Eurobarometer: Für die Hälfte geht es „in die falsche Richtung“

Am Mittwoch wird EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Straßburg ihre zweite „Rede zur Lage der Union“ halten. Im Vorfeld dieses Rück- und Ausblicks veröffentlichte das EU-Parlament am Freitag eine Eurobarometer-Erhebung zu generellen Fragen, die die Bürgerinnen und Bürger in den 27 Mitgliedsstaaten beschäftigen.

Dafür führte das Institut Ipsos knapp 26.500 Onlineinterviews durch, die Anzahl der Befragten in den meisten Ländern betrug 1.000. Die Ergebnisse sind durchwachsen – sowohl für die EU als auch für die Bundesregierung.

Grafik zur Lage in der EU
Grafik: ORF.at; Quelle: Eurobarometer

24 Prozent der befragten Österreicherinnen und Österreicher hielten laut der Umfrage die allgemeine Entwicklung im eigenen Land für richtig, für 49 Prozent laufen die Dinge hingegen in „die falsche Richtung“. Noch kritischer waren die Befragten aus Österreich im Hinblick auf die EU: Hier waren nur 17 Prozent der Ansicht, die Entwicklung der Union nehme generell einen guten Verlauf, während gar 51 Prozent der gegenteiligen Meinung waren.

EU-weit fanden nur 37 Prozent der Menschen, dass die Dinge in die falsche Richtung liefen. Insgesamt waren die Befragten eher der Meinung, dass die Dinge für sie persönlich im Allgemeinen in die richtige Richtung gehen.

Klima drängender als Pandemie

Interessante Einsichten bot die Frage nach jenen Problemen, die vorrangig angegangen werden sollten. Obwohl sich Europa gerade großteils durch die vierte Welle der Pandemie kämpft, stehen Maßnahmen gegen die Klimawandel sowohl EU-weit (43 Prozent) als auch in Österreich (45 Prozent) eindeutig an erster Stelle.

Bei den weiteren dringenden Themen gibt es hingegen keinen Paarlauf mehr. Während man im EU-Schnitt auf Platz zwei die Armutsbekämpfung als vorrangig ansieht, kommen in Österreich Asyl und Migration als zweite Priorität.

Grafik zum Image der EU
Grafik: ORF.at; Quelle: Eurobarometer

Image der EU in Österreich unter Schnitt

Österreich gehört weiterhin zu jenen Ländern, die der EU gegenüber besonders kritisch eingestellt sind. In der Umfrage hatten insgesamt 53 Prozent der Befragten ein positives Bild von der EU und 19 Prozent ein negatives.

Österreich belegte in der Reihenfolge den drittletzten Platz. 39 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher gaben an, sie hätten ein „eher negatives“ oder „sehr negatives“ Bild von der Union – noch negativer wurde sie nur in Tschechien und ausgerechnet Belgien, Sitz der EU-Institutionen, gesehen. 41 Prozent der Österreicher hatten ein „sehr“ oder „ziemlich positives“ Bild.

Österreich gehörte auch zu jenen Ländern, in denen sich das Image der EU verschlechtert hat. Portugal und Irland standen am anderen Ende der Skala: Hier war das Bild der EU am besten.

Impfen als „Bürgerpflicht“

Auch die grundsätzlichen Einschätzungen zur Pandemiepolitik wurden abgefragt. Über die Hälfte (55 Prozent) der österreichischen Befragten gaben an, sie seien mit der Handhabung der Impfstrategie der heimischen Bundesregierung „sehr“ oder „eher zufrieden“. 44 Prozent sahen das nicht so.

Gegenüber der EU waren die Österreicher abermals kritischer: Mit der europäischen Impfstrategie waren sie noch unzufriedener. Insgesamt waren EU-weit aber mehr als die Hälfte (53 Prozent) mit der Solidarität zwischen den EU-Mitgliedsstaaten in der Pandemie zufrieden, und 65 Prozent gaben an, dass die EU ihrer Meinung nach eine Schlüsselrolle bei der Gewährleistung des Zugangs zu Impfstoffen spielte.

Eine überwiegende Mehrheit von 71 Prozent war zudem der Meinung, dass die Vorzüge einer CoV-Impfung die möglichen Risiken überwiegen. Zwei Drittel der EU-Bürgerinnen und Bürger waren gar der Ansicht, dass die Impfung eine „Bürgerpflicht“ sei (in Österreich waren es 57 Prozent).

Geld nur bei Einhaltung von Grundwerten

Rückendeckung dürfte die Umfrage der Kommissionspräsidentin bei ihrer Rede auch im Hinblick auf den Streit mit Polen und Ungarn geben. Mit 81 Prozent stimmte eine überwiegende Mehrheit zu, dass die EU den Mitgliedsstaaten nur Geldmittel zur Verfügung stellen sollte, wenn Rechtsstaatlichkeit und demokratische Grundsätze umgesetzt würden.

Polen und Ungarn stehen seit Jahren wegen Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit in der Kritik. Brüssel hat ein Instrument zur Ahndung von rechtsstaatlichen Defiziten, ein entsprechendes Verfahren wurde aber bisher noch nicht eingeleitet.