Wenngleich sich die Situation in Griechenland am Montag kurzfristig entspannte: Die Winde wehten nur schwach, sodass nicht ständig neue Brände ausbrachen oder die Feuer von Böen angetrieben wurden. Im Norden Euböas spielten sich in der Nacht jedoch apokalyptische Szenen ab.
Der Nordteil ist mittlerweile durch die unzähligen Großfeuer fast vollständig vom Rest der Insel abgeschnitten, wie Satellitenbilder zeigen. Rettungskräfte, Freiwillige sowie Einwohnerinnen und Einwohner konnten die Flammen nicht in Schach halten, sondern wurden von ihnen Richtung Küste getrieben. Mittlerweile sei allerdings so viel Wald verbrannt, dass die Feuer langsam nachließen, weil kein brennbares Material mehr vorhanden sei, berichteten griechische Medien. Einige fanden auch an der Küste ein natürliches Ende.
In einigen Regionen brennt es jedoch immer noch stark. Die Kleinstadt Istiea ist bedroht. In der Nacht kämpfte die Feuerwehr ohne Luftunterstützung im Vorort Monokaria, um ein Übergreifen auf die Stadt mit ihren rund 7.000 Einwohnerinnen und Einwohnern zu verhindern, wie die Nachrichtenagentur ANA berichtete. Auch tagsüber hätten Löschflugzeuge und -hubschrauber allerdings „ernsthafte Schwierigkeiten“ wegen des dichten Rauches und sehr eingeschränkter Sicht, sagte der stellvertretende Zivilschutzminister Nikos Hardalias.
Minister warnte vor „weiterer schwieriger Nacht“
Boote standen bereit, um Dutzende kleine Ortschaften auf Euböa zu evakuieren – Tausende mussten die Insel bereits verlassen. Die Dörfer Kamatriades und Galatsades südlich von Istiea waren am Montag die vorrangigen Einsatzgebiete der Feuerwehr. Laut Hardalias sind insgesamt 17 Löschflugzeuge und -hubschrauber im Einsatz. Die Rauchwolken und der Feuerschein waren noch 100 Kilometer weit auf dem Festland zu sehen. Auch auf der Halbinsel Peloponnes und auf Kreta toben weiterhin unkontrollierte Brände.

Hardalias hatte Einsatzkräfte sowie Bewohnerinnen und Bewohner der Insel bereits am Sonntag auf eine „weitere schwierige Nacht“ eingestellt. Im Norden von Euböa wurden in den vergangenen Tagen Hunderte Häuser und mindestens 35.000 Hektar Wald zerstört. Seit mittlerweile sieben Tagen wüten die Brände auf der zweitgrößten Insel Griechenlands. Steile Hänge und zerklüftetes Gelände erschweren die Löscharbeiten.
Nördlich von Athen gab es zwei Tote und Dutzende Verletze. Die Feuer, die dort große Zerstörung anrichteten, sind mittlerweile gelöscht, aber „die Gefahr ist groß, dass sie wieder aufflammen“, warnte Hardalias.
Ermittlungen wegen Brandstiftung in Italien
In Italien wurden am Sonntagabend wegen Bränden um die Adria-Gemeinde Campomarino mehr als 400 Menschen aus ihren Unterkünften geholt. Die Behörden evakuierten Hotels, Campingplätze und Wohnhäuser im Ortsteil Campomarino Lido. Auf einem Video der Feuerwehr war zu sehen, wie dichter Rauch durch die Straßen zog und sich Flammen durch Büsche bis zu einem Cafe durchfraßen.
In Campomarino Lido ermitteln die Behörden wegen Brandstiftung. Es gebe einen starken Verdacht, dass es sich um eine geplante Aktion gehandelt habe, sagte der Präsident der kleinen Region Molise, Donato Toma, der Nachrichtenagentur ANSA am Montag. Es seien zu viele Brandausbrüche gewesen, sodass man an etwas Menschengemachtes denken könne. Auf Sizilien erwischte die Polizei der Nachrichtenagentur ADNKronos zufolge einen Brandstifter auf frischer Tat. Die Beamten nahmen den Mann in Cammarata, einer Stadt im Landesinneren Siziliens, fest.
Die italienische Zivilschutzbehörde entsandte außerdem Verstärkung in die stark von Waldbränden betroffene Region Kalabrien. Dort brannte es unter anderem im Nationalpark Aspromonte. Fast zehn Hektar Wald in einem Gebiet innerhalb des Vesuv-Nationalparks wurden von einem Brand zerstört.
Gefahr in Türkei noch nicht gebannt
In der Türkei wurden noch etliche Waldbrände gezählt. Im südwesttürkischen Mugla kämpften Einsatzkräfte sowie freiwillige Helferinnen und Helfer weiter gegen die Flammen, wobei Expertinnen und Experten aber immer wieder davor warnen. Das Ausmaß der Schäden wird indes größer. Landesweit wurden laut Doganay Tolunay, Forstingenieur an der Istanbul-Universität, schätzungsweise mehr als 150.000 Hektar Land verbrannt, darunter Wald, Felder, Wiesen und ganze Dörfer – eine Fläche mehr als doppelt so groß wie der Bodensee.

Der Sprecher der Gemeinde Milas, Umut Öztürk, hatte am Montag allerdings auch erfreuliche Nachrichten für die Region Mugla. In Milas seien die Brände weitgehend unter Kontrolle. Wohngebiete seien nicht mehr bedroht. „Die Einsatzkräfte sind dabei, das Gelände abzukühlen.“ Gebannt ist die Brandgefahr angesichts der anhaltenden Hitzewelle und Trockenheit aber noch nicht. „Bis zum Oktober besteht das Risiko weiterer Brände“, warnte Tolunay.
Seit Beginn der Brände vor rund zwei Wochen kritisiert die Opposition das Krisenmanagement der Regierung, etwa, dass anfangs keine eigenen einsatzfähigen Löschflugzeuge zur Verfügung standen. Die Regierung weist die Kritik zurück. Zwischenzeitlich brannte es nach offiziellen Angaben in 47 von 81 Provinzen. Mehr als 200 Feuer wurden unter Kontrolle gebracht. Zur Brandursache wird weiter ermittelt.
Einsatzkräfte aus ganz Europa
Nach Angaben der Europäischen Krisenkoordinationszentrale sind 1.100 Feuerwehrleute aus verschiedenen EU-Staaten unterwegs in die Waldbrandgebiete in Südeuropa oder schon dort. Die meisten kämen in Griechenland zum Einsatz, etwa 35 Feuerwehrleute aus Salzburg – mehr dazu in salzburg.ORF.at. Unterstützung kam auch aus Tirol – mehr dazu in tirol.ORF.at. Steirische Einsatzkräfte waren die letzten Tage in Nordmazedonien – mehr dazu in steiermark.ORF.at.
Das Wetter erschwert die Situation in den kommenden Tagen zusätzlich: Am Montag beginnt in Südeuropa eine neue Hitzewelle, bei der die Temperaturen vielerorts auf über 40 Grad steigen. Vor der nahenden Hitzewelle mit teils bis zu 45 Grad Celsius auf den großen Inseln Italiens warnte etwa der italienische Katastrophenschutz die Bevölkerung vor Feuern.
Kampf gegen die Flammen in Südeuropa
Hunderte Menschen mussten von der italienischen Adria-Küste evakuiert werden. In Griechenland ist besonders die Insel Euböa nordöstlich von Athen von schweren Bränden betroffen.
„Wenn Sie ein Feuer sehen, rufen Sie sofort die Feuerwehr“, sagte ein Mitarbeiter der Zivilschutzbehörde am Montag. Die Menschen sollten auf keinen Fall versuchen, die Feuer zu löschen, sondern das Weite suchen. Brandbekämpfung sei sehr gefährlich. Die Behörde mahnte außerdem, keine Zigarettenstummel wegzuwerfen, da sie wegen der Trockenheit leicht Brände entfachen können.
Extremwettereignisse durch Klimakrise noch intensiver
Neben Süd- und Südosteuropa sind derzeit noch viele weitere Weltregionen von Flächen- und Waldbränden betroffen, etwa Russland, Kalifornien, der Libanon, Brasilien, Kanada, Australien und Teile Afrikas. Einige Brände, etwa jene in Russland, werden bereits zu den größten und schlimmsten in der Geschichte der jeweiligen Länder gezählt.
Hitzewellen sind auch Thema des Weltklimarats (IPCC), der am Montag seinen neuen Bericht über den Wissensstand zur Erderwärmung vorlegte. Er will damit letzte Zweifel an der Verantwortung des Menschen für den Klimawandel ausräumen. In dem Bericht von 234 internationalen Expertinnen und Experten geht es unter anderem um die Gefahr von Extremereignissen wie Hitzeperioden und Starkregen.