Armin Laschet
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Deutschland-Wahl

Nächster Aufreger mit „#Laschetschreibtab“

Im Rennen um die deutsche Kanzlerschaft muss sich nach Grünen-Anwärterin Annalena Baerbock nun auch Armin Laschet mit Plagiatsvorwürfen auseinandersetzen. Der Kanzlerkandidat der Union gestand am Freitag ein, dass es in einem vor Jahren veröffentlichten Buch wohl Fehler gebe, und kündigte eine umfangreiche Prüfung an. Die unter „#Laschetschreibtab“ geteilten Vorwürfe sind für die Union der nächste Dämpfer in einem ohnehin pannenreichen Wahlkampf – weswegen nun etwa CSU-Chef Markus Söder auch einen Kurswechsel einfordert.

Die gegen Laschet vom „Plagiatsjäger“ Martin Heidingsfelder erhobenen Vorwürfe betreffen das Buch „Die Aufsteigerrepublik – Zuwanderung als Chance“ aus dem Jahr 2009. Mindestens ein Urheber des darin verwendeten Materials sei „weder im Fließtext noch im Quellenverzeichnis genannt“, wie der CDU-Chef per Aussendung eingestand: „Dafür möchte ich ausdrücklich um Entschuldigung bitten, denn sorgfältiges Arbeiten beim Verfassen von Werken und die Achtung des Urheberrechts sind für mich auch eine Frage des Respekts vor anderen Autoren.“

Er habe das Werk in seiner damaligen Funktion als nordrhein-westfälischer Integrationsminister verfasst, sagte Laschet. „Es ist ein Debattenbeitrag und er diente dazu, die Arbeit des ersten Integrationsministeriums Deutschlands darzustellen und für eine neue Integrationspolitik bundesweit zu werben. Dementsprechend wurde für das Buch auch auf Ausarbeitungen des Ministeriums Rückgriff genommen.“ Das gehe aus dem Literaturverzeichnis und der Danksagung hervor, so Laschet. Er habe bereits eine Prüfung des Buches veranlasst, „um zu klären, ob es weitere Fehler gibt“.

„Wohl doch mein Paper“

Heidingsfelder bzw. dessen Plattform VroniPlag haben sich bereits bei den vom Österreicher Stefan Weber angestoßenen Plagiatsvorwürfen gegen Baerbock beteiligt. Es liege nahe, dass Heidingsfelder nun „die Laschet-Bücher unter die Lupe nimmt“, heißt es dazu etwa bei RTL. Über Twitter meldete sich Karsten Weitzenegger zu Wort, von dem einige Passagen in Laschets Buch stammen sollen.

Heidingsfelder habe ihm mitgeteilt, dass Laschet bei ihm abgeschrieben habe, so der Experte für nachhaltige Entwicklung, der dazu anmerkt: „Spontan habe ich bestritten, jemals etwas so Dummes geschrieben zu haben. Ist aber wohl doch mein Paper, ich bereue nichts.“ Von deutschen Medien zu der Causa befragt, sagte Weitzenegger zudem, die Aufregung über Plagiate von Politikern und Politikerinnen erscheine ihm zu groß.

 Markus Söder steht neben Armin Laschet
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Geht es nach Söder, muss Laschet im Wahlkampf „einen Zahn zulegen“

„Müssen einen Zahn zulegen“

Allen voran in sozialen Netzwerken sorgen nichtsdestotrotz auch die gegen Laschet gerichteten Plagiatsvorwürfe für reichlich Gesprächsstoff. „Was kommt als Nächstes“ lautet eine häufig gestellte Frage – auf Twitter erinnern User zudem daran, dass Laschets „Aufsteigerrepublik“ bereits vor Jahren, etwa bei der „Süddeutschen Zeitung“ („SZ“), als „falsch verbuchtes Buch“ Fragen aufgeworfen habe.

Für Laschet, der zuletzt auch bei einem Besuch in den deutschen Hochwassergebieten mit einem deplatzierten Lacher (Stichwort „#Laschetlacht“) für Turbulenzen gesorgt hat, läuft der Wahlkampf somit weiter nicht rund. Unterstützung bekam Laschet vom einstigen Kontrahenten um den CSU-Vorsitz, Friedrich Merz. „Wir alle machen in unserem Leben Fehler“, schrieb Merz auf Twitter. Entscheidend sei der Umgang damit. Laschet habe sich sofort entschuldigt und sorge für Transparenz – „das verdient Respekt“.

Zunehmend besorgt zeigt sich CSU-Chef Söder. Es sei „längst nicht selbstverständlich, dass wir als Union die Regierung bilden und das Kanzleramt verteidigen können“, zitiert der „Spiegel“ den bayerischen Ministerpräsidenten. Laschet sei zwar „ein sehr guter Kanzlerkandidat, der aber als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen derzeit vor allem mit der Bewältigung der Flutkatastrophe beschäftigt ist“. Nun müsse er im Wahlkampf aber „einen Zahn zulegen“ und auch klarmachen, wofür die Union steht, so Söder, der mit Verweis auf den ebenfalls holprigen Wahlkampf der Grünen in den Raum stellt, bisher „nur von den Fehlern der anderen profitiert“ zu haben.

„Nicht nur Zuckerschlecken“

Die Grünen waren nach Bekanntgabe der Kanzlerkandidatur von Baerbock zunächst im Umfragehoch. Danach gerieten sie aber unter Druck, auch weil Plagiatsvorwürfe gegen Baerbock wegen ihres Buchs „Jetzt. Wie wir unser Land erneuern“ erhoben wurden. Zuvor war auch bekanntgeworden, dass Baerbock Sonderzahlungen der Partei verspätet an den Bundestag gemeldet hatte. Partei und Kandidatin mussten zudem Angaben in Baerbocks Lebenslauf korrigieren.

Grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock
Reuters/Annegret Hilse
Vor Laschet war Baerbock mit Plagiatsvorwürfen konfrontiert

Man habe sich in den vergangenen Monaten „zum Teil verstolpert“, sagte dazu laut „Frankfurter Allgemeiner Zeitung“ („FAZ“) Robert Habeck, der zusammen mit Spitzenkandidatin Baerbock die Partei anführt. So wie Habeck zeigte sich auch Baerbock weiter kämpferisch. Es sei zudem von Anfang an klar gewesen, „dass ein Wahlkampf nicht nur Zuckerschlecken ist“, sagte Baerbock dazu am Mittwoch bei einer Wahlkampfveranstaltung.

„Stimmungslage bewegt sich“

Zunehmend Morgenluft wittert indes die SPD, deren Kanzlerkandidat Olaf Scholz lange im Schatten von Baerbock und Laschet zu stehen schien. „Im Moment bewegt sich die politische Stimmungslage langsam in unsere Richtung, darauf setze ich“, sagte der amtierende Finanzminister und Vizekanzler dazu gegenüber der dpa.

Olaf Scholz (SPD)
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SPD-Spitzenkandidat Scholz ortet eine sich wandelnde Stimmungslage

Der „Merkur“ verweist auf mehrere Umfragen, in denen sich Grüne und Sozialdemokraten zuletzt etwas angenähert haben. „Die SPD blieb trotzdem knapp hinter den Grünen und deutlich hinter der Union“, so die Zeitung, der zufolge Scholz’ Optimismus auch durch eine Erhebung rund um das Auftreten der Politik in der Flutkatastrophe angefeuert worden sein dürfte. Scholz schneidet in der vom Meinungsforschungsinstituts INSA im Auftrag der „Bild am Sonntag“ durchgeführten Umfrage deutlich besser ab als Laschet und Baerbock – angeführt wird dieses Ranking allerdings von der scheidenden Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Neue Nummer eins bei Kanzlerfrage

Würde die Regierungsspitze in Deutschland direkt gewählt, wäre Scholz entsprechenden Umfragen zufolge aber bereits Nummer eins. Bei einer Onlineumfrage des Meinungsforschungsinstitutes YouGov kam der SPD-Spitzenkandidat auf 20 Prozent, Laschet auf 15 Prozent und Baerbock auf 13 Prozent.

Ein ähnliches Bild ergibt das ZDF-Politbarometer: Hier sagen nun 34 Prozent (plus sechs Punkte innerhalb von zwei Wochen), dass ihnen Scholz als Bundeskanzler „am liebsten“ wäre, gefolgt von 29 Prozent für Laschet (minus acht) und 20 Prozent für Baerbock (plus zwei). Damit haben sich die Positionen von Laschet und Scholz in der Kanzlerfrage verkehrt. Ob sich das Blatt nun zugunsten der SPD wendet, bleibt abzuwarten: Umfragen seien generell mit Unsicherheiten behaftet, heißt es dazu in deutschen Medien, die schließlich auch daran erinnern: In Deutschland wird der Kanzler bzw. die Kanzlerin nicht direkt gewählt.