Studenten während einer Vorlesung
ORF.at/Roland Winkler
Uni und FH

Zurück in den Hörsaal – bis auf Widerruf

Drei Semester lang haben Österreichs Studierende ihre Unis und FHs kaum von innen gesehen. Im Herbst sollen sie nun in die Hörsäle zurückkehren. Wie das ablaufen soll, bestimmen die Hochschulen weitgehend selbst – von der Kontrolle des „3-G“-Nachweises bis zu Impfangeboten für die Studierenden. Allesamt hoffen sie aber, dass das Infektionsgeschehen den Plänen nicht noch einen Strich durch die Rechnung macht.

Der Herbst rückt näher, das machen nicht nur die gesunkenen Temperaturen der vergangenen Tage deutlich. In weniger als drei Wochen startet in den östlichen Bundesländern die Schule. Im September läuft auch der Unterricht für die ersten Fachhochschulstudiengänge an. Spätestens Anfang Oktober beginnt dann für alle Studierenden offiziell das Wintersemester.

Wie in den vergangenen eineinhalb Jahren werden auch in diesem Herbst viele Blicke auf die Schulen gerichtet sein. Deutlich weniger Aufmerksamkeit bekamen seit Ausbruch der Pandemie die Universitäten und Fachhochschulen. Dabei ging die CoV-Krise auch an den Hochschulen nicht spurlos vorbei. Ein großer Teil des Unilebens wurde in den Distanzbetrieb verlegt. Viele Studierende sahen ihre Hochschulen kaum oder gar nicht von innen.

Mit dem inzwischen vierten Semester im Schatten der CoV-Pandemie soll das aber wieder anders werden. Bei über 15 Hochschulen im ganzen Land hat ORF.at vor dem Semesterstart nachgefragt. Und alle halten an den bereits zu Sommerbeginn angekündigten Plänen fest – und setzen so weit wie möglich auf Präsenzunterricht.

„Präsenz first“ als Motto

Die Linzer Johannes Kepler Universität (JKU) plant zum Beispiel das Wintersemester gänzlich im Präsenzunterricht. Davon ausgenommen seien nur Studiengänge, wo Präsenz grundsätzlich nicht vorgesehen ist. So viel Präsenz „wie möglich“ ist auf der Uni Salzburg ebenso das Ziel wie auf der Uni Innsbruck und der Uni Klagenfurt. In Letzterer werden in erste Linie nur noch die großen Lehrveranstaltungen, an denen 200 und mehr Studierende teilnehmen, weiterhin online stattfinden. Mit nur noch fünf Prozent reinen Distanzlehrveranstaltungen plant auch die Wirtschaftsuniversität (WU) Wien.

Studenten während einer Vorlesung
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So voll wie vor der Pandemie werden die Hörsäle auch im Herbst noch nicht werden. Aber das Motto lautet jedenfalls: Präsenz.

Auch bei den Fachhochschulen stehen die Zeichen auf weitestmöglichen Präsenzunterricht. So will etwa die FH Oberösterreich, deren Lehrveranstaltungen zu großen Teilen im Oktober starten, im Wintersemester wieder einen „regulären Betrieb“ aufnehmen. Die FHWien der WKW will wieder zurück in einen „normalen Modus“ finden und 70 Prozent der Lehrveranstaltungen in Präsenz und 30 Prozent per Distance-Learning abhalten. „Präsenz first“ lautet auch das Motto, das die steirische FH Joanneum für das kommende Semester ausgegeben hat.

Besonderes Augenmerk auf niedrige Semester

Besonderes Augenmerk wollen die meisten Hochschulen auf die Erstsemestrigen legen. Viele Unis und FHs heben aber auch die Studierenden hervor, die bereits vor einem Jahr ihr Studium begonnen haben. Durch die im vergangenen Jahr geltenden Maßnahmen hätten auch sie die Hochschulen bisher kaum von innen gesehen und nur wenig direkten Kontakt zu ihren Studienkolleginnen und -kollegen gehabt.

Ein Student lernt zu Hause an seinem Schreibtisch
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Für viele Studierende, die während der Pandemie ihr Studium begannen, war Distanzunterricht bisher der Normalfall

„Wenn wir aufgrund des Infektionsgeschehens im Herbst wieder stärker auf online setzen müssen, dann werden diese Studierendenkohorten bei den dann noch möglichen Präsenzformaten Vorrang haben“, heißt es zum Beispiel aus dem Rektorat der Uni Klagenfurt.

Großes Fragezeichen Pandemieentwicklung

Darin schwingt freilich auch jene Unsicherheit mit, der sich die Hochschulen weiterhin stellen müssen. Ob die Pläne wirklich halten, hängt auch von der Entwicklung des Pandemiegeschehens im Herbst ab. Dass Österreich sich derzeit am Beginn einer vierten Welle befindet, gilt als ausgemacht. Wie sich diese im Detail entwickeln wird, ist allerdings noch mit Fragezeichen behaftet.

Expertinnen und Experten äußerten zuletzt die Hoffnung, dass die hohe Durchimpfungsrate in der älteren und vulnerablen Bevölkerung eine Überlastung der Krankenhäuser verhindern könnte. Zugleich hat sich das Infektionsgeschehen zuletzt zunehmend auf die Jüngeren verlagert. Mit einer 7-Tage-Inzidenz deutlich über 200 hat die Gruppe der 15- bis 24-Jährigen derzeit anteilsmäßig die höchsten Infektionszahlen. Danach folgt die Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen. Die meisten Studentinnen und Studenten fallen altersmäßig in eine der beiden Gruppen – eine spezielle Herausforderung für die Unis und FHs.

Wöchentliche Austauschrunde

Besprochen werden solche Entwicklungen auch einmal in der Woche in einer Abstimmungsrunde zwischen dem Krisenstab des Bildungsministeriums und den Unis und FHs. Laut dem Bildungsministerium ist dieser „fachliche Austausch“ „sehr beliebt“. Durchschnittlich seien im vergangenen Studienjahr „mehr als 110 Personen aus allen Hochschulsektoren“ an den wöchentlichen Onlinemeetings dabei gewesen. Und „selbstverständlich“ würden auch Vertreterinnen und Vertreter der Studierenden teilnehmen, so das Ministerium gegenüber ORF.at.

ÖH: Lippenbekenntnisse zu wenig

So ist auch die ÖH-Bundesvertretung zu der Gesprächsrunde eingeladen. Das Urteil der Studierendenvertretung fällt freilich nicht ganz so positiv aus. „Lippenbekenntnisse in Gesprächen“ seien „nach eineinhalb Jahren Pandemie zu wenig“, so die Bundes-ÖH. „Bis dato wurden kaum Informationen weder an die ÖH noch an die Studierenden weitergegeben, wie der Semesterstart tatsächlich ablaufen soll“, kritisiert die Studierendenvertretung. Sie fordert ein „Sicherheitskonzept, das nicht auf gesundheitliche und soziale Aspekte vergisst“.

Zumindest eine mangelnde Kommunikation mit den eigenen Studierenden wollen sich die Hochschulen nicht vorwerfen lassen. Sie verweisen auf regelmäßige E-Mail-Aussendungen, Informationen aus Webseiten, Lernplattformen und sozialen Netzwerken. Informationen, in welcher Form eine Lehrveranstaltung geplant ist, bieten die Unis und FHs auch in ihren Lehrveranstaltungsverzeichnissen.

„Wir gehen davon, dass dieser Status halten wird, gegebenenfalls könnte es jedoch zu veränderten Sicherheitsmaßnahmen kommen“, beurteilt etwa die Uni Innsbruck die aktuelle Lage. Auf der FH Oberösterreich könne der Studienbetrieb innerhalb von 24 Stunden wieder umgestellt werden. Das sei fast so, wie einen „Schalter umzulegen“, sagt der Präsident der FH, Gerald Reisinger.

Jede Hochschule mit eigenen Maßnahmen

Zurzeit drehen sich auf den Hochschulen die meisten Maßnahmen um den inzwischen zum Alltag gehörenden „3 G"-Nachweis“. Da unterscheiden sich die Hochschulen nicht von vielen anderen Bereichen des öffentlichen Lebens. Das Anfang Juli um das Wintersemester 2021/22 ergänzte 2. Covid-19-Hochschulgesetz lässt Unis und Fachhochschulen selbstständig den „Nachweis über eine lediglich geringe epidemiologische Gefahr“ verlangen.

Zugleich kann jede einzelne Hochschule darüber hinaus noch weitere Einschränkungen erlassen. Das führt dazu, dass an manchen Unis und FHs zumindest außerhalb der Hörsäle und Büros eine generelle Maskenpflicht gilt. Andere Hochschulen verzichten aufgrund der 3-G-Regel hingegen auf das verpflichtende Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes (MNS).

Unterschiedliche Pläne für Kontrollen

Auch auf die Frage, wie der „3 G“-Nachweis überhaupt überprüft wird, haben die Hochschulen unterschiedliche Antworten. Studierende der FH Oberösterreich müssen etwa den QR-Code ihres „3 G“-Nachweises online einscannen, beim Betreten der FH-Standorte dann aber nichts mehr vorweisen. Dafür sehen die Leiterinnen und Leiter einer Lehrveranstaltung automatisch im FH-System, welche ihrer Studierenden keinen Nachweis vorgewiesen haben.

Die Uni Graz will „flächendeckend“ vor den Hörsälen und Seminarräumen kontrollieren, die FH St. Pölten gleich an den Eingängen ins Gebäude. Die JKU Linz plant Checkpoints, an denen Armbänder ausgegeben werden. Andere Hochschulen arbeiten zurzeit noch an Konzepten. Eine lückenlose Überprüfung beim Eintritt sei jedenfalls wegen der vielen Gebäude und Eingänge nicht möglich, heißt es aber zum Beispiel schon jetzt von der Uni Salzburg.

Breiter Impfappell

Einig sind sich die Hochschulen in dem Wunsch einer möglichst hohen Impfquote – sowohl bei Studierenden als auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. „Generell lautet der Appell der Universität: Lassen Sie sich impfen und schützen Sie sich und andere“, formuliert es etwa die Uni Wien.

Eine junge Frau wird von einem Arzt geimpft
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Mit einem breiten Impfappell wandten sich die Hochschulen zuletzt an die Studierenden

Erst vergangene Woche wandten sich die Rektorinnen und Rektoren der österreichischen Hochschulen noch einmal an alle Studierenden. In einem gemeinsamen Brief mit der Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) und ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann riefen sie dazu auf, „die bestehenden Impfangebote anzunehmen“.

Impfangebote zum Semesterbeginn

Viele Hochschulen planen rund um den Semesterbeginn noch einmal spezielle Impfangebote. An der FH Vorarlberg wird ein Impfbus auf dem Campus stehen, an dem man sich ohne Anmeldung mit dem Einmalimpfstoff von Johnson & Johnson impfen lassen kann. Impfaktionen an den Campus-Standorten plant auch die Uni Innsbruck. „Dort können sich auch Studierende ohne österreichische Sozialversicherung impfen lassen.“ Impfungen auf dem Hochschulgelände sind derzeit ebenfalls für die FH Kärnten in Planung. In Oberösterreich wird es vermutlich für die Studierenden aller Hochschulen ein Impfangebot an der JKU geben.

Für die Studierenden an steirischen Hochschulen wird es hingegen zwischen 6. September und 11. Oktober eine eigene „Fast Lane“ in der Grazer Messehalle eingerichtet. Auch dort brauchen Studierende keine österreichische E-Card, um sich mit dem Einmalimpfstoff von Johnson & Johnson impfen zu lassen. In Wien verweisen die Hochschulen auf das „niederschwellige Impfangebot“ der Stadt. Wenngleich sich etwa die WU auch über eine Impfmöglichkeit an der Uni, „zum Beispiel in Form eines Impfbusses (…) natürlich freuen“ würde.

Impfpflicht für Studentinnen und Studenten herrscht an keiner der Unis und FHs. Allerdings wird gerade rund um den Gesundheitsbereich die Impfung auch für Studierende oftmals zur Pflicht. In Wien müssen zum Beispiel Medizinstudierende, die in Gesundheitseinrichtungen famulieren, gegen CoV geimpft sein. Das Gleiche gelte aber auch für Studierende, die an der Medizinischen Universität zum Beispiel als Tutorin oder Tutor arbeiten, so Vizerektorin Anita Rieder. An den medizinischen Universitäten und Hochschulen für Gesundheitsberufe wird sich so wohl ganz automatisch eine hohe Impfquote ergeben.