CDU-Chef Armin Laschet
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Union

Laschet übersteht erste Machtkämpfe

CDU-Chef und Kanzlerkandidat der Union, Armin Laschet, hat die ersten Machtkämpfe in der Union nach der Wahlniederlage am Sonntag überstanden. Der frisch wiedergewählte Fraktionschef der Union, Ralph Brinkhaus (CDU), stärkte ihm den Rücken und bezeichnete ihn als „geborenen Verhandler“ für die von Laschet angestrebte „Jamaika-Koalition“. Laschet will nun mit FDP und Grünen reden.

Die konstituierende Sitzung der neuen CDU/CSU-Fraktion lief laut Berichten nicht friktionsfrei ab, auch dort soll – wie schon die letzten Tage – viel Kritik an Laschet geäußert worden sein. Laschet selbst räumte erneut Fehler im Wahlkampf ein, auch persönlich als Spitzenkandidat. Er bedaure das sehr, machte er nach Teilnehmerangaben deutlich. Und er wolle sich bei denen, die es betroffen habe, entschuldigen.

Im Ringen um die Wahl der Fraktionsführung war Laschet zuvor akut unter Druck geraten. Er hatte am Montag erklärt, er habe vorgeschlagen, dass Brinkhaus vorerst „in der Phase dieser Koalitionsverhandlungen“ Fraktionschef sein solle. Demnach sollte Brinkhaus kommissarisch bis zur konstituierenden Sitzung des Bundestages am 26. Oktober im Amt bleiben – was dieser aber empört ablehnte.

Der Fraktionschef der Union, Ralph Brinkhaus
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Brinkhaus wurde als Kompromiss bis April gewählt

In der Fraktion wurde befürchtet, dass es Gegenkandidaturen geben könnte und die Union ein Bild der Zerrissenheit abgeben könnte. Nun wurde Brinkhaus für sieben Monate und nicht wie üblich für ein Jahr ins Amt gewählt – ein Vorschlag von Laschet und CSU-Chef Markus Söder. Zuvor hatte die CSU erkennen lassen, dass sie eine vorläufige Lösung für nur wenige Wochen nicht akzeptiert. Im Falle, dass die Union in Opposition geht, wäre der Posten des Fraktionsvorsitzenden einer der mächtigsten in der Union.

Laschet will weiter mit Grünen und FDP reden

Nach der Fraktionssitzung signalisierte Laschet in Berlin erneut Gesprächsbereitschaft in Richtung Grüne und FDP, vor allem von den Liberalen sehe er starke Signale Richtung Union „Wir werden jetzt in den nächsten Tagen mit FDP, mit Grünen sprechen. Unser Gesprächsangebot steht. Und ich denke, dass jetzt Sachgespräche unter Demokraten richtig sind.“ Die Union habe die Wahl nicht gewonnen, in einer unübersichtlichen Lage müsse aber jede demokratische Partei „bereit sein, auch Verantwortung zu übernehmen. Und das sind wir.“

Laschet unter Druck

CSU-Chef Markus Söder sieht den Auftrag zu Gesprächen über eine neue deutsche Regierung zunächst bei SPD, Grünen und FDP.

Es sei der Wille in der Union zur Geschlossenheit da, so Laschet unter Bezug auf die Fraktionssitzung. Das Wahlergebnis für den im Amt bestätigten Brinkhaus sei gut. Brinkhaus war mit 85 Prozent der Stimmen gewählt worden. Mit Blick auf kritische Äußerungen in der Fraktionssitzung sagte Laschet: „Das gehört dazu.“

CDU-Chef Armin Laschet
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Für Laschet selbst steht viel auf dem Spiel

Für Laschet selbst steht einiges auf dem Spiel: Einen Rückzug nach Nordrhein-Westfalen als Ministerpräsident hat er bereits vor der Wahl ausgeschlossen. Am Montagabend verabredete die Spitze der NRW-CDU in Düsseldorf, dass Laschet bis zum Ende kommender Woche einen Nachfolger vorschlagen soll. In Berlin werden ihm beim Gang der Union in die Opposition keine Chancen auf eine einflussreiche Position mehr eingeräumt. Brinkhaus hält es zudem für ausgeschlossen, dass sich Laschet im Fall eines Gangs in die Opposition als Fraktionsvorsitzender bewirbt.

Söder: Scholz hat „beste Chancen“ für Kanzleramt

CSU-Chef Söder räumte am Dienstag dem SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz „die besten Chancen, Kanzler zu werden“ ein. Bei den Gesprächen zwischen den Parteien sei nun die SPD am Zug, sagte er nach der ersten Sitzung der CSU-Landesgruppe in Berlin. Wenn das nicht funktionieren sollte, dann sei die Union zu jeden Gesprächen bereit.

Es sei wichtig, das Wahlergebnis zu respektieren, so Söder weiter. Die Union habe „eine schwere Niederlage“ erlitten, daher wolle er auch Scholz dazu gratulieren, dass die SPD die meisten Stimmen bekommen habe. Er leite aus dem Wahlergebnis keinen Regierungsauftrag ab, so Söder, pochte aber ebenfalls auf „Verantwortung“. Man sei daher zu Gesprächen über eine mögliche „Jamaika-Koalition“ mit FDP und Grünen bereit – ohne sich abzubiedern oder „um jeden Preis versuchen, eine Regierung zusammenzubringen“.

Die Union hatte bei der deutschen Bundestagswahl mit 24,1 Prozent ihr historisch schlechtestes Ergebnis erzielt. Sie lag damit knapp hinter der SPD mit 25,7 Prozent der Stimmen. SPD-Kanzlerkandidat Scholz will nach dem Wahlerfolg eine Koalition mit Grünen und FDP bilden.

CSU-Chef Markus Söder
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Söder sieht die SPD in einer besseren Situation als die Union

Söder lässt eigene Rolle offen

Welche Rolle er selbst spielen könnte, ließ Söder am Dienstag auf Nachfrage offen. Er habe mit CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt eine „Matrix“ für gemeinsame Gespräche mit CDU, Grünen und FDP vorbereitet, sagte er. Es gebe „eine kleine Möglichkeit“, dass die „Ampelkoalition“ aus SPD, FDP und Grünen am Ende nicht komme. „Dies ist die Woche der Entscheidungen, sowohl inhaltlich wie personell“, sagte Dobrindt. Zuvor hatte es Berichte gegeben, Söder könne sich am Ende sogar zum Kanzler wählen lassen.

Vonseiten der Union soll Laschet allfällige Sondierungsgespräche führen, sagte Fraktionschef Brinkhaus. „Armin Laschet ist der Parteivorsitzende der CDU, deswegen ist er der geborene Verhandler“, sagte er. Brinkhaus und Dobrindt betonten vor der Fraktionssitzung Dienstagabend, auch sie würden an Sondierungsgesprächen beteiligt sein. Es sei wichtig, dass die Fraktion von Anfang an eingebunden werde.

Widerstand gegen Laschet wächst

Unterdessen wächst in der Union der Widerstand gegen die Strategie Laschets, eine „Jamaika-Koalition“ mit FDP und Grünen zu bilden. Vereinzelt wurden bereits Rufe nach Laschets Rückzug laut. Niedersachsens CDU-Chef Bernd Althusmann sagte: „Wir sollten jetzt demütig und respektvoll den Wählerwillen annehmen, mit Anstand und Haltung. Es war Veränderung gewollt.“

Politologin über Laschet als Kanzler

Ein Kanzler Armin Laschet ist nach den Verlusten der Unionsparteien für Politikwissenschaftlerin Andrea Römmele immer weniger wahrscheinlich.

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier unterstrich: „Wir haben keinen Anspruch auf Regierungsverantwortung.“ Der Chef der Jungen Union, Tilman Kuban, sagte: „Wir haben die Wahl verloren. Punkt.“ Der klare Auftrag liege bei SPD, Grünen und FDP.

Altmaier fordert CDU-Neuaufstellung

Kurz vor der konstituierenden Sitzung der Bundestagsfraktion forderte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zügig eine personelle Neuaufstellung seiner Partei. Er hätte sich einen klaren Regierungsauftrag für die Union gewünscht, sagte Altmaier der „Rheinischen Post“. „Das ist jetzt schwieriger.“ Altmaier empfahl seiner Partei eine „Portion Demut“.

Angesprochen auf seine Unterstützung für Söder als Kanzlerkandidaten sagte der Minister, er habe seine Position damals sowohl im CDU-Bundesvorstand als auch gegenüber Laschet deutlich gemacht. „Es ist nicht schön, wenn man am Ende sieht, dass die eigenen Befürchtungen von der Realität noch übertroffen wurden.“ Altmaier ergänzte, die Union habe viele Wechselwähler verloren. „Das muss dann auch unser weiteres Verhalten und unsere Aufstellung für die kommende Zeit bestimmen. Wir müssen das Signal der Bürgerinnen und Bürger hören.“

SPD: Erste Gespräche mit Grünen und FDP noch diese Woche

SPD-Kanzlerkandidat und Wahlsieger Scholz will unterdessen rasch eine Regierung bilden, er sieht genügend Gemeinsamkeiten mit Grünen und FDP. „Es gibt ja Schnittmengen“, sagte er am Montagabend im ZDF. Die SPD forderte Laschet auf, auf Sondierungen zu verzichten: „Niemand will Armin Laschet als Kanzler, und ich hoffe, dass er das in den nächsten Tagen auch realisiert“, sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil im Sender RTL.

Erste Sondierungsgespräche mit Grünen und FDP könnten nach Aussage von Fraktionschef Rolf Mützenich noch in dieser Woche geführt werden. Die SPD sei bereit, „nicht nur schnelle, sondern auch verlässliche Gespräche zu führen“. Auch Mützenich forderte Laschet auf, nicht weiter nach dem Kanzleramt zu streben.

Grüne beraten am Samstag

Die Grünen wollen am Samstag in Berlin auf einem Kleinen Parteitag über den Ausgang der Bundestagswahl und die Regierungsbildung beraten. Am Mittwoch wollen sich die Spitzen von Grünen und FDP treffen, um Gemeinsamkeiten auszuloten. Die Grünen haben ihrerseits bereits eine Präferenz für eine „Ampel-Koalition“ unter Führung der SPD erkennen lassen.

Der Koparteichef der deutschen Grünen, Robert Habeck, trat am Dienstag Spekulationen entgegen, wonach er für seine Partei den Posten des Vizekanzlers in der künftigen Regierung übernehmen wird. Zum jetzigen Zeitpunkt sei die Frage „völlig irrelevant“. „Wir haben ja nicht mal einen Kanzler.“

Am Montag hatte Habeck erklärt, sich mit Spitzenkandidatin Annalena Baerbock bereits auf alle relevanten Fragen verständigt zu haben. „Gehen Sie davon aus, dass wir komplett sortiert sind“, sagte er auf die Frage, wer denn den Vizekanzlerposten übernehmen werde. Die Grünen werden erst nach den Koalitionsverhandlungen über ihre personelle Aufstellung entscheiden, sagte Habeck am Dienstag.