Afghanistan: Asselborn ruft zu Widerstand gegen Österreich auf

Vor dem Sondertreffen der EU-Innenminister zu Afghanistan hat Luxemburgs Außenminister und Minister für Immigration und Asyl, Jean Asselborn, zum Widerstand gegen den EU-Vorsitz Sloweniens und gegen Österreich aufgerufen.

„Ich hoffe, dass es Widerstand gibt gegen Herrn Kurz aus Österreich und Herrn Jansa aus Slowenien, die sich beide klar und definitiv im Einklang mit Orban, Salvini und Le Pen befinden“, sagte Asselborn der deutschen „Welt“ (Dienstag-Ausgabe).

Sie alle lehnten eine „direkte menschliche Solidarität in diesem extrem dramatischen Moment mit dem gefolterten Volk in Afghanistan ab“, sagte Asselborn. „Sie verlieren damit die Qualität, ein Europäer zu sein.“

Hitzige Debatte über Aufnahme

Nach der Machtübernahme der Taliban am Hindukusch und dem Ende des US-Truppenabzugs hat unter den EU-Mitgliedsstaaten eine hitzig geführte Debatte über die Aufnahme von Geflüchteten aus Afghanistan begonnen.

Österreich und Slowenien erklärten, keine Kontingente für besonders gefährdete Flüchtlinge im Rahmen von Resettlement-Programmen des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) zur Verfügung zu stellen. Slowenien wäre lediglich bereit, einige Ortskräfte zu übernehmen, die zuvor für NATO und EU gearbeitet haben.

„40.000 bis 50.000 Resettlement-Plätze“

Nach dem Willen Asselborns sollte die Europäische Union „40.000 bis 50.000 Resettlement-Plätze für afghanische Flüchtlinge“ zur Verfügung stellen. „Damit würden wir Mädchen, Frauen, ehemalige Richterinnen, Menschenrechtsaktivisten oder andere Personen, deren Leben unmittelbar bedroht ist, im Rahmen von Umsiedlungen auf einem legalen und sicheren Weg in Zusammenarbeit mit dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) in die EU holen.“

Ein solcher Schritt würde zudem die Glaubwürdigkeit der Europäerinnen und Europäer beim Einsatz für Menschenrechte weltweit stärken, sagte Asselborn. Er verwies auch darauf, dass allein Großbritannien und Kanada jeweils 20.000 schutzbedürftige Afghaninnen und Afghanen aufnähmen.

Schallenberg: Kritik „schlicht absurd“

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) reagierte mit scharfer Kritik und warf Asselborn „billigen Populismus“ vor. Die Kritik an Kurz sei „schlicht absurd“, so Schallenberg unter Verweis darauf, dass Österreich weltweit gesehen pro Kopf die viertgrößte Community an Afghanen und die zweitgrößte innerhalb der EU beherberge.

„Es wäre zu begrüßen, würde Asselborn einen ähnlichen Grad an Solidarität und Mitmenschlichkeit zeigen. Dafür müsste Luxemburg nämlich sechsmal so viele Afghanen aufnehmen, wie derzeit dort leben. Dann wäre er vielleicht in einer Position, Ratschläge zu erteilen“, erklärte er heute in einer der APA übermittelten Stellungnahme.

Weber sieht moralische Pflicht des Westens

Unterdessen äußerte sich auch der Vorsitzende der konservative EVP-Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber (CSU). Er sieht „eine moralische Pflicht“ des Westens in Bezug auf Afghanistan. „Es gibt Menschen, die für uns in den vergangenen Jahren den Kopf hingehalten haben. Die haben Solidarität und Hilfe verdient“, sagte Weber dem „Münchner Merkur“ (Dienstag-Ausgabe). Afghanische Flüchtlinge könnten mit Resettlement-Programmen aufgenommen werden, so der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei, der auch die ÖVP angehört.

„Der Staat legt klare Kriterien fest, wen wir aufnehmen, und organisiert das auch. Da erwarte ich mir mit Blick auf die EU-Außenministertagung diese Woche, dass die Mitgliedstaaten solidarisch vorgehen. Wir waren ja nicht als einzelne Nationen in Afghanistan, sondern haben gemeinsame Wertvorstellungen vertreten. Da hat der Westen eine moralische Pflicht.“