Eine Frau in einem Frauenhaus
APA/dpa/Maja Hitij
Gewaltschutz

Vorbeugung durch bessere Vernetzung

Seit 1. September müssen nach häuslicher Gewalt Weggewiesene an einer sechsstündigen Beratung teilnehmen – die Gespräche fokussieren auf Deeskalation, Normvermittlung und Problemeinsicht. Ein Vernetzungstreffen am Donnerstag im Innenministerium sollte den „Schulterschluss“ von Opferschutzorganisationen mit den Stellen für die neu etablierte opferschutzorientierte Täterarbeit verdeutlichen.

Zur bestehenden „guten Struktur" an Gewaltschutzeinrichtungen, die sich um die – meist weiblichen – Opfer sowie Kinder kümmern, komme nun auch „die zweite Seite der Medaille“, sagte Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP), nämlich die Arbeit mit gewaltausübenden Männern, denn die Täter sind mehrheitlich männlich.

„Das ‚Anschlussstück‘, das dem Gewaltschutzgesetz seit Anbeginn gefehlt hat, ist nun vorhanden“, unterstrich auch Marina Sorgo, Geschäftsführerin des Gewaltschutzzentrums Steiermark und Bundesverbandsvorsitzende. Die Gewaltschutzzentren – sie betreuen rund 20.000 Opfer jährlich – „begrüßen es sehr, dass es nun eine verpflichtende Beratung für weggewiesene Personen gibt“, denn Opferschutz brauche Täterarbeit.

Verein Neustart: Im September bereits 169 Fallzuweisungen

„Unser gemeinsames Ziel ist es, Opfer zu schützen und weitere Gewalt so gut wie möglich zu vermeiden“, sagte Christoph Koss, Geschäftsführer des Vereins Neustart, der in Wien und vier weiteren Bundesländern für die Gewaltpräventionsberatung nach Betretungs- und Annäherungsverboten verantwortlich zeichnet.

Es brauche ein Zusammenspiel aller Institutionen – Sicherheitsbehörden, Gewaltschutzzentren, Beratungsstellen für Gewaltprävention und Männerberatungen. Bisher habe allein der Verein Neustart in seinem Zuständigkeitsbereich 169 Fälle zugewiesen bekommen. Die Weiterleitung durch die Polizei erfolge überaus rasch, nämlich binnen vier Stunden, man sei also gut gestartet, so Koss.

Für Wien, Niederösterreich, Oberösterreich, die Steiermark und das Burgenland hatte der Verein Neustart, zuvor mehr als sechs Jahrzehnte in der Strafgefangenenhilfe tätig, den Zuschlag zur Zuständigkeit erhalten, so auch in Wien. Allein hier rechnet man mit rund 3.000 weggewiesenen Personen jährlich. In Kärnten erhielt die Caritas den Zuschlag, in Salzburg BIEGE BGP Salzburg, in Tirol der Psychosoziale Pflegedienst und in Vorarlberg das Institut für Sozialdienste gemeinnützige GmbH.

Nehammer: „Enger und regelmäßiger Austausch“

„Mit dem heutigen Vernetzungstreffen startet ein enger und regelmäßiger Austausch zwischen den Gewaltschutzeinrichtungen, die für die Opferberatung, und den Beratungsstellen für Gewaltprävention, die für die Täterberatung zuständig sind“, hielt Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) fest. Künftig werde es dafür regelmäßig eine Plattform auf Bundes- und Landesebene geben.

Die seit Anfang 2020 gesetzlich verankerten Fallkonferenzen zwischen Sicherheitsbehörden und Gewaltpräventionsstellen sollen wieder intensiviert werden. Die Zahl der Frauenmorde sei auch in diesem Jahr viel zu hoch, so Frauenministerin Raab, die Prävention müsse besser werden. Sie verwies auf das im Frühjahr geschnürte Gewaltschutzpaket mit 24,6 Mio. Euro.

Verweigerern drohen hohe Strafen

Wegen häuslicher Gewalt weggewiesene Personen haben fünf Tage Zeit, einen Termin zu vereinbaren, das Erstgespräch muss binnen 14 Tagen ab Kontaktaufnahme stattfinden. Bei Weigerung droht eine Verwaltungsstrafe bis zu 2.500 Euro, im Wiederholungsfall 5.000 Euro oder eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen.