Indigene protestieren gegen Bolsonaro in Brasilia

In traditioneller Tracht und mit Federschmuck auf dem Kopf haben sich gestern rund 4.000 Indigene aus 117 ethnischen Gruppen zu Protesten gegen den brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro versammelt.

Die Teilnehmenden bauten in der Hauptstadt Brasilia ein Zeltlager auf, wo bis zum Ende der Woche „Demonstrationen gegen die indigenenfeindliche Politik Bolsonaros“ stattfinden sollen. Zu den Protesten aufgerufen hatte die Vereinigung der indigenen Völker (APIB).

Zeltstadt brasilianischer Indigener in Brasilia
AP/Eraldo Peres

Die Polizeipräsenz war gering, wie ein AFP-Reporter berichtete. Im Mittelpunkt der Demonstrationen steht ein Gesetzesentwurf, der von der rechtsradikalen Regierung Bolsonaros unterstützt wird und dem Kongress vorgelegt werden soll. Besonders umstritten ist darin die „Zeitthese“, wonach nur die Gebiete als angestammtes Land anerkannt werden, die von indigenen Völkern bewohnt waren, als 1988 die brasilianische Verfassung verabschiedet wurde.

Einflussreiche Agrarlobby

Viele Indigene wurden jedoch mehrere Jahrzehnte zuvor, insbesondere unter dem Militärregime von 1964 bis 1985, von ihrem Land vertrieben. Sie fordern nun einen Schutzstatus ihrer Reservate, was die einflussreiche Agrarlobby ablehnt.

Wenn der Oberste Gerichtshof die „Zeitthese“ akzeptiere, könnte die Gewalt gegen indigene Völker zunehmen, und Konflikte im Amazonas und anderen Regionen könnten sich verschärfen, warnte der UNO-Sonderberichterstatter für die Rechte indigener Völker, Francisco Cali Tzay.

Aktivistinnen und Aktivisten werfen Bolsonaro zudem vor, die Lage der indigenen Bevölkerung in der Pandemie verschlimmert zu haben. Der Staatschef hat die Gefahren des Virus immer wieder heruntergespielt und den Nutzen von Impfungen infrage gestellt. Die rund 900.000 Indigenen Brasiliens machen 0,5 Prozent der 212 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner des Staates aus. Die von ihnen bewohnten Gebiete umfassen 13 Prozent der Landesfläche.