Chinesische Jugendliche machen Selfie
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Verbot von Talentshows

Chinas Kulturkampf gegen Junge

Chinas kommunistische Führung hat offenbar Sorge um die nächste Generation und insbesondere wohl deren Disziplin und Bereitschaft, sich in von der Partei vorgegebene Ziele oder Zwänge einzufinden. Nach dem weitgehenden Verbot von Computer- und Videospielen folgt nun gleich der nächste Akt: Reality-Talentshows sind künftig tabu.

China erließ am Donnerstag unter anderem ein Verbot für Reality-Talentshows und hielt Medien dazu an, eine maskulinere Präsentation von Männern zu fördern. „Sendeanstalten dürfen keine Formate mit der Schaffung mutmaßlicher Heldenfiguren sowie keine Variete- und Realityshows zeigen“, erklärte die staatliche Regulierungsbehörde. Sie wies die Sender an, sich gegen „abnormale Ästhetik“ wie „verweichlichte“ Männer sowie gegen „vulgäre Influencer“ und „verkommene Moral“ von Künstlern zu wehren.

China geht seit geraumer Zeit weiträumig gegen eine „unmoralische“ Popkultur vor, die Peking zufolge junge Menschen auf Abwege führt. Die Behörden verschärfen damit gleichzeitig ihr hartes Vorgehen gegen die Unterhaltungsindustrie weiter. Die Sender wurden am Donnerstag auch angewiesen, Künstler mit „inkorrekten politischen Positionen“ von Programmen auszuschließen. Es müsse eine „patriotische Atmosphäre“ kultiviert werden, wie die Nationale Radio- und Fernsehbehörde (NRTA) mitteilte. Die Regulierung von Kulturprogrammen werde verschärft.

Games Montag bis Donnerstag verboten

Gegen als „ungesund“ empfundene Inhalte werde ebenso vorgegangen wie gegen hohe Gehälter der Stars und Steuerhinterziehung. Das reiht sich ein in eine ganze Serie von Maßnahmen, durch die die Behörden ihre Aufsicht über viele Branchen verschärfen – von der Technologie bis zur Bildung. Damit soll nach Jahren des rasanten Wachstums die Kontrolle über Wirtschaft und Gesellschaft gestärkt werden.

So wurden in dieser Woche neue Regeln eingeführt, nach denen unter 18-Jährige nur noch eine Stunde jeden Freitag sowie an Wochenend- und Ferientagen mit Onlinespielen verbringen dürfen. Damit reagierten die Aufseher auf wachsende Sorgen, dass immer mehr Jugendliche eine Spielsucht entwickeln könnten, hieß es zur Begründung.

Spieler bei einer Gaming-Veranstaltung in Chongqing, China
AP/Imaginechina
Jugendliche bei einem E-Games-Wettbewerb in Chongqing

Die Unterhaltungsindustrie geriet zuletzt ins Fadenkreuz nach einer Reihe von Skandalen um Steuerhinterziehung und sexuelle Übergriffe. Vergangene Woche erklärte die Internetaufsicht, dass sie gegen die „chaotische“ Fankultur der Prominenten vorgehen werde. Die NRTA wiederum kündigte nun Vorschriften zur Begrenzung der Gagen für Schauspieler an. Sie sollen zudem dazu ermuntert werden, an Wohlfahrtsprogrammen teilzunehmen und mehr soziale Verantwortung zu übernehmen. Steuerhinterziehung solle streng geahndet werden.

Kampf gegen „deformierten Geschmack“

Die Auswahl der Schauspielerinnen und Schauspieler und von Gästen in den Sendern soll zudem sorgfältig kontrolliert werden. Politische Bildung und moralisches Verhalten gelten demnach als Kriterien. Der „deformierte“ Geschmack wie eine „verweichlichte“ Ästhetik in den Programmen solle beendet werden.

Unterhaltung mit „vulgären“ Internetstars und das Zurschaustellen von Reichtum sollen abgelehnt werden. Auch gegen eine ungesunde Fankultur müsse hart vorgegangen werden. Aufforderungen an die Fans, Geld für die Stimmabgabe in Fernsehsendern auszugeben, sollten strikt verboten werden.

China zensiert alles, was nach Meinung der Regierung gegen sozialistische Grundwerte verstößt. Behörden und staatliche Medien haben in den letzten Monaten gefordert, dass Buben männlicher werden müssten. Zugleich wurden männliche Stars kritisiert, die sich stark schminken und so ein weibliches Image vermitteln würden.

Gefahr für Großmachtbestrebungen

Die Disziplinierung der jungen Generation ist aus Sicht der kommunistischen Führung ein entscheidender Baustein in der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung und der Verwirklichung der eigenen Großmachtbestrebungen. Die Volksrepublik ist durch die vor vier Jahrzehnten angestoßenen marktwirtschaftlichen Reformen zum Exportweltmeister und zur zweitgrößten Volkswirtschaft nach den USA aufgestiegen.

In dem sozialistischen Land gibt es mittlerweile Hunderte Milliardäre und Tausende Millionäre, was die Ungleichheit vertieft hat. Chinas Kommunistische Partei drängt nun auf eine Umverteilung von oben nach unten.

Pekingtreue würden in dem geänderten TV-Geschmack ein „Sinken der Moral“ sehen, so die staatliche Zeitung „China Daily“. Viele regionale TV-Sender hätten im Wettkampf um junges Publikum auf Reality-Shows gesetzt statt auf die traditionelle Übertragung von Auftritten etablierter Künstler und Künstlerinnen, so das regierungstreue Blatt.