Eine Arbeitssuchende beim Ausfüllen eines Formulares in einer Geschäftsstelle des AMS-Wien
APA/Roland Schlager
AMS-Geld

Debatte über Sperre bei Impfverweigerung

Eine Regelung des AMS zum Umgang mit Ungeimpften hat am Donnerstag für Aufsehen gesorgt. Wie zuerst der „Standard“ berichtete, stellte das Arbeitsministerium bereits im August gegenüber dem AMS klar, dass Beschäftigungslosen das Arbeitslosengeld gestrichen werden kann, wenn diese eine Bewerbung und einen Job aufgrund einer verlangten Coronavirus-Impfung ablehnen.

Laut dem Arbeitsministerium gilt es als zumutbar, dass Arbeitgeber von Bewerberinnen und Bewerbern eine Impfung gegen das Coronavirus verlangen. Weigert sich eine beim AMS gemeldete Person aufgrund der Impfung, sich für eine zugewiesene zumutbare Stelle zu bewerben oder einen entsprechenden Job anzunehmen, können Sanktionen folgen.

Das hänge im Einzelfall von den Umständen ab, teilte das Arbeitsministerium gegenüber ORF.at mit. Das Ministerium betonte, dass sich die Rechtslage nicht geändert habe: Eine Sperre des Arbeitslosengeldes kann es beim AMS immer dann geben, wenn sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weigern, eine zumutbare Stelle anzunehmen, oder ihr Verhalten darauf abzielt, dass ein Unternehmen sie nicht einstellt.

Arbeitgeber können Impfung fordern

In der Pandemie können potenzielle Arbeitgeber „in zulässiger Weise“ und im Rahmen der Gesetze darüber entscheiden, ob eine Coronavirus-Impfung für die Einstellung einer Person notwendig ist.

Sowohl das Ministerium als auch das AMS verwiesen in diesem Zusammenhang auf den Gesundheits- und Pflegebereich. Hier könne im Einzelfall ein „sanktionierbares Vorstellungsgespräch“ vorliegen, wenn Bewerberinnen und Bewerber dem Arbeitgeber zu erkennen geben, dass sie nicht bereit sind, sich gegen Covid-19 impfen zu lassen.

Branchen „mit vielen Kontakten“

Aufgeworfen wurde damit auch die Frage, inwieweit Bewerbungen außerhalb des Gesundheitsbereichs betroffen seien könnten. Aus dem Arbeitsministerium hieß es dazu gegenüber ORF.at, dass die Regel „im Rahmen der Zumutbarkeit“ bei Berufen zu berücksichtigen sei, in denen für die Ausübung vorausgesetzt werden kann, dass die Beschäftigten geimpft sind und der Arbeitgeber das daher als Einstellungsvoraussetzung verlangt. Als Beispiel genannt wurden „Berufe mit vielen Kontakten“, etwa Kinderbetreuung, Kundenkontakte oder körpernahe Dienstleister.

Bisher nur wenige Fälle

Das AMS selbst betonte, dass man keinen Impfstatus abfragen darf. Aus diesem Grund kann das AMS auch bei Bewerbungsvorschlägen darauf keine Rücksicht nehmen. Die Information, dass ein Job wegen einer ausgebliebenen Covid-19-Impfung nicht angenommen wurde, bekomme das AMS auch nur, wenn ein Unternehmen das explizit zurückmeldet, hieß es gegenüber ORF.at. Laut AMS gab es eine Jobverweigerung wegen der Covid-19-Impfung bisher nur in wenigen Fällen.

Fachleute sehen großen Spielraum für Betriebe

Die Frage nach der Bekanntgabe des Impfstatus am Arbeitsplatz steht bereits länger im Raum. Fachleute für Arbeitsrecht sehen dabei großen Spielraum für die Betriebe. Arbeitgeber hätten das gerechtfertigte Interesse, über die von einem Arbeitnehmer ausgehende Infektionsgefahr zu informieren, so etwa Franz Marhold, Leiter des Instituts für Arbeits- und Sozialrecht der Wirtschaftsuniversität Wien.

Seitens der Arbeiterkammer heißt es, dass ein ausdrückliches Fragerecht des Arbeitgebers nach dem Impfstatus gesetzlich nicht verankert ist. Ob Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Fragen zur Impfung und damit zu ihrem Gesundheitsstatus beantworten müssen, hänge von der konkreten Gefahrenquelle der jeweiligen Berufsgruppe und damit vom konkreten – nicht nur abstrakten – Interesse des Arbeitgebers an diesen Informationen ab. Die Wirtschaftskammer (WKO) hält es ebenfalls für legitim, dass nach dem Impfstatus gefragt wird. Das sei für die Einhaltung von Schutzmaßnahmen notwendig.

Kritik an der Maßnahme übten SPÖ und FPÖ. „Damit wird zum nächsten Mal ein Versprechen von (Bundeskanzler, ÖVP, Anm.) Sebastian Kurz gebrochen, das dieser erst vor wenigen Tagen im ORF-‚Sommergespräch‘ abgegeben hat, nämlich dass es zu keiner Impfpflicht kommen wird“, so SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch in einer Aussendung. „Die Menschen haben eingezahlt. Das ist ihr Geld aus einer Versicherung, in die sie zuvor eingezahlt haben“, so Muchitsch.

FPÖ-Klubomann Herbert Kickl kritisierte, dass „auf die Schwächsten losgegangen“ werde, und sprach von „Impf-Apartheid“. Die FPÖ werde ein „Antidiskriminierungsgesetz für ungeimpfte Menschen einbringen“.