Namibia: Proteste gegen Entschädigungsabkommen mit Deutschland

In Namibia haben rund 300 Menschen aus Protest gegen das mit Deutschland verabredete Völkermord-Entschädigungsabkommen das Parlament gestürmt. Angeführt von Vertretern der Opposition und traditionellen Führern betroffener Gemeinden zogen die Demonstranten heute durch die Hauptstadt Windhuk und drangen in das Parlament ein, in dem die Nationalversammlung über die Einigung abstimmen sollte.

Petition übergeben

Sie übergaben Vizeparlamentspräsident Loide Kasingo eine Petition, in der das angebotene Entschädigungsvolumen von rund 1,1 Milliarden Euro als zu gering kritisiert wurde. Zudem bemängeln sie, nicht an den Verhandlungen mit Deutschland beteiligt gewesen zu sein. Das Abkommen sei eine eklatante Missachtung der legitimen Wiedergutmachungs- und Restitutionsforderungen.

Ehemalige Kolonie

Truppen des Deutschen Reiches hatten zwischen 1904 und 1908 in der damaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika Aufstände gewaltsam niedergeschlagen und Gräueltaten an den Volksgruppen der Herero und Nama verübt. Zehntausende Menschen starben.

Nach jahrelangen Verhandlungen hatten sich Deutschland und Namibia Ende Mai auf ein Aussöhnungsabkommen geeinigt. Der deutsche Außenminister Heiko Maas erklärte damals, im Lichte der historischen und moralischen Verantwortung Deutschlands werde man Namibia und die Nachkommen der Opfer um Vergebung bitten.

Benennung als Völkermord

Zu der Einigung über eine Aussöhnung gehöre, dass die Ereignisse der deutschen Kolonialzeit im heutigen Namibia und vor allem die Gräueltaten an den Herero und Nama ohne Schonung und Beschönigung als Völkermord benannt würden.

Als Geste der Anerkennung des unermesslichen Leids wolle Deutschland Namibia und die Nachkommen der Opfer mit einem Programm in Höhe von 1,1 Milliarden Euro zum Wiederaufbau und zur Entwicklung unterstützen. Das Geld soll namibischen Angaben zufolge in Infrastruktur-, Gesundheits- und Ausbildungsprogramme fließen.

Die Vereinbarung war bereits vor Monaten von bestimmten namibischen Gruppen als ungenügend kritisiert worden. Es wird gleichwohl erwartet, dass das Parlament dem Vorhaben zustimmt.