Corona-Test
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Coronavirus

Wann Tests für Geimpfte sinnvoll sind

Gut jeder oder jede Zweite in Österreich ist bereits vollständig geimpft. Eintrittstests für Lokale, Friseure und Co. sind für sie gemäß „3-G-Regel“ nicht mehr notwendig. Dennoch testen sich viele Geimpfte weiterhin. Doch ist das sinnvoll? Und wenn ja, wie oft und womit soll getestet werden? ORF.at hat bei dem Epidemiologen Gerald Gartlehner und dem Virologen Lukas Weseslindtner nachgefragt.

„Testen, testen, testen“ dürfte nach wie vor das Motto vieler Geimpfter lauten. Diese unterziehen sich nämlich häufiger einer Testung als Nichtgeimpfte – das zeigen zumindest Daten des „Austrian Corona Panel“ der Universität Wien vom Mai. Dass sich Geimpfte einer Testung unterziehen, wird mit der „3-G-Regel“ freilich nicht vorgeschrieben.

Darüber, dass es für vollständig Geimpfte aber sehr wohl gute Gründe gibt, sich weiterhin zu testen, sind sich der Epidemiologe Gartlehner (Donau-Universität Krems) und der Virologe Weseslindtner (Medizinische Universität Wien) einig. Gartlehner nennt zwei Anlässe: Einerseits rät er Vollimmunisierten zur Testung, wenn diese Symptome einer typischen Covid-19-Erkrankung – etwa Halskratzen, Schnupfen oder Husten – aufweisen. Andererseits sei ein Test sinnvoll, wenn Kontakt mit sehr vulnerablen Personen besteht.

„3-G-Regel“

Noch wird hierzulande auch eine Teilimpfung – ab dem 22. Tag nach dem Erststich – als Nachweis einer geringen epidemiologischen Gefahr akzeptiert. Ab 15. August gilt eine Impfung ab dem Tag der vollständigen Immunisierung als Nachweis – für Getestete, Genesene und Johnson-&-Johnson-Geimpfte ändert sich nichts.

Regelmäßig testen – ja oder nein?

„Grundsätzlich sehe ich und sieht die (US-Gesundheitsbehörde, Anm.) CDC eigentlich keinen Grund, dass man sich als Geimpfter oder Geimpfte regelmäßig testen lassen soll“, sagt der Experte zu ORF.at mit Verweis auf die CDC-Empfehlungen aber auch.

Die US-Behörde hatte diese erst jüngst aktualisiert: So wird vollständig Geimpften nun geraten, sich bereits testen zu lassen, wenn sie Kontakt mit einer infizierten Person hatten – und zwar auch dann, wenn keine Symptome auftreten. Konkret wird geraten, dass Vollimmunisierte nach dem Kontakt mit einem oder einer Infizierten in Innenräumen Masken tragen und sich drei bis fünf Tage nach dem Kontakt und einer potenziellen Übertragung des Virus testen lassen. Ist der Test negativ, so ist auch keine Maske mehr notwendig.

CDC-Empfehlungen wegen Delta-Variante geändert

CDC-Chefin Rochelle P. Walensky nennt aktuelle Daten, wonach selbst Vollimmunisierte nach einer Infektion mit der Delta-Variante eine hohe Erregerlast aufweisen und das Virus damit auf andere übertragen können, als Grund für die geänderten Empfehlungen. Wenn Menschen nach der Vollimmunisierung durch einen der Impfstoffe trotzdem erkranken, dann wird von einem Impfdurchbruch gesprochen. Daten aus Großbritannien, Israel und Kanada weisen aber auch darauf hin, dass infizierte Geimpfte in der Regel asymptomatisch sind oder einen nur sehr milden Verlauf haben.

Weseslindtner: Durchimpfungsrate zu niedrig

Regelmäßige österreichweite Tests sind durch die Delta-Variante dennoch nicht notwendig, sagt auch Weseslindtner. Die „3-G-Regel“ reiche aus. „Bin ich geimpft, bin ich von den ‚3 Gs‘ der sicherste“, so der Experte. Screening-Testungen seien Weseslindtner zufolge in erster Linie in vulnerablen Settings vernünftig – also etwa für Personal im Altersheim, im Hospiz oder auf einer Immunsupprimierten-Station. Gerade Menschen mit Vorerkrankungen oder einem geschwächten Immunsystem sind auch trotz Impfung nicht hundertprozentig vor einer Erkrankung mit schwerem Verlauf geschützt.

Beim Auftreten von Symptomen seien Tests für Geimpfte grundsätzlich immer sinnvoll und zu empfehlen, betont Weseslindtner aber auch wiederholt. Denn die Durchimpfungsrate sei immer noch nicht ausreichend, um der Delta-Variante im Herbst und Winter „jeglichen Riegel“ vorzuschieben. „Das Virus wird sich Stellen suchen, wo es Nichtimmune findet, die dann doch wieder schwere Verläufe kriegen werden. Die Frage ist im Moment mal die: Führt das dann wieder zu einer starken Belastung des Gesundheitssystems?“

Aktuell sind immerhin noch 45 Prozent der Bevölkerung – darunter freilich auch Kinder unter zwölf Jahren, für die noch kein Impfstoff zugelassen wurde – ungeimpft. Seit dem Aufkommen der als besonders ansteckend geltenden Delta-Variante geht etwa das renommierte deutsche Robert-Koch-Institut davon aus, dass mehr als 80 Prozent der Bevölkerung geimpft oder genesen sein müssen, um das Virus ohne weitere Maßnahmen in Schach halten zu können. Unter einigen Fachleuten gibt es aber Zweifel, ob es überhaupt einen Schwellenwert gibt, ab dem die Zirkulation des Virus komplett zum Erliegen kommt – etwa auch, weil der Impfschutz ohne Auffrischung nicht ewig hält.

Tests für Vollimmunisierte zum Schutz Ungeimpfter

„Die Tatsache, die jetzt ständig diskutiert wird, dass auch Geimpfte erkranken können oder das Virus weitergeben können, ist natürlich in erster Linie ein Problem für die Ungeimpften“, so Gartlehner hinsichtlich der aktuellen Debatte über Impfdurchbrüche.

„Die Leute müssen schon verstehen: Je mehr Nichtimmune es in der Bevölkerung gibt, desto länger müssen wir aufpassen. Wenn wir allen die Impfung geben können, die die Impfung aus medizinischen Gründen bekommen können, dann brauchen wir überhaupt nicht mehr testen, dann ist es vorbei“, sagt auch Weseslindtner. Denn die wenigen restlichen Impfdurchbrüche würden nicht zu einer Überlastung des Gesundheitssystems führen.

Testarten

Antigen-Tests weisen spezifische Eiweiße des Virus nach und prüfen damit, ob aktuell eine Infektion vorliegt. Bei PCR-Tests wird eine Probe nach der Methode Polymerase-Kettenreaktion analysiert. Durch den Nachweis von Nukleinsäuren in der Polymerase-Kettenreaktion lassen sich einige Viren, darunter auch das Coronavirus und Mutationen, direkt nachweisen.

PCR- oder Antigen-Test?

Wer als Vollimmunisierter oder Vollimmunisierte also Symptome einer Erkrankung aufweist oder Kontakt mit vulnerablen Personen hat, dem raten die beiden Experten jedenfalls zum PCR-Test. Dieser ist sensitiver, schlägt also auch bei Personen mit niedriger Viruslast an, wodurch eventuelle Impfdurchbrüche mit höherer Sicherheit gefunden werden können. Das sei bei der besonders ansteckenden Delta-Variante entscheidend, so Gartlehner und Weseslindtner.

Unterdessen wurde zuletzt auch vermehrt über ein mögliches Ende der Gratistests debattiert: Abgesehen von einigen ÖVP-geführten Bundesländern sprachen sich auch die niederösterreichische Ärztekammer sowie Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres dafür aus. Das Gesundheitsministerium, das die Debatte überhaupt erst losgetreten hatte, will die Lage im Herbst neu bewerten. Für symptomatische Personen und nicht impfbare Menschen sollen Tests aber in jedem Fall gratis bleiben. In Deutschland gibt es dazu bereits einen Beschluss: Ungeimpfte müssen ab dem 11. Oktober ihre Coronavirus-Tests selbst bezahlen.