Der französische Schauspieler Jean-Paul Belmondo.
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1933–2021

Frankreich trauert um Jean-Paul Belmondo

Eine Welle an Würdigungen und Erinnerungen geht nach dem Tod von Jean-Paul Belmondo durch Frankreich. Die französische Filmlegende ist im Alter von 88 Jahren am Montag in Paris gestorben. Von Politik über Kultur bis zur Pariser Feuerwehr zollte man Belmondo Tribut. Geplant ist eine staatliche Trauerfeier am Donnerstag.

Als „nationalen Schatz“ bezeichnete Frankreichs Präsident Emmanuel Macron den Schauspieler auf Twitter: „Belmondo bleibt für immer der Teufelskerl.“ Dabei bezog er sich auf den gleichnamigen Film aus dem 1973, in dem Belmondo einen Autor und Möchtegerngeheimagenten spielte.

Mit seiner Stimme und seinem geschmeidigen Körper sei Belmondo „eine vertraute Figur, ein unermüdlicher Draufgänger und ein Magier der Worte“ gewesen, sagte Macron. „In ihm haben wir uns alle wiedergefunden.“ Auch die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo dankte Belmondo für „diese falbelhaften Erinnerungen, die so viele Generationen geprägt haben“.

Nationale Trauerfeier am Donnerstag

Wie der Elysee-Palast mitteilte, wird es am Donnerstag zu Ehren Belmondos eine nationale Trauerfeier im Pariser Invalidendom geben. Ursprünglich war ein staatliches Gedenken im Invalidendom Frankreichs gefallenen Militärangehörigen vorbehalten. Inzwischen werden dort auch herausragende Persönlichkeiten des Gesellschaftslebens gewürdigt.

„Ein Gigant ist heute von uns gegangen“, sagte Kulturministerin Roselyne Bachelot. „Es bleiben die Emotionen, die er während seines ganzen Künstlerlebens immer wieder in uns geweckt hat. Sein Appetit auf das Leben ist für uns alle ein Vorbild.“ Bis zu seinem Lebensende habe Belmondo es sehr genossen, in Kino- und Fernsehfilmen dabei zu sein.

„Teil meines Lebens“

Mit großer Traurigkeit reagierte der französische Schauspielstar Alain Delon, mit dem Belmondo oft verglichen wurde. „Das ist ein Teil meines Lebens, wir haben zusammen in den 60er Jahren begonnen“, sagte Delon dem Sender CNews. Seit einigen Wochen habe er gewusst, dass es Belmondo sehr schlecht geht.

„Er war ein viel komplexeres Wesen, als man glaubt“, erinnert sich der Filmemacher Philippe Labro, der zahlreiche Filme mit Belmondo drehte. „Er hatte einen Sinn für das Tragische. (…) Er war ein Mensch mit einem enormen Herzen, mit Geschmack und Freude am Leben.“

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Jean-Paul Belmondo im Film „Les Miserables“
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Für seine Rolle in „Les Miserables“ wurde Belmondo für einen Golden Globe nominiert
Schauspieler Jean-Paul Belmondo boxend in jungen Jahren
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Belmondo kämpfte sich vom Profiboxer bis zum gefeierten Schauspielstar
Jean-Paul Belmondo und Jean Seberg im Film „Außer Atem“
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Mit Jean Seberg (re.) in dem Film „Außer Atem“ (1960)
Jean-Paul Belmondo im Jahr 1974 in Cannes
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Der Schauspieler bei den 27. Filmfestspielen in Cannes 1974
Die Schauspieler Claudia Cardinale und Jean-Paul Belmondo
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Gemeinsame Cocktailparty mit Schauspielkollegin Claudia Cardinale
Die Schauspieler Jean Paul Belmondo und Monica Bellucci
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Belmondo mit Monica Bellucci bei den französischen Filmpreisen 2018
Jean-Paul Belmondo
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Belmondo kämpfte sich nach seinem Schlaganfall 2001 wieder vor die Leinwand

„Adieu“ von Fremdenlegion und Feuerwehr

Als häufiger Zuseher des Roland-Garros-Tennisturniers wurde Belmondo auch von den Organisatoren des Turniers als „immenser Schauspieler“ gewürdigt. Selbst die Fremdenlegion widmete Belmondo ein „Adieu“ – immerhin hatte Belmondo in dem Streifen „Die Glorreichen“ einen Legionär gespielt.

Die Pariser Feuerwehr wiederum reagierte auf ein ironisch gemeintes Zitat Belmondos: „Ich habe immer gedacht, am Tag meines Todes werden die Leute von mir reden, aber danach werden sie zu etwas anderem übergehen.“ Die Feuerwehr von Paris forderte Frankreich auf, Belmondo zu beweisen, das Gegenteil zu beweisen: „Zeigen wir Herrn Belmondo alle, dass er falsch liegt.“

„Alte Komplizen wiedertreffen“

Belmondos Familie gab am Montag ebenfalls eine Erklärung ab. „Jean-Paul ist heute gestorben. Er ist gegangen, um seine alten Komplizen vom Konservatorium wiederzutreffen. Sein ehrliches Lächeln wird immer da sein“, hieß es in einer von Belmondos Familie veröffentlichten Erklärung. Zuletzt sei er aber „sehr müde“ gewesen, so sein Anwalt Michel Godest: „Er ist ruhig gestorben.“

Schon vor über 20 Jahren begannen bei Belmondo gesundheitliche Probleme. 1999 erlitt er auf der Bühne einen Herzanfall, 2001 einen Schlaganfall. Danach brauchte er zwei Jahre, um wieder reden zu können. Seine Wiedergeburt habe er seinem Kampfgeist zu verdanken, meinte Belmondo Jahre danach. Der Wille macht viele Dinge möglich, zeigte er sich überzeugt.

Stunts ohne Double

Belmondo kann auf rund 80 Kinofilme und über 40 Theaterrollen zurückblicken. Zuletzt war Belmondo 2008 in „Ein Mann und sein Hund“ auf der Leinwand zu sehen. Neben Alain Delon hatte sich Belmondo zu einem der wandlungsfähigsten Darstellern in allen Genres profiliert. Der Franzose war ein wichtiger Vertreter der französischen Nouvelle Vague und galt als Symbol für Rebellion und Anarchismus. Er war Teil einer neuen Generation von Filmstars, die keine schönen Helden mehr waren.

Sendungshinweis

ORF2 zeigt am 11. September um 0.15 Uhr in memoriam Jean-Paul Belmondo den Film „Der Profi“.

Ab den 70er Jahren spielte er aber auch in zahlreichen Komödien und Actionfilmen mit. In den meisten dieser Filme kam er auch bei Stunts ohne Double aus, kletterte an Strickleitern zu Helikoptern rauf und sprang über fahrende Züge. In dem Film „Der Boss“ verletzte er sich bei einem Stunt am Kopf und beendete im Alter von 52 seine riskanten Aktionen. Mit dem Kämpfen hatte er Erfahrung.

Vom Boxer zum Filmstar

Als Jugendlicher galt der am 9. April 1933 in dem Pariser Vorort Neuilly-Sur-Seine geborene Belmondo als undiszipliniert. Mehrmals wechselte er die Schule und entdeckte in dieser Zeit das Boxen. Der Sohn eines Pariser Bildhauers und einer Tänzerin hatte sich als Berufsboxer über das Wandertheater bis in die große Kinoriege gekämpft.

Eine seiner bekanntesten Rollen, die zugleich seinen Durchbruch als Leinwandstar bedeutete, war die des Kleinkriminellen Michel in Jean-Luc Godards Nouvelle-Vague-Klassiker „Außer Atem“ aus dem Jahr 1960. Unvergessen sind seine Gesten und Blicke wie das überlegene Grinsen und das Drehen der Zigarette zwischen den Fingern.

Eigenes Schauspielhaus in Paris

Zur Kultfigur im französischen Kino machten ihn Filme wie „Und dennoch leben sie“ mit Sophia Loren, „Eine Frau ist eine Frau“, „Die Millionen eines Gehetzten“ und „Angst über der Stadt“. Er spielte Draufgänger und Gangster. Große Regisseure wie Godard, Claude Sautet („Der Panther wird gehetzt“), Francois Truffaut („Das Geheimnis der falschen Braut“) und Philippe de Broca („Abenteuer in Rio“) rissen sich darum, mit Belmondo zu arbeiten.

Doch in den 80er Jahren wandte sich das Kino zeitweise von ihm ab, und Belmondo kehrte wieder zum Theater zurück. 1991 kaufte er sein eigenes Schauspielhaus in Paris und erfüllte sich damit einen Jugendtraum.

Für viele seiner jüngeren Kollegen war Belmondo bis zu seinem Tod ein absolutes Vorbild. Der Schauspieler Jean Dujardin bezeichnete ihn als „einen der letzten Helden“ des französischen Kinos. Seine Rolle in „Abenteuer in Rio“ inspirierte sogar US-Regisseur Steven Spielberg zu „Indiana Jones“.

„Glühende Verführungskünste“

Immer wieder sorgte Belmondo auch mit seinem Privatleben für Schlagzeilen. Aus seiner Bewunderung für schöne Frauen machte er nie einen Hehl. Er drehte mit Kolleginnen wie Claudia Cardinale, Gina Lollobrigida, Brigitte Bardot und Jeanne Moreau. Man habe ihn verdächtigt, der Geliebte aller Schauspielerinnen zu sein, so Belmondo in einem Interview mit der Frauenzeitschrift „Madame Figaro“. Das habe aber nie gestimmt. Einzige Ausnahme sei bei Ursula Andress gewesen. Belmondo lernte Andress bei Dreharbeiten 1965 kennen. Die Beziehung zu dem ersten Bondgirl dauerte sieben Jahre.

Wenig Anklang fand Belmondo bei Brigitte Bardot. Er habe ihr bei den Dreharbeiten zu „Die Wahrheit“ im Jahr 1960 mehrmals an den Busen gegrapscht, gab er Anfang 2017 in einer TV-Sendung zu. Aber es habe nicht geklappt. In seinen Memoiren aus dem Jahr 2016 schrieb er über Bardot. Sie habe seinen „überzeugenden und glühenden Verführungskünsten“ widerstanden.

Seine vier Kinder stammen aus den Beziehungen mit der Tänzerin Elodie Constantin und Nathalie Tardivel. Seine Liaison mit der rund 40 Jahre jüngeren Barbara Gandolfi endete 2012 nach vier Jahren mit einer Trennung.