Der Containerterminal am drittgrößten Frachthafen der Welt, Ningbo-Zhoushan an der chinesischen Ostküste, war am Donnerstag geschlossen worden, nachdem dort ein Arbeiter positiv auf das SARS-CoV-2 Virus getestet worden war. Laut Medienberichten warteten am Donnerstag bereits über 40 Frachtschiffe vor dem Hafen, am Mittwoch waren es knapp 30 gewesen.
Derartige Staus könnten sich rasch auf andere Häfen auswirken, erklärte dazu der deutsche Handelsexperte Vincent Stamer vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) am Freitag gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Nämlich dann, wenn Schiffe beginnen, den betroffenen Häfen auszuweiten.
Lieferketten noch immer etwas dünn
Das führe „zweifelsohne auch zu weiteren Lieferverzögerungen“, auch für Deutschland und wohl gleichfalls andere europäische Länder. Stamer und das Institut hatten erst zuletzt festgehalten, „dass die Lieferketten immer noch nicht im Takt“ seien, wie die Deutsche Welle (DW) Ende Juli zitierte. Aussetzer werde es wohl bis in den Herbst hinein geben – und nun der erneute Containerstau in China.

Stau nun auch in Schanghai
„Eine anhaltende Schließung könnte eine Dynamik entwickeln, welche die ohnehin schon angespannten Lieferketten und Warenströme zusätzlich belasten würde“, warnte der deutsche Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME). Häfen und Reedereien leiten inzwischen Schiffe um.
Zugleich ist der nahe gelegene Hafen von Schanghai so stark überlastet wie seit mindestens drei Jahren nicht mehr. Auch dort stauen sich bereits Dutzende Frachtschiffe. Schanghai ist der größte Containerhafen der Volksrepublik, Ningbo-Zhousan, entstanden vor Jahren aus einer Fusion der beiden gleichnamigen Häfen, der zweitgrößte.
Riesige Umschlagplätze
Die Schließung des Terminals in dem Hafen war nicht die einzige Maßnahme nach der Entdeckung des CoV-Falls, die den Rückstau verursachte. Die chinesischen Behörden verhängten parallel dazu Einschränkungen für die anderen Terminals, was die Zahl von Menschen und Menge an Fracht, die zum Verladen oder Löschen in den Hafen dürfen, betrifft. Am geschlossenen Terminal waren im Jahr 2020 – trotz Pandemie – laut Agenturberichten von Donnerstag fast 1,2 Milliarden Tonnen Güter umgeschlagen worden.

Größer als „Ever Given“-Blockade im Sueskanal
Schon die pandemiebedingte zeitweise Schließung des chinesischen Handelshafens Yantian im Mai und Juni hatte gravierende Folgen für den globalen Güterverkehr per Schiff gehabt – laut Schätzungen aus Deutschland mit seinen riesigen Umschlagplätzen wie Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven – gravierender als die tagelange Blockade des ägyptischen Sueskanals durch den hängen gebliebenen Riesenfrachter „Ever Given“. Auch dieser hatte einen riesigen Stau vor der für den Welthandel wichtigen Wasserstraße zwischen Mittelmeer und Rotem Meer verursacht.
Der (finanzielle) Streit darum wurde erst kürzlich beigelegt, nachdem der Frachter monatelang von den ägyptischen Behörden festgehalten worden war. Die Schließung von Yantian samt Verzögerungen bei der Abfertigung und Verladung von Containerfracht sei, wiederum am Beispiel Deutschland, ein Problem vor allem für die Technik- und Elektronikbranche gewesen, hieß es vom BWE. China liefert viele Bauteile bzw. Vorprodukte.
China verschärft Maßnahmen
Der nun infizierte Arbeiter war nach Angaben des Geschäftsführers des Terminalbetreibers, Jiang Yipeng, vollständig geimpft. Laut chinesischen Medienberichten wurden fast 2.000 Arbeiter und Angestellte des Hafens unter Beobachtung gestellt und durften das Gelände nicht mehr verlassen. Schärfere Beschränkungen zur Eindämmung der jüngsten Coronavirus-Welle gelten inzwischen für immer mehr Bereiche der Wirtschaft der Volksrepublik. Die hochansteckende Delta-Variante wurde seit Ende Juli bereits in mehr als einem Dutzend Städten nachgewiesen.