Gesetz soll Bauern vor Marktmacht des Handels schützen

Ein neues Gesetz gegen unfaire Geschäftspraktiken soll Bauern vor der Marktmacht des Handels schützen. Darin würden unfaire Praktiken konkret benannt und könnten geahndet werden, sagte Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) heute.

Das Gesetz soll schon am 1. Jänner 2022 in Kraft treten. Es sieht auch eine weisungsfreie Ombudsstelle vor, die anonymen Hinweisen nachgehen soll und hinter der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) bzw. Kartellgericht stehen. Der Strafrahmen für Verstöße gegen das Gesetz betrage bis zu 500.000 Euro.

Köstinger stellte heute den Gesetzesentwurf vor, der an sich federführend in den Zuständigkeitsbereich von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) fällt und heute in Begutachtung geht.

Vorwürfe gegen Lebensmittelhandel

Basis ist eine EU-Richtlinie vom April 2019 „gegen unfaire Geschäftspraktiken entlang der Lebensmittelwertschöpfungskette“ (EU 2019/633), die Österreich schon im Mai 2021 hätte umsetzen sollen. Mit dem aktuellen Vorschlag wende Österreich auch ein Vertragsverletzungsverfahren ab, räumte Köstinger ein. Verzögert habe sich das österreichische Gesetz wegen des Regierungswechsels 2019 und dann der Coronavirus-Krise.

Zu den unfairen Geschäftpraktiken gehörten etwa die verspätete Zahlung verderblicher Lebensmittel, Auftragsstornos in letzter Minute, einseitige Vertragsänderungen, die womöglich sogar rückwirkend kommen, und die Verweigerung eines schriftlichen Vertrags, heißt es aus dem Ministerium.

Köstinger warf, flankiert von Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Moosbrugger, dem Lebensmittelhandel einmal mehr vor, seine Marktmacht zu missbrauchen und Bauern und auch andere Produzenten in der Wertschöpfungskette stark unter Druck zu setzen.

So würden beispielsweise bei einem Apfelbauern zehn Tonnen bestellt, wenn aber nur acht Tonnen verkauft werden, würden zwei Tonnen unbezahlt zurückgeschickt. Produzenten müssten sich etwa an Kosten für Flugblätter beteiligen, um darauf vorzukommen. „Auch diese Praxis wird verboten“, so Köstinger, Handelsunternehmen müssten ihre Werbung künftig selber bezahlen.

Preise für Konsumenten sollen nicht höher werden

Köstinger und Moosbrugger sind sich sicher, dass die Handelsketten den Bauern mehr zahlen könnten, ohne dass die Preise für den Konsumenten steigen. Ziel sei nur, dass die Bauern einen höheren Anteil an der Wertschöpfung erhalten.

Moosbrugger verwies darauf, dass die Politik von Bauern laufend die Einhaltung höherer Auflagen verlange, zugleich würden aber Agrarprodukte, insbesondere Fleisch, in Rabattaktionen billig verschleudert.

Verwerflich seien nicht steigende Gewinne der Konzerne, wohl aber, dass „man immer zulasten der bäuerlichen Produzenten die Preisverhandlungen führt“, sagte Köstinger: „Der Erste und Wichtigste in der Wertschöpfungskette zahlt den Preis dafür, dass Lebensmittelkonzerne jährlich steigende Gewinne einstreifen.“ Dieses System solle mit dem neuen Gesetz geändert werden.

Moosbrugger äußerte auch Zweifel an der Darstellung der Gewinne der Lebensmittelketten. „Ich lasse mich ungern blenden, weil hier nicht alle Gewinne, die vorher schon weggenommen worden sind, beinhaltet sind“, sagte er auf eine Frage nach der laut Studien niedrigen Gewinnmarge im Lebensmittelhandel.

Kritik von NEOS

NEOS-Landwirtschaftssprecherin Karin Doppelbauer kritisierte Köstinger. Es sei völlig bizarr, dass sich Köstinger für die längst überfällige Umsetzung einer EU-Richtlinie feiere, gegen deren verfehlte Umsetzung die EU-Kommission bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eingeleitet habe, so Doppelbauer in einer Aussendung.

Der Lebensmitteldiskonter Hofer hingegen begrüßt das neue Gesetz. „Unfaire Geschäftspraktiken lehnen wir kategorisch ab und stehen auch deshalb voll und ganz hinter dem neu geschaffenen Rechtsrahmen“, hieß es.