Infektionen. Die 7-Tage-Inzidenz bei den 15- bis 24-Jährigen betrug zuletzt 46 pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Auf der anderen Seite stagnieren die Erstimpfungen, was jedoch zu einer langsameren Durchimpfung führt. Erst 44 Prozent der Bevölkerung sind vollimmunisiert.

Mit Blick auf die steigenden Zahlen und die langsamer werdende Durchimpfung der Gesamtbevölkerung hat sich die Regierung dazu entschlossen, in der Nachtgastronomie die Regeln zu verschärfen. Die derzeit überall gültige „3-G-Regel“ (geimpft, genesen, getestet) soll nicht für die Nachtgastronomie gelten. Der Zutritt soll nur noch für Geimpfte und PCR-Getestete möglich sein.

CoV-Regeln verschärft, FM4-Frequency abgesagt

Die CoV-Regeln werden mit 22. Juli verschärft, die Nachtgastronomie darf dann nur noch von Geimpften und PCR-Getesteten besucht werden. Die Stadt St. Pölten hat außerdem das FM4-Frequency Festival abgesagt.

Disco: Genesene aus „3-G-Regel“ gefallen

Das Sozialministerium wollte den Zutritt auf Geimpfte einschränken, dieser Vorschlag wurde jedoch mit dem PCR-Test, der 72 Stunden alt sein darf, aufgeweicht. Dass Genesene für diesen Bereich aus der „3-G-Regel“ entfernt werden, begründete das Ressort gegenüber ORF.at, dass Genesene zwar ein niedrigeres Reinfektionsrisiko aufweisen. Die „unergiebige Studienlage über Genesene“ erlaube aber kaum eine Aussage über das Übertragungsrisiko.

Zudem sei die Immunantwort bei Genesenen von mehreren Faktoren abhängig, weshalb sie durch eine Impfung abgesichert werden sollte. Wer nicht geimpft ist, muss auf einen PCR-Test zurückgreifen, um die Nachtgastronomie nutzen zu können. Das Ministerium stellte aber klar, dass Testungen nur eine Momentaufnahme sind. Doch ein negativer PCR-Test könne zumindest die Wahrscheinlichkeit verringern, dass eine Person „innerhalb der Gültigkeitsdauer infektiös wird“.

Standorte aller Gurgeltest-Abgabestellen und Gurgelboxen

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) ersuchte außerdem die Gesundheitslandesräte und -rätinnen, weitere Impfmöglichkeiten für Junge zur Verfügung zu stellen. Einige Beispiele gibt es bereits: So setzt man in Vorarlberg auf einen Impfbus – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at. Wien und Innsbruck bieten zusätzlich Impftermine ohne Anmeldung an – mehr dazu in wien.ORF.at und in tirol.ORF.at. Auch in Kärnten wird der niederschwellige Zugang zu Impfungen ausgebaut – mehr dazu in kaernten.ORF.at. Zudem überlegt die Nachtgastronomie in Wien, eigene Anreize für Impfungen zu schaffen, etwa durch Gratiseintritte in Discos – mehr dazu in wien.ORF.at.

PCR-Testangebot nur in Wien ausgiebig vorhanden

Während die Wiener Nachtgastrobranche allerdings auch auf flächendeckende PCR-Tests zurückgreifen kann, gibt es in den restlichen Bundesländern kaum Angebote. In der Steiermark gibt es nur wenige Teststationen – mehr dazu in steiermark.ORF.at. Oberösterreich zog kürzlich mit den Gurgeltests nach, vorerst in drei Bezirken – mehr dazu in ooe.ORF.at. In Tirol und Vorarlberg wird versucht, das Angebot der PCR-Tests nun auszubauen – mehr dazu in tirol.ORF.at und vorarlberg.ORF.at. In Salzburg reagierte man verärgert auf die Verschärfungen – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Laut „Kurier“ ist eine österreichweite Ausrollung des PCR-Angebots geplant. Der Bund habe „zugesagt“, die Kosten zu übernehmen. Was das nun genau bedeutet und wie die Umsetzung vonstatten gehen wird, ist unklar. Denn die Kosten für Screeningprogramme, etwa die Gurgeltests in Wien, müssen gemäß Epidemiegesetz ohnehin aus dem „Bundesschatz“ bestritten werden. Zudem hatte die Direktorin für öffentliche Gesundheit, Katharina Reich, vor Wochen angekündigt, das PCR-Angebot ist Österreich auszuweiten.

Verschärfte Maßnahmen gegen Delta-Variante

Gesundheitsminister Mückstein (Grüne) hat Verschärfungen der Pandemiemaßnahmen angekündigt. Ab Donnerstag muss etwa ein PCR-Test oder ein Impfnachweis in der Gastronomie vorgelegt werden. Damit soll die Ausbreitung der Delta-Variante eingedämmt werden.

Gegenüber ORF.at konkretisierte das Ressort, dass bereits an einer bundesweiten Ausrollung „ähnlicher Angebote“ gearbeitet werde. Eine Ausschreibung für ein bundesweites, niederschwelliges PCR-Angebot wurde Ende Juni veröffentlicht. Pilotprojekte seien bereits angeregt worden, um Erfahrungen zu sammeln und Prozesse zu optimieren. „Für die Organisation von PCR-Screeningprogrammen sind die Bundesländer bzw. Gemeinden zuständig“, so das Ressort. Wann das bundesweite PCR-Angebot starten soll, ist nicht klar. Bis zum 22. Juli wird sich das mit großer Wahrscheinlichkeit nicht ausgehen.

Kostenpflichtige Tests?

Einen Impfanreiz können freilich auch kostenpflichtige CoV-Tests darstellen. Das kann sich zumindest der oberösterreichische Ärztekammer-Präsident Peter Niedermoser vorstellen. Da sich mittlerweile jeder kostenlos und mit dem Vakzin seiner Wahl impfen lassen könne, brauche es nicht mehr zwei Gratisschienen. „Am Ende darf es nicht so sein, dass die Gesellschaft für den Impfunwillen Einzelner aufkommen muss“, so Niedermoser am Freitag. Ausnahmen solle es für jene geben, die sich nicht impfen lassen dürfen.

Die Entscheidung der Bundesregierung, dass ab 22. Juli der Zutritt zur Nachtgastronomie nur mehr mit Impfung oder PCR-Test erfolgen darf, sehe er als „guten und richtigen Schritt“. Allerdings müsse bei Personen, bei denen eine Infektion durch PCR oder neutralisierende Antikörper nachgewiesen wurde, eine Impfdosis reichen. „Diese sollten vollständig Geimpften hinsichtlich des Zutritts gleichgestellt werden“, forderte Niedermoser.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner forderte strenge Kontrollen der „3-G-Regel“. Um auf der sicheren Seite zu sein, sind ihrer Ansicht nach drei Punkte wichtig: Die Masken dürfen nicht überall fallen und sollten überall, wo kein „3-G“ gilt, bleiben. Aufgrund der stark zirkulierenden neuen Virusvarianten sollten zudem kostenlose PCR-Tests nach Wiener Vorbild in ganz Österreich stark ausgeweitet werden – es braucht nicht nur „Wien gurgelt“, sondern auch „Österreich gurgelt“. Und die Impfung müsse nahe zu den Menschen kommen – einfach und ohne Anmeldung.

Durchimpfungsrate von 70 bis 85 Prozent nötig

Simulationsforscher Martin Bicher von der TU Wien erinnerte angesichts der steigenden Zahlen an die Entwicklung im Vorjahr. Aktuell habe die vulnerable Bevölkerungsgruppe im Alter von 60 Jahren und darüber noch weniger als zehn Prozent Anteil am Fallgeschehen und eine kaum sichtbar wachsende Dynamik, führt der Experte aus. „Die Erfahrungen zeigen, dass die Infektionsdynamik schnell auch im Laufe einer Infektionswelle in andere Altersgruppen überschwappen kann.“

„Wir rechnen zwar damit, dass dieses Überschwappen durch die Impfquoten in den vulnerablen Altersgruppen langsamer vonstattengehen wird, passieren wird es aber wohl“, lautet die Annahme von Bicher. Erst eine Durchimpfungsrate von etwa 70 bis 85 Prozent werde in etwa ausreichen, um das Virus hinreichend einzudämmen, hob Bicher hervor. „Vollständig überholt“ habe sich in Anbetracht der Delta-Variante der alte Ansatz, dass 66 Prozent reichen würden, hält Bicher fest.

Des Weiteren gehe es nie nur um Geimpfte, sondern stets um Immunisierte, und „ob diese Immunität nun durch Impfung oder Vorerkrankung erworben wurde, spielt hierbei keine Rolle“. In diesem Licht würde eine Impfrate von 70 bis 80 Prozent wohl auch nicht ausreichen, um eine Welle zu verhindern, „aber sie wird voraussichtlich dazu beitragen, dass sie klein genug bleibt, um ohne Maßnahmen das Überlasten des Systems zu verhindern“.