Autos auf überfluteter Straße in Gulfport, USA
AP/Steve Helber
Bis zu 240 km/h

Hurrikan „Ida“ erreicht US-Küste

Der von Meteorologen als „extrem gefährlich“ eingestufte Hurrikan „Ida“ hat den US-Bundesstaat Louisiana erreicht. Der Wirbelsturm traf Sonntagmittag (Ortszeit) mit Windstärken von bis zu 240 km/h nahe Fort Fourchon südlich von New Orleans auf Land. Zuvor waren Zehntausende Menschen vor dem Hurrikan geflüchtet.

Der Wirbelsturm sei südwestlich von New Orleans bei Port Fourchon auf die Küste getroffen, teilte das National Hurricane Center (NHC) in Miami mit. „Ida“ habe dabei maximale Windgeschwindigkeiten von rund 240 km/h erreicht. In der Nacht auf Sonntag hatte der Sturm an Kraft gewonnen und wurde zu einem Hurrikan der Kategorie vier hinaufgestuft.

Fotos und Videos lokaler Medien zeigten nach dem Ankommen erster Ausläufer des Sturms erste Überschwemmungen und heftige Windböen. Die Einsatzzentrale von New Orleans vermeldete „weit verbreitete Stromausfälle“. Hunderttausende Haushalte waren laut Infos von Energieversorgern im ganzen Bundesstaat ohne Strom. In New Orleans stellte der Rettungsdienst wegen der gefährlichen Winde bis auf Weiteres den Dienst ein. Mehrere Bezirke im US-Bundesstaat Louisiana verhängten eine Ausgangssperre.

Satellitenbild zeigt Hurrikan Ida
Reuters/NOAA
Der Hurrikan gewann vor seiner Ankunft in den USA deutlich an Geschwindigkeit

Warnung vor „katastrophaler Zerstörung“

Ein Hurrikan dieser Stärke verursacht dem NHC zufolge in der Regel an Land „katastrophale Zerstörung“. Das NHC warnte zudem vor einer sehr hohen Flutwelle in der Region und schweren Regenfällen, die zu Überschwemmungen führen werden. Die Behörden ordneten zuvor eine weitreichende Evakuierung niedrig gelegener und küstennaher Gebiete an. Auf den Autobahnen bildeten sich lange Staus, an einigen Tankstellen konnten Anrainer und Urlauber kein Benzin mehr tanken.

Gouverneur John Bel Edwards aktivierte die Nationalgarde mit bis zu 5.000 Soldaten und forderte alle Menschen auf, sich vor der Ankunft des Sturms in Sicherheit zu bringen. „Finden Sie den sichersten Platz in Ihrem Haus, überstehen Sie den Sturm und bleiben Sie dort, bis der Sturm abzieht“, schrieb er auf Twitter. Das NHC warnte, der Bundesstaat und auch die Stadt New Orleans müssten mit heftigem Regen, einer „lebensgefährlichen Sturmflut“, katastrophalen Windböen und langanhaltenden Stromausfällen rechnen.

Auf den Tag genau 16 Jahre nach „Katrina“

Die Ankunft des Hurrikans war auf den Tag genau 16 Jahre nach der Ankunft des verheerenden Hurrikans „Katrina“, der in und um New Orleans katastrophale Schäden und Überschwemmungen verursacht hatte. Damals kamen rund 1.800 Menschen ums Leben. Seither wurden in der Region Milliarden in den Hochwasserschutz investiert. Gouverneur Edwards warnte am Samstag, „Ida“ werde einer der stärksten Stürme seit 1850 sein. Alle Bürger müssten an einem sicheren Ort sein.

US-Präsident Joe Biden ließ sich am Samstag von der Katastrophenschutzbehörde FEMA zu dem Sturm unterrichten. Die FEMA habe bereits 500 Einsatzkräfte sowie 1,6 Millionen Liter Trinkwasser, eine Million Mahlzeiten und Generatoren in die Region gebracht, so das Weiße Haus. Die Küstenwache brachte für Rettungseinsätze 18 Hubschrauber und zahlreiche Boote in Stellung. Der Flughafen New Orleans strich für Sonntag alle geplanten Flüge. Der öffentliche Nahverkehr in der Stadt wurde schon am Samstagabend eingestellt.

„Direkte Bedrohung“ für New Orleans

„Hurrikan ‚Ida‘ stellt eine direkte Bedrohung für die Menschen in New Orleans dar“, warnte Bürgermeisterin LaToya Cantrell. Wegen des schnell herannahenden Sturms habe es keine Zeit mehr gegeben, eine Pflichtevakuierung der ganzen Stadt anzuordnen. Sie ordnete daher nur die Evakuierung besonders gefährdeter Gebiete an, die außerhalb der Dämme liegen.

Überflutungen durch Hurrikan Ida in Gulfport, USA
AP/Steve Helber
Erste Überflutungen gab es bereits vor der Ankunft des Hurrikans, hier in Gulfport im US-Bundesstaat Mississippi

Neben direkten Sturmschäden fürchtet die Metropole auch Überschwemmungen durch heftigen Regen und Sturmfluten. New Orleans ist fast gänzlich von Wasser umgeben – im Norden liegt Lake Pontchartrain, im Osten Lake Borgne, im Süden gibt es die Feuchtgebiete entlang der Mississipi-Mündung.

Männer bringen Holzplatten vor ihrem Geschäft an
Reuters/Marco Bello
In New Orleans bereitete man sich auf die Ankunft des Sturms vor

An Teilen der Küste Louisianas, westlich von New Orleans, sei mit einer „lebensgefährlichen“ Sturmflut von bis zu 4,5 Meter Höhe zu rechnen, warnte das NHC. Am Lake Borgne sei mit gut drei Metern zu rechnen, am Lake Pontchartrain mit gut zwei Metern. Auch für den Westen des Nachbarstaats Mississippi galten Flutwarnungen.

Spitäler können wegen Pandemie nicht evakuiert werden

Gouverneur Edwards sagte, küstennahe Krankenhäuser könnten trotz des Hurrikans nicht evakuiert werden, weil es zu viele CoV-Patienten gebe. Derzeit würden in dem Staat mit 4,6 Millionen Einwohnern 2.450 Patienten wegen Covid-19 stationär behandelt, sagte er. Es gebe in Louisiana und den angrenzenden Bundesstaaten keine Kapazitäten mehr, um zusätzliche Patienten aufzunehmen. Für die Einrichtungen seien trotz Generatoren langanhaltende Stromausfälle infolge des Hurrikans eine große Gefahr.

Bewohner nutzen Jetski in überfluteter Wohngegend
AP/Steve Helber
Schon seit Tagen gibt es in der Region starke Regenfälle wie hier im US-Bundesstaat Mississippi

Der Staat habe rund 10.000 Arbeiter mobilisiert, um die Stromversorgung schnell wiederherzustellen, so Edwards. Louisiana und die benachbarten Bundesstaaten befinden sich inmitten einer dramatischen Coronavirus-Welle.

„Nora“ sorgt für Schäden in Mexiko

Im Pazifik traf unterdessen Hurrikan „Nora“ in Mexiko auf Land und verursachte dort Überschwemmungen und Schäden. Mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 140 km/h zog er über die Küste des Bundesstaats Jalisco. Einige Gemeinden waren zuvor evakuiert worden. Das NHC sagte schweren Regen für einen mehr als 1.500 Kilometer langen Abschnitt der mexikanischen Westküste sowie auf der Halbinsel Baja California voraus.

„Ida“ sollte sich erst über Land abschwächen und am Montag nordöstlich nach Mississippi und Tennessee weiterziehen. Der Wirbelsturm war am Freitag als Hurrikan der Stufe eins über den Westen Kubas hinweggezogen. Dort verursachte „Ida“ nach Berichten staatlicher Medien Stromausfälle und Schäden.