Elektronikschrott
APA/Helmut Fohringer
Recycling

Harter Kampf gegen Berge von Elektromüll

Unmengen an Elektroschrott landen oft dort, wo sie nicht hingehören: in der Restmülltonne – oder aber die verschlungenen Wege der „Entsorgung“ sind überhaupt keine legalen. Allerdings zeichnet sich ein positiver Trend ab: In Österreich wird immer mehr davon gesammelt und in weiterer Folge recycelt. Klar ist aber auch: Der Berg wird insgesamt höher. Dazu trug nicht nur die Coronavirus-Pandemie bei.

In Österreich wurden laut aktuellen Zahlen im vergangenen Jahr etwa 136.500 Tonnen Elektroaltgeräte und rund 2.830 Tonnen Gerätealtbatterien gesammelt. Bei Batterien entspreche das gegenüber 2019 einem Plus von fast 20 Prozent, bei Elektrokleingeräten waren es 8,5 Prozent, wie es am Donnerstag bei einer Pressekonferenz hieß.

Präsentiert wurden die neuesten Zahlen von der Elektroaltgeräte Koordinierungsstelle Austria GmbH (EAK) gemeinsam mit dem Umweltministerium, der Wirtschaftskammer (WKO) und der ARGE Österreichischer Abfallwirtschaftsverbände (ARGE AWV) in Wien. Die EU gibt eine Sammelquote von 45 Prozent vor, wie sie etwa 2019 erfüllt worden sei, hieß es.

Es wird mehr gekauft

Mit mehr als 2.800 Tonnen Altbatterien und einer Quote von 48 Prozent sei diese im letzten Jahr „deutlich überschritten“ worden, sagte Christian Holzer, Sektionschef im Umweltministerium, bei der Pressekonferenz.

Nicht ganz erfüllt wurde die Quote laut dort präsentierten Zahlen bei Altgeräten. Dort liegt der Zielwert bei 65 Prozent und sei – wie zuvor schon 2019 – mit 62 Prozent knapp verfehlt worden. Trotzdem sei man auch hier „auf einem recht guten Weg“, hieß es in einer Aussendung am Donnerstag. Schließlich sei zu bedenken, dass die „Inverkehrssetzungsmassen“, also die Mengen, die verkauft wurden, größer geworden seien – etwa wegen mehr (Unterhaltungs-)Elektronik in der Coronavirus-Pandemie. Unter dem Strich, so Holzer, liege Österreich mit seiner Quote aber „nach wie vor im europäischen Spitzenfeld“.

Vom E-Bike bis zum Mähroboter

Dass mehr Kleingeräte den Weg zum Recycling gefunden haben, anstatt in der Mülltonne zu landen, dazu habe auch mehr Information beigetragen, zeigte sich die Geschäftsführerin der EAK, Elisabeth Giehser, überzeugt. Sie verwies etwa auf die Kampagne „Klein, aber oho“, über die in den letzten Jahren eine Sensibilisierung von Konsumentinnen und Konsumenten dahingehend gelungen sei, „Klein- und Kleinstgeräte nicht in den Restmüll zu werfen, sondern diese im Handel oder bei den kommunalen Sammelstellen abzugeben“. Außerdem gebe es mit rund 2.000 kommunalen Sammelstellen eine „sehr gute Infrastruktur“ und „sichere und verlässliche Sammelsysteme“.

Elektronikschrott
APA/Helmut Fohringer
E-Schrott, wo er hingehört: zum Recycling

Giehser verwies aber auch auf die stark steigenden Verkaufszahlen bei E-Bikes, deren Akkus eine durchschnittliche Lebensdauer von fünf bis sieben Jahren hätten, und darauf, dass das Problem also in den nächsten Jahren größer werde. Ähnliches gelte für Akkugartengeräte, etwa Mähroboter, die sich einer steigenden Beliebtheit erfreuen.

Gute Vorsätze beim Recycling

Laut Mikrozensus der Statistik Austria (Zahlen von 2020) geben 96,4 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher an, „Elektro- oder Elektronikaltgeräte“ korrekt vom Restmüll zu trennen. Bei Batterien bzw. Akkus sind es 97,2 Prozent. Die Zahlen sind fast so hoch wie bei Glas (97,3 Prozent) und höher als bei Kunststoffflaschen (92,8), Metallverpackung (90,9) und Biomüll (85,4). Spitzenreiter ist klar Altpapier mit 99,2 Prozent.

Lob für das heimische Sammelsystem kam am Donnerstag vom Vizepräsidenten der ARGE Österreichischer Abfallwirtschaftsverbände, Roland Wohlmuth. Im europäischen Vergleich weise Österreich „eine sehr hohe Sammelquote auf und liegt gleichzeitig bei den spezifischen Sammel- und Behandlungskosten im unteren Drittel“, sagte er und hob das „reibungslos funktionierende Sammelsystem“ und die enge Kooperation der Kommunen und Wirtschaft hervor. Immerhin kämen fünf Prozent der gesammelten Mengen „über die kommunalen Altstoffsammelzentren, Recyclinghöfe oder Mistplätze der Verbände, Städte und Gemeinden“, die restlichen 15 Prozent über den Handel oder direkte Abgabestellen von Herstellern.

Kurze Nutzungsdauer

Warum wird nicht noch mehr gesammelt? Es fällt immer mehr Elektro- und Elektronikmüll an, gleichzeitig sinke die Nutzungsdauer, sagte Robert Pfarrwaller, Obmann des Bundesgremiums Elektro- und Einrichtungsfachhandel in der WKO. Die Durchschnittsdauer der Nutzung betrage etwa sechs Jahre, dadurch werde es zunehmend schwieriger, die Sammelquoten, die mittlerweile „unrealistische Dimensionen“ erreicht hätten, zu erfüllen.

Außerdem sei durch die coronavirusbedingten Lockdowns ein wahrer Boom im Onlinehandel ausgelöst worden, es wurde etwa mehr Computerhardware verkauft, bedingt durch Homeoffice, Homeschooling und Distance-Learning. Aufgrund der wachsenden Mengen an ausgedienten Geräten, die über den Onlinehandel auf den Markt kommen, forderte die WKO erneut eine effizientere Rückgabe- und Informationspraxis von den Herstellern.

Der Berg wächst rasch

Das Sammeln von Altgeräten und Batterien bleibe auf jeden Fall „für alle EU-Länder eine enorme Herausforderung“, hieß es in der Aussendung zu der Pressekonferenz. Es gebe „nicht nur Handlungsbedarf auf wirtschaftlicher und politischer Ebene“, sondern brauche „auch eine bewusste Verhaltensänderung“ bei Konsumentinnen und Konsumenten – deshalb gab es im Juni den Beschluss für die zwei Jahre laufende bundesweite Informationskampagne „Her mit Leer“, an der sich auch mehrere große Handelsketten beteiligen, neue Sammelboxen inklusive.

Ein Mann verbrennt Elektronikschrott auf der Agbogbloshie-Deponie in Accra (Ghana)
APA/AFP/Cristina Aldehuela
Deponien in Afrika: Ausschlachten von Elektromüll unter gesundheitsschädlichen Bedingungen

Der weltweit produzierte Berg an Elektroschrott wächst laut einem Bericht der UNO aus dem Vorjahr insgesamt rasant. Für 2019 wies der „Global E-waste Monitor 2020“ der Vereinten Nationen 53,6 Mio. Tonnen und damit einen neuen Höchststand aus. Ein Teil davon landet in Entwicklungsländern und wird dort unter gesundheitsschädigenden Bedingungen ausgeschlachtet.

Die gesamt Menge an ausrangierten Geräten, vom Kühlschrank über PCs, Monitore und TV-Geräte bis hin zu Smartphones, sei innerhalb von fünf Jahren um 21 Prozent gewachsen, hieß es darin. Die Mengen entspreche in etwa dem Volumen von etwa 350 großen Kreuzfahrtschiffen wie der „Queen Mary 2“. Den Materialwert des gesamten Berges gab die UNO damals mit 57 Mrd. Dollar (heute knapp 49 Mrd. Euro) an.