Silhouette eines Mannes im dichten Rauch eines Waldbrandes in Thrakomakedones
APA/AFP/Louisa Gouliamaki
Griechenland, Türkei, Italien

Zahlreiche Feuer außer Kontrolle

In fast allen Brandgebieten Griechenlands, aber auch in der Türkei und in Italien toben die Flammen mit unverminderter Intensität. Besonders tragisch schilderte der Bürgermeister der griechischen Hafenstadt Istiaia, Giannis Kotzias, die Lage: „Wir sind allein. Unser Ende ist nahe“, sagte er dem griechischen Nachrichtensender Skai. In vielen Ländern der Erde kämpfen die Menschen derzeit gegen Brände. Lichtblicke gibt es nur ein paar.

Außer Kontrolle war am Sonntagmorgen etwa die Situation auf der griechischen Insel Euböa und der Halbinsel Peloponnes. Der gefährlichste Brand tobte dort südlich der Kleinstadt Megalopolis. Ein weiterer Brand fraß sich aus dem Westen der Insel bei Olympia zunehmend ins dicht bewaldete gebirgige Arkadien im Inneren der Halbinsel.

Die Bürgermeister der Region fordern mehr Hilfe aus der Luft. Sie bemängelten, dass die Entscheidungsträger in Athen in den vergangenen zwei Tagen mehr Löschflugzeuge im Raum der griechischen Hauptstadt einsetzten – mit dem Ergebnis, dass die Brände in den Provinzen außer Kontrolle gerieten.

Strom ausgefallen

Mit allen Mitteln kämpften die Menschen in den betroffenen Gebieten Griechenlands die Nacht hindurch gegen die Flammen. Die Anrainerinnen und Anrainer auf Euböa versuchten, mit Traktoren Schneisen zu schlagen und das Übergreifen der Flammen auf ihre Häuser zu verhindern. Rund 600 Feuerwehrleute sind alleine auf der Insel im Einsatz. In weiten Teilen ist der Strom ausgefallen und mehr und mehr Ortschaften werden evakuiert, während das Feuer über das dicht mit Pinien bewaldete Eiland zieht.

Feuerwehrleute und Polizisten versuchen einen Waldbrand bei Thrakomakedones zu löschen
APA/AFP/Louisa Gouliamaki
In Griechenland helfen auch zahlreiche Einsatzkräfte aus dem Ausland

Seit Dienstag hat die Küstenwache mehr als 2.000 Menschen mit Schiffen von der Insel geholt und in Sicherheit gebracht, darunter viele Ältere. Der Gouverneur von Zentralgriechenland, Fanis Spanos, sagte dem Sender Skai TV, die Lage auf Euböa sei seit fast einer Woche sehr schwierig. Die Feuerfronten seien riesig, die Fläche des verbrannten Landes gewaltig.

Hilfe aus dem Ausland

Neben der griechischen Feuerwehr ist vielerorts auch das Militär im Einsatz, um neue Großbrände zu verhindern. An den Löscharbeiten in Griechenland nehmen in den nächsten Tagen Feuerwehrleute aus Rumänien, Frankreich, Zypern, Kroatien, Israel, Großbritannien, Polen, Deutschland, Tschechien, der Slowakei, Ägypten, Katar und Kuwait teil. Auch Österreich bot Unterstützung an.

Der griechische Zivilschutzchef Nikos Chardalias sprach am Samstagabend von einer extrem schwierigen Situation im ganzen Land. Lediglich im Norden Athens schien sich die Lage zuletzt etwas zu entspannen. Allerdings seien die Einsatzkräfte in höchster Alarmbereitschaft, weil immer wieder neue Brände aufloderten, sagte Chardalias.

Große Schäden nördlich von Athen

Unterdessen wird im Norden Athens das Ausmaß der Schäden immer deutlicher. Nach ersten vorsichtigen Schätzungen sollen mehr als 300 Häuser und Industriebauten verbrannt sein. Schwierigkeiten bereitet auch der Wiederaufbau des Stromnetzes. „Es wird bis zu 15 Tage dauern, bis der Strom überall wieder fließt“, sagte ein Techniker der Elektrizitätsgesellschaft am Sonntagmorgen dem Fernsehsender Skai.

Löschhubschrauber wirft über Thrakomakedones Wasser ab
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Löschhubschrauber versuchen die Flammen einzudämmen

Mindestens 1.300 Strommasten seien verbrannt oder beschädigt und müssten ausgetauscht werden. Auch die Wasserversorgung ist noch nicht vollständig wiederhergestellt, betroffen seien unter anderem mehrere nördliche Vororte Athens, berichtete die Tageszeitung „Kathimerini“. Noch gar nicht abzuschätzen ist der ökologische Schaden durch die große Fläche verbrannten Waldes.

Kein Ende der Brände in Sicht

Keine Entwarnung gibt es bei den Waldbränden in Griechenland. Vielerorts sind die Brände nach wie vor außer Kontrolle, zahlreiche Ortschaften müssen evakuiert werden. Hilfe kommt nun auch aus Österreich.

Tote in Italien

Auch in Italien ist die Feuerwehr im Dauereinsatz. Mehr als 180-mal rückte sie mit Stand Samstagabend allein auf Sizilien wegen Waldbränden aus. Die beliebte Urlaubsinsel war damit am stärksten betroffen. Mehr als 100 Einsätze hatten die Retter zudem in Kalabrien im äußersten Süden Italiens und in Apulien an der Adria. Aus Kalabrien meldete die Feuerwehr auch zwei Todesopfer, die bei den Waldbränden ums Leben kamen.

Dort loderten die Flammen unter anderem im Aspromonte-Nationalpark und im Parco delle Madonie östlich der sizilianischen Hauptstadt Palermo. „Ein weiteres Mal befinden sich die geschützten Naturareale im Klammergriff verheerender Brände“, erklärte der Präsident des Verbands für Parks und Naturreservate Federparchi, Giampiero Sammuri.

Brand auf einem Strand in Catania
Reuters/Roberto Viglianisi
70 Prozent der Brände in Italien sind laut dem Umweltminister auf Fehlverhalten oder Brandstiftung zurückzuführen – der Rest auf die Klimakrise

Der Agrarverband Coldiretti warnte in einer Mitteilung am Sonntag vor den Schäden für die Landwirtschaft durch die anhaltende Dürre, vor allem im Süden des Mittelmeer-Landes. Die Ertrag beim Weizen könnte um zehn Prozent zurückgehen, während Expertinnen und Experten bei Obstsorten wie Kirschen, Pfirsichen und Nektarinen mit einem Rückgang um teilweise bis zu 50 Prozent – verglichen mit einem normalen Jahr – rechnen.

Der Verband Coldiretti vermutet hinter den Wetterereignissen die Auswirkungen des Klimawandels. Zehntausende Hektar Wald, Weiden, Tiere und Olivenhaine seien bereits verbrannt. Der ausbleibende Regen und die Dürre begünstigten zudem die Ausbreitung der Flammen und Brandstiftungen.

Weiter Feuer in der Türkei

In der Türkei waren sechs Brände weiterhin außer Kontrolle. Vielerorts war nachts aus der Ferne der rote Schein des Feuers zu sehen, roch es nach Rauch, regnete es Asche und herrschten Verwüstung und Verzweiflung. Vor zehn Tagen brachen in zahlreichen Provinzen der Türkei Brände aus. Weite Flächen Wald, Felder und Dörfer sind seitdem in Flammen aufgegangen. Die Feuer in Antalya sind seit Freitag unter Kontrolle, hieß es unterdessen von offizieller Seite. In der Nachbarprovinz Mugla wüten sie jedoch weiter.

Menschen kämpfen gegen die Feuersbrunst in der Türkei an
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Die Brände in der Türkei sind außer Kontrolle geraten

Situation auf dem Balkan unter Kontrolle

In den Balkan-Ländern ist die Lage hingegen weitgehend unter Kontrolle. In Albanien löschten die Brandbekämpfer allein am Freitag 15 Feuer. Zehn Brandherde seien noch aktiv, aber keine Bedrohung für nahe gelegene Dörfer oder Nationalparks.

Auch im Kosovo gelang es den Sicherheitskräften, nahezu alle Brände zu löschen. In Nordmazedonien waren in den vergangenen 24 Stunden noch 616 Polizeikräfte im Einsatz. Ein Brand, der das Dorf Budinarci im Osten des Landes bedroht hatte, stelle keine Gefahr mehr da, teilte der Katastrophenschutz mit.

Drittgrößter Brand in der Geschichte Kaliforniens

Weltweit ist die Situation zurzeit äußerst kritisch. In Kalifornien in den USA, wo es fast das ganze Jahr über Flächenbrände gibt, wurden erneut mehrere Menschen als vermisst gemeldet. Wie der Polizeichef des Bezirks Plumas County, Todd Johns, am Samstag (Ortszeit) mitteilte, suchten die Einsatzkräfte nach fünf Einwohnern der abgebrannten früheren Goldgräberstadt Greenville im Norden des US-Bundesstaats. Das Feuer zerstörte mittlerweile auch die kleine Ortschaft Canyondam.

Das seit Mitte Juli wütende „Dixie Fire“ hat sich zum drittgrößten Brand in der Geschichte Kaliforniens entwickelt. Das Feuer vernichtete bereits mehr als 1.800 Quadratkilometer Fläche. Rund 5.000 Feuerwehrleute sind im Einsatz, um die Flammen einzudämmen. Kühleres Wetter verschaffte den Einsatzkräften am Samstag eine Verschnaufpause.

Die US-Behörden ordneten an, dass Tausende Einwohnerinnen und Einwohner in Sicherheit gebracht werden sollten. Manche von ihnen wehrten sich dagegen jedoch mit gezogener Waffe, wie die „Los Angeles Times“ berichtete.

Russland: Ausnahmezustand bei Atomzentrum

Im flächenmäßig größten Land der Erde, in Russland, nimmt die Waldbrandsituation ebenfalls zunehmend dramatische Ausmaße an. Die Behörden meldeten mehr als 250 Brände mit einer Gesamtfläche von mehr als drei Millionen Hektar. Löscharbeiten liefen bei 180 Feuern mit einer Fläche von rund 1,3 Millionen Hektar, teilte die für den Forstschutz zuständige Behörde Avialesoochrana mit. Die anderen Brände in schlecht zugänglichen Regionen würden nicht gelöscht, weil keine Gefahr für Menschen bestehe. Vor allem betroffen war die sibirische Region Jakutien im Nordosten Russlands. Dort brannten Dutzende Häuser ab. Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden.

Feuerwehr bei einem Waldbrand westlich von Jakutsk
AP/Ivan Nikiforov
In Russland versucht man nicht einmal mehr, alle Brände zu löschen, sondern nur jene, die eine Gefahr für Menschen darstellen

Die Behörden verhängten nun auch in der Stadt Sarow mit dem nationalen atomaren Forschungszentrum den Ausnahmezustand. Der Schritt sei notwendig, weil sich das Feuer im Gebiet von Nischni Nowgorod ausbreite und so zusätzliche Kräfte zur Löschung der Brände mobilisiert werden können, teilte die Verwaltung der abgeschirmten Stadt mit. Dort liegt Russlands Kernforschungszentrum.

Extremwettereignisse durch Klimakrise noch intensiver

Darüber hinaus gibt es zurzeit Meldungen von Flächen- und Waldbränden im Libanon, in Brasilien, in Kanada, Australien, im mittleren und südlichen Afrika sowie in weiteren Weltregionen. Die deutschen Klimaforscher Stefan Rahmstorf und Hans Joachim Schellnhuber schreiben in ihrem Werk „Der Klimawandel“, dass sich einzelne Extremereignisse nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen lassen.

Dennoch kann man zeigen, „dass sich die Wahrscheinlichkeit (oder Häufigkeit) bestimmter Ereignisse durch die globale Erwärmung erhöht“ Fachleute weisen zudem darauf hin, dass diese Extremwetterereignisse noch intensiver werden könnten. Das heißt: Niederschläge werden stärker, Hitzewellen heißer und Dürren trockener.