Deutschland-Wahl: Schlagabtausch bei TV-Konfrontation

Zwei Wochen vor der deutschen Bundestagswahl sind gestern Abend die zwei Kanzlerkandidaten von Union und SPD und die Kanzlerkandidatin der Grünen zu ihrer zweiten TV-Konfrontation in ARD und ZDF aufeinandergetroffen.

Armin Laschet (CDU), Olaf Scholz (SPD) und Annalena Baerbock (Grüne) lieferten einander dabei einen teilweise scharfen Schlagabtausch. Angesichts der Ermittlungen gegen die Geldwäschezentralstelle des Zolls versuchten Laschet und Baerbock den Favoriten Scholz unter Druck zu setzen.

Laschet-Kritik nach Ermittlungen in Scholz’ Ministerium

Die Geldwäschestelle Financial Intelligence Unit (FIU) gehört nämlich in den Geschäftsbereich von Finanzminister Scholz. Auch mit Blick auf den Wirecard-Skandal musste sich dieser verteidigen. Scholz bemühte sich in der Diskussion angesichts seiner guten Umfragewerte um Kanzlerformat.

Olaf Scholz, Annalena Baerbock und Armin Laschet
APA/AFP/Michael Kappeler

Scholz sagte, dass es bei der Razzia nicht um Vorwürfe gegen das Ministerium gegangen sei. Laschet nannte es „ein Wunder“, dass Scholz „eine solche Schönrednerei an den Tag legen“ könne.

Auch harte Bandagen bei Thema Klimaschutz

Zu einer Kontroverse zwischen Scholz und Laschet kam es auch beim Thema Klimaschutz. Sie warfen einander Blockade vor. Scholz sagte, die Union habe lange bestritten, dass für den klimagerechten Umbau der Wirtschaft mehr Strom nötig sei. Laschet wiederum warf der SPD vor, Beschleunigungen bei Planungs- und Genehmigungsverfahren verhindert zu haben.

Analyse der TV-Konfrontation

ORF-Korrespondentin Birgit Schwarz analysierte das Aufeinandertreffen der deutschen Kanzlerkandidaten Armin Laschet (CDU) und Olaf Scholz (SPD) sowie der grünen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock.

Baerbock: Kohleausstieg vorziehen

Baerbock verwies darauf, dass mit dem aktuellen Tempo der Großen Koalition die Klimaziele verfehlt würden. Sie forderte, den für 2038 geplanten Kohleausstieg auf 2030 vorzuziehen.

Gleichklang demonstrierten Scholz und Baerbock in sozialen Fragen. So sprachen sich beide für eine staatliche „Bürgerversicherung“ im Gesundheitsbereich aus. Laschet sagte dazu: „Hier unterscheiden wir uns fundamental.“

Keine Festlegungen zu Koalitionen

Der Auftakt der TV-Konfrontation stand im Zeichen von Koalitionsaussagen. Der CDU-Vorsitzende Laschet schloss eine Juniorrolle der Union in einer SPD-geführten Bundesregierung nicht generell aus.

Scholz legte sich erneut nicht definitiv fest, ob er eine Koalition zusammen mit der Linken ausschließt.

Baerbock wollte sich zum Auftakt im Kanzlerrennen nicht geschlagen geben. Sie „kämpfe für eine Regierung unter Grünen-Führung“, sagte sie. Sie wolle einen echten Aufbruch.

Die Grünen sind in den vergangenen Wochen in den Umfragen auf den dritten Platz zurückgefallen, nachdem sie noch zu Jahresbeginn deutlich vor der SPD an zweiter Stelle waren.

Entsprechende Umfragewerte hatten dazu geführt, dass die insgesamt drei Fernsehkonfrontationen erstmals mit drei Kandidatinnen und Kandidaten abgehalten werden. Bei vergangenen Wahlen hatten jeweils nur die Kandidaten von Union und SPD miteinander debattiert.

„Vertrauen“ vs. „Aufbruch“ vs. "Solidarität

In seinem Schlusswort versprach der Unionskandidat, vor allem für Entbürokratisierung kämpfen und ein „Kanzler des Vertrauens“ sein zu wollen.

Baerbock hob die Klimafrage hervor. Anstelle des „Weiter so“ brauche es einen „echten Aufbruch“, denn die nächste Regierung sei die letzte, die noch aktiv Einfluss auf die Klimakrise nehmen könne.

Scholz nannte „Solidarität“ und „Respekt“ als Leitmotive und versprach stabile Pensionen und einen Mindestlohn von zwölf Euro. Zudem wolle er die Industriearbeitsplätze angesichts des Klimawandels sichern. „Ich möchte Ihnen dafür als Bundeskanzler dienen“, sagte er.

Umfragen sehen Scholz als „Triell“-Sieger

Blitzumfragen im Auftrag von ARD und ZDF sahen Scholz auch in der zweiten TV-Debatte als Sieger. Infratest-Dimap ermittelte für die ARD, dass 41 Prozent der Zuschauer Scholz am überzeugendsten fanden, gefolgt von Laschet mit 27 Prozent und Baerbock mit 25 Prozent. Bei der Forschungsgruppe Wahlen im Auftrag des ZDF sahen 31 Prozent der Befragten Scholz am glaubwürdigsten an, Baerbock befand sich mit 25 Prozent hinter ihm, Laschet rangierte mit 22 Prozent auf dem dritten Platz.

Bei der Frage, wer in der 90-minütigen Runde am sympathischsten herübergekommen sei, lag Baerbock in beiden Umfragen vorn und Laschet hinten.