Kinder in einer Schulklasse heben die Hand
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„2-G-Regel“

Die Pläne für den Schulstart im Herbst

Mit einem Vierpunkteplan sollen die heimischen Schulen im Herbst trotz CoV-Pandemie sicher starten können. Das hat ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann am Mittwoch angekündigt. Die Strategie umfasst ein „Frühwarnsystem“, eine erweiterte Teststrategie, Impfen und Luftreinigungsgeräte. Faßmann schloss flächige Schließungen und Schichtbetrieb dezidiert aus.

Erstes zentrales Element der Strategie ist ein „Frühwarnsystem“, das aus zwei Komponenten besteht. Eine ist eine Abwasseranalyse in 116 Kläranlagen, um regional zu erkennen, ob es eine verstärkte Verbreitung des Coronavirus gibt. In der Abwasseranalyse – sie umfasst das Einzugsgebiet von drei Vierteln aller heimischen Schulen – kann das Virus schon eine Woche vor der statistischen Erfassung der Infektionen nachgewiesen werden. Gegebenenfalls soll dann an Schulen in betroffenen Regionen verstärkt getestet werden.

Außerdem werden an 300 Schulen landesweit regelmäßig PCR-Tests gemacht. Das kommt einer Neuauflage der Gurgelstudie gleich. Die Ergebnisse sollen allerdings deutlich schneller vorliegen als bisher. Zeigt diese ein ansteigendes Risiko, werden Einzeltestungen mit allen Schülerinnen und Schülern durchgeführt.

„Alles spült“

Tests bleiben ein zentrales Element. „Alles spült“, ähnlich den Gurgeltests in Wien, sollen kommen. Mindestens einmal wöchentlich wird es am Montag einen Antigen-Test und zusätzlich in allen Klassen einen PCR-Spültest geben. Wobei es beim Tag, an dem die Tests stattfinden sollen, laut Faßmann auch einen Spielraum gibt. Beim PCR-Test wird nicht gegurgelt, sondern gespült. Das hat laut Faßmann den Vorteil, dass das bei geschlossenem Mund erfolgt und damit keine Aerosole in die Klassenluft gelangen. Am Donnerstag soll dann ein zweiter Antigen-Test erfolgen. Mit den Antigen-Tests gibt es sofort ein Ergebnis, PCR-Tests sind zuverlässiger. Die Logistik – Liefern und Abholen der Tests – übernimmt die Post.

Faßmann präsentierte die Pläne für den Schulstart

Bildungsminister Heinz Faßmann hat am Mittwoch seine Pläne für den Start des neuen Schuljahres präsentiert. Diese beinhalten einen aus „Frühwarnsystem“, Testen, Impfen und Luftreinigungsgeräten bestehenden Vierpunkteplan.

„Sicherheitsphase“ zu Schulbeginn

In den ersten 14 Tagen des Schulbetriebs gilt jedenfalls die Pflicht zu einem Mund-Nasen-Schutz (MSN) innerhalb der Schule. Am Platz kann die Maske abgenommen werden. Wie es nach dieser „Sicherheitsphase“ der ersten beiden Wochen weitergeht, hängt laut Faßmann von der Infektionslage ab. Mit dem Gesundheitsministerium sei man hier auch in Gesprächen, welche Indikatoren dafür verwendet werden. Laut Faßmann reicht die 7-Tage-Inzidenz nicht mehr aus.

Faßmann geht davon aus, dass auch nach der Sicherheitsphase vielfach noch getestet werden muss. Aber es gehe darum, dass man flexibel agieren könne, verwies der Minister auch auf die erhöhten Kosten für das um PCR-Tests erweiterte Testregime.

„2-G“ für Schulen

Die Testpflicht für die Teilnahme am Präsenzunterricht bleibt – ausgenommen sind Geimpfte. Denn wer geimpft ist, wird „Privilegien“ erhalten. Sowohl das Lehrpersonal als auch Schülerinnen und Schüler, die geimpft sind, müssen sich nicht testen lassen. Die Impfung wird, so wie bereits bisher die Tests, im „Ninja-Pass“ vermerkt. Das bedeutet de facto „2-G“ für Schulen.

Faßmann appellierte, sich impfen zu lassen. Derzeit seien rund 19 Prozent der Zwölf- bis 15-Jährigen geimpft und 45 Prozent der 16- bis 19-Jährigen. Noch im August werde es niederschwellige Impfangebote speziell für Jugendliche geben. 30 Impfbusse würden österreichweit bereits im August – während der Sommerschule – ausgewählte Schulen ansteuern. Dazu würden die Länder auch Impfangebote vor Discos, Jugendvereinen etc. organisieren. Auch verstärkte Info für die Eltern kündigte Faßmann an.

Schulabmeldungen bedauerte Faßmann ausdrücklich. Es gehe in der Schule nicht nur um das Erlernen des Lehrstoffs, sondern auch um soziale Begegnung und Auseinandersetzung als Basis für eine funktionierende pluralistische Gesellschaft. Der Minister zeigte sich angesichts der Zahl der Abmeldungen, die „im Tausenderbereich“ liege, generell nicht besorgt.

Screenshot vom Covid-Ninja-Pass
ORF.at
Im Ninja-Pass werden nun auch Impfungen verzeichnet

Zehn Mio. Euro für Luftreinigungsgeräte

Als letzten Teil des Plans nannte Faßmann die Anschaffung von Luftreingiungsgeräten – und zwar dort, wo Lüften nicht oder nur sehr schwer möglich ist oder wo es zu verstärkter Aerosolbildung kommt, wie im Musikzimmer. Die Geräte würden erwiesenermaßen die Viruslast senken, seien aber kein Ersatz für Impfen, Testen, Lüften und das Tragen eines MNS.

Dafür werden vom Bund laut Faßmann zehn Millionen Euro Subvention zur Verfügung gestellt. Für die Schulgebäude sind die Gemeinden zuständig. Die Bundesbeschaffungsbehörde werde geeignete Geräte aussuchen. Der Bedarf wird derzeit erhoben, Faßmann sprach von rund 10.000 Geräten.

Die Geräte seien eine reine Notmaßnahme und kein Ersatz fürs Lüften, da sie etwa die CO2-Last nicht senken. Er habe daher im Bereich des Bundes angewiesen, dass bei Schulrenovierungen oder -neubauten eine mechanische Belüftungsmöglichkeit in Klassen eingebaut werden muss.

Empfehlungen für Kindergärten

Für den elementarpädadogischen Bereich, also für Kindergärten, kündigte Faßmann ein Papier mit Empfehlungen an. Die Zuständigkeit liegt hier ausschließlich bei den Ländern. Laut Minister werde man dort aber bei den Kindern nicht zu testen beginnen.

Schließungen „keine politische Option mehr“

Anders als 2020 ist es laut Faßmann jedenfalls „erklärtes politisches Ziel“, in allen Schulstufen Präsenzunterricht durchzuführen. „Flächige Schulschließungen oder Schichtbetrieb sind keine politische Option mehr“, sagte er. Wie bisher werden Schulen autonom reagieren und bei Verdacht etwa zusätzliche Tests oder beispielsweise bei Gruppenarbeiten das Tragen von Masken verordnen können.

Kritik der Opposition

Nicht zufrieden mit Faßmanns Plänen zeigte sich die Opposition. Die SPÖ bemängelte unter anderem eine nicht flächendeckende PCR-Testung. Vor allem aber habe Faßmann keinerlei Konzept vorgelegt, wie man den letzten eineinhalb Jahren Ausnahmezustand Rechnung tragen werde. Hier lasse Faßmann bildungspolitisch „völlig“ aus, so SPÖ-Bildungssprecherin Petra Vorderwinkler.

Ähnlich die Kritik von FPÖ-Bildungssprecher Hermann Brückl: Statt die Schulen zu „medizinischen Forschungsinstitutionen“ auszubauen, solle er sich „um die Psyche der Schüler, um die in der Pandemie aufgetretenen sozialen Probleme und um die bei den Schülern eingetretenen Bildungsrückstände und Bildungsverluste kümmern“, so Brückl.

NEOS bemängelte das erneute Fehlen eines langfristigen Plans. Die Regierung arbeite nach dem Motto „Schaun wir mal, dann sehen wir’s schon“. Das sei zu wenig, so NEOS-Bildungssprecherin Martina Künsberg. Sie forderte zudem einen drastischen Ausbau der viel zu geringen psychologischen Betreuung.

Lob von Lehrer- und Elternvertretern

Für den obersten Lehrervertreter Paul Kimberger (FCG) enthält der Vierpunkteplan „jene Dinge, die notwendig sind für einen guten Schulstart“. Die Lehrergewerkschaft sei dabei eingebunden worden. „Die Maßnahmen scheinen sachlich begründet“ und würden der Forderung der Eltern entsprechen, alles zu tun, um flächige Schulschließungen zu vermeiden, zeigte sich Christoph Drexler vom Bundesverband der Elternvereine an mittleren und höheren Schulen (BEV) gegenüber der APA zufrieden.

Die Bundesjugendvertretung (BJV) sieht die Impfkampagne schon in der Sommerschule als wichtigen Schritt für die Sicherheit der Bildungseinrichtungen.