Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer
APA/Team Fotokerschi
Oberösterreich-Wahl

ÖVP hat mehrere Optionen

Mit leichten Zuwächsen hat die ÖVP bei der Landtagswahl in Oberösterreich mit 37,6 Prozent klar Platz eins geholt. Landeshauptmann Thomas Stelzer sah einen „klaren Regierungsauftrag“, mit wem er ein Arbeitsübereinkommen abschließen will, ließ er freilich offen. Eine Neuauflage mit der FPÖ bleibt eine Möglichkeit – zudem gibt es noch zwei weitere.

In Oberösterreich gilt das Proporzsystem, damit sind alle Parteien ab einer gewissen Mandatsstärke auch in der Regierung vertreten. Die ÖVP schließt aber seit vielen Jahren mit einer Partei ein Arbeitsübereinkommen, um sich so auch die Mehrheit im Landtag zu sichern. Neben der FPÖ kann die ÖVP auch mit den SPÖ kooperieren – oder sich mit den Grünen für einen früheren Partner entscheiden.

Mit der FPÖ könnte sich Stelzer den bisherigen Partner ins Boot holen, nur in einer deutlich schwächeren Ausprägung: So büßte die FPÖ – wohl auch durch den Erfolg der Impfgegnerpartei MFG – zehn Prozentpunkte ein und landete bei nur etwa 19,8 Prozent.

Die SPÖ konnte ihr Ergebnis im Vergleich zu 2015 halten und liegt aufgrund des FPÖ-Absturzes mit etwa 18,6 Prozent nur relativ knapp hinter den Blauen. Auch sie kommt rechnerisch als Partnerin infrage. Und dann gibt es da noch die Grünen, mit denen die ÖVP in Oberösterreich bis 2015 zusammenarbeitete. Im Vergleich zu vor sechs Jahren konnten die Grünen heuer um etwa zwei Prozent zulegen und erreichten 12,3 Prozent.

Doch würden ÖVP und Grüne mit 29 nur über eine sehr knappe Mandatsmehrheit verfügen (29 Sitze sind für eine Mehrheit nötig). Bei FPÖ und SPÖ verhielte es sich weniger knapp: mit diesen Varianten käme die Partnerschaft auf 33 Sitze.

Stundenlanges Zittern bei NEOS

Für NEOS stellt sich diese Frage nicht – so musste man am Wahlabend stundenlang um den Einzug in den Landtag zittern –, doch letztlich klappte es, wenn mit 4,24 Prozent auch denkbar knapp, schließlich liegt die Schwelle für den Einzug bei vier Prozent. 2015 war NEOS mit 3,47 Prozent noch am Einzug gescheitert.

Endergebnis LTW21 Oberösterreich
OÖ Landesregierung

MFG zieht in Landtag ein

Als große Überraschung des Wahltags ging die Impfgegnerpartei Menschen-Freiheit-Grundrechte (MFG) hervor. Sie schaffte es mit 6,23 Prozent auf Anhieb in den Landtag. Das Kernthema der CoV-Verharmloser zog sich bei allen Auftritten und Plakaten durch. In der Präambel zum Parteiprogramm sieht man die CoV-Maßnahmen gegen Demokratie sowie Freiheits- und Grundrechte gerichtet. Vor allem im Innviertel konnte die Partei Achtungserfolge erzielen.

Mandate Endergebnis LTW21 Oberösterreich
OÖ Landesregierung

Stelzer sieht „klaren Erfolg“

Landeshauptmann Stelzer zeigte sich zufrieden mit dem Ergebnis. „Ich bin sehr dankbar, dass wir, obwohl zwei Parteien mehr in den Landtag gekommen sind, als Erster dazugewonnen haben und als erste Kraft so stark sind wie zweite und dritte gemeinsam“, sagte er in der ORF-„Elefantenrunde“. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sprach von einem „großartigen Wahlergebnis“.

In der ZIB2 wollte sich Stelzer das zweitschlechteste Ergebnis in der Geschichte der oberösterreichischen ÖVP (nach 2015) nicht schlechtreden lassen. Stelzer verwies auf die nun höhere Anzahl an Mitbewerbern, dennoch habe man zulegen können. „Dass man das nicht mit früher vergleichen kann, liegt auf der Hand“, so Stelzer. Man habe gesehen, „was in Deutschland und in Graz los war“, so Stelzer, da sei das Ergebnis der ÖVP in Oberösterreich in solchen Zeiten ein Erfolg.

Landeshauptmann Stelzer zum Wahlsieg

Obwohl es zwei zusätzliche Parteien im Landtag gibt, habe die ÖVP zugelegt, zeigte sich Landeshauptmann Thomas Stelzer zufrieden. Sein Wahlziel sei Platz eins und deutlich stärker zu werden gewesen.

Haimbuchner: „Trauriges Auge dabei“

FPÖ-Spitzenkandidat Manfred Haimbuchner verwies indes auf „schwierige Jahre für die FPÖ“, dennoch hätten viele Wähler der FPÖ die Treue gehalten. Wenn man 2015 ausnehme, reihe sich das Ergebnis bei den besten Ergebnissen ein. Das Ergebnis sei „ein ordentliches, auch wenn ein trauriges Auge dabei“ sei: „Auch wenn ein Minus vor dem Ergebnis steht, werde ich nicht depressiv werden“, so Haimbuchner. Ähnlich FPÖ-Chef Herbert Kickl: der „keinen Grund zum Feiern, aber auch keinen Anlass, die Köpfe hängen zu lassen“ sah.

Reaktionen der Spitzenkandidaten

In Linz haben sich Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP), Manfred Haimbuchner (FPÖ), Birgit Gerstorfer (SPÖ), Stefan Kaineder (Grüne), Felix Eypeltauer (NEOS) und Joachim Aigner (MFG) zu einer Elefantenrunde zusammengefunden und sprechen bei ORF-OÖ-Chefredakteur Klaus Obereder über das Wahlergebnis.

Gerstorfer: SPÖ hat „mit Inhalten gepunktet“

SPÖ-Spitzenkandidatin Birgit Gerstorfer verwies drauf, dass die SPÖ die einzige Partei sei, die „wirklich mit Inhalten gepunktet“ habe. Sie sprach von einem „sehr guten Ergebnis“. In Wien zeigte man sich erfreut: „Es ist erfreulich, dass es unter schwierigen Bedingungen erstmals seit fast zwei Jahrzehnten wieder ein Plus bei der Landtagswahl für die SPÖ Oberösterreich gibt“, sagten Parteichefin Pamela Rendi-Wagner und Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch in einer Aussendung.

Grüne: „Historisch bestes Ergebnis“

Über das „historisch beste Ergebnis für die Grünen“ freute sich Spitzenkandidat Stefan Kaineder: „Es ist gar keine Enttäuschung dabei.“

Der Weg zur Klimaneutralität sei noch ein weiter, insbesondere in einem Industriebundesland, das gehe Schritt für Schritt. Er würde gern mit der ÖVP kooperieren, machte Kaineder klar. Er freue sich auf das Gespräch mit Landeshauptmann Stelzer. Wie Kaineder sprach auch Grünen-Chef und Vizekanzler Werner Kogler vom „historisch besten Ergebnis“.

NEOS-Spitzenkandidat Felix Eypeltauer war bereits früh von einem Einzug in den Landtag ausgegangen. Man sei rund vier Jahre nicht sehr aktiv in Oberösterreich gewesen, aber jetzt sei er glücklich über das Ergebnis. Wenn man nicht im Landtag ist und nicht viel Geld hat, sei so ein Ergebnis ein Erfolg, so Eypeltauer. Es gehe um Zahlen und Inhalte, und NEOS biete konkrete Lösungen.

MFG will „strikte Linie fahren“

MFG-Chef Joachim Aigner bezeichnete es als Erfolgsrezept, dass die Kandidaten der Liste „Bürger aus der Mitte der Gesellschaft“ seien. Im Landtag wolle man sich vorrangig um CoV-Maßnahmen kümmern, „aber wir haben auch die Ansätze im Bereich Bildung, Kinder, Jugend und Familie, wo es viel zu reformieren gibt, im Gesundheitswesen und im Sozialbereich“, ebenso bei den kleinen Unternehmen. Man wolle offen für Diskurs sein, aber eine „strikte Linie fahren“.

FPÖ verlor an ÖVP und Impfgegner-Partei

Bemerkenswertes zeigt eine vom SORA-Institut für den ORF durchgeführte Wählerstromanalyse: So zeigte sich, dass MFG vor allem FPÖ und ÖVP Stimmen gekostet hat. Demnach hat die FPÖ 16.000 Stimmen an die MFG verloren, die ÖVP 15.000. Am größten war die Wählerwanderung demnach allerdings von der FPÖ zur ÖVP (75.000 Stimmen) sowie von der ÖVP zu den Grünen (25.000).

Die FPÖ hat nur etwas mehr als die Hälfte ihrer Wählerinnen und Wähler von vor sechs Jahren halten können (53 Prozent). Die SPÖ konnte dagegen 74 Prozent ihrer Wähler erneut mobilisieren, die ÖVP 70 und die Grünen 68 Prozent. Bei NEOS haben der Berechnung zufolge nur vier von zehn Wählerinnen und Wählern des Jahres 2015 erneut ihr Kreuz gemacht. Den Einzug in den Landtag gesichert haben NEOS ehemalige Grün- und ÖVP-Wähler: 10.000 wechselten am Sonntag von den Grünen zu NEOS, 8.000 von der ÖVP.

Die ÖVP konnte zwar vom Einbruch der FPÖ profitieren, verlor im Gegenzug aber Zehntausende Stimmen an die anderen Parteien: 25.000 ÖVP-Wähler des Jahres 2015 machten diesmal ihr Kreuz bei den Grünen, 17.000 bei der FPÖ, 16.000 bei der SPÖ, 8.000 bei NEOS und 15.000 bei der erstmals antretenden MFG.

Die Impfgegner-Liste wilderte neben der ÖVP auch bei der FPÖ, von der sie 16.000 Stimmen holte. Von der SPÖ wechselten der Wählerstromanalyse zufolge 8.000 Stimmen zur MFG, von den Grünen 6.000. An die Nichtwähler verloren die SPÖ 27.000 und die FPÖ 22.000 Stimmen.

Auswirkungen auf Bundesrat

Ein nicht unwesentlicher Aspekt des Ergebnisses der Oberösterreich-Wahl betrifft den Bundesrat – also die zweite Kammer des Parlaments. Denn dort verliert die Opposition ihre Blockademehrheit, weil ein Bundesratssitz von der FPÖ zur ÖVP wandert. Das bedeutet, dass eine Verzögerung von Gesetzen, die mit Mehrheit der Koalition von ÖVP und Grünen den Nationalrat passiert haben, durch SPÖ und FPÖ nicht mehr möglich sein wird.