Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) 2019
APA/Helmut Fohringer
Schallenberg

Vom Diplomaten zum Kanzler

Noch-Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) wird am Montag als neuer Kanzler angelobt. Der Diplomat adeliger Herkunft bewegt sich bereits länger auf dem politischen Parkett, gilt insbesondere in EU- und Außenpolitik als versiert. Doch nun muss er sich auch in der Innenpolitik beweisen. Er gilt als enger Vertrauter seines Vorgängers, Sebastian Kurz (ÖVP), zählt aber nicht unbedingt zum innersten Kreis des ÖVP-Chefs.

Schallenberg wurde 1969 in Bern als Sohn des Botschafters und späteren Generalsekretärs im Außenministerium (1992 bis 1996), Wolfgang Schallenberg, geboren. Er wuchs in Indien, Spanien und Frankreich auf. Von 1989 bis 1994 studierte er Rechtswissenschaften in Wien und Paris, danach Europäisches Recht am Europacollege im belgischen Brügge.

Nach Belgien führte ihn auch sein erster Auslandsposten – an die österreichische EU-Vertretung in Brüssel, wo er fünf Jahre lang die Rechtsabteilung leitete. Zurück in Österreich machte sich Schallenberg als Pressesprecher der früheren Außenministerin Ursula Plassnik sowie später deren Nachfolger Michael Spindelegger (beide ÖVP) einen Namen.

Schon lange Kurz-Vertrauter

Als Kurz die Agenden des Außenministers übernahm, beförderte er den Kommunikationsprofi mit Mühlviertler Wurzeln zum Leiter für „strategische außenpolitische Planung“. Auch in den Regierungsverhandlungen nach der Nationalratswahl 2017 zählte Kurz auf seinen „Initimus“, wie Schallenberg in Medien genannt wurde. Selten habe er einen so talentierteren Minister erlebt, streute Schallenberg im Interview mit dem deutschen Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ Kurz als Außenminister Rosen.

Designierter Bundeskanzler Schallenberg im Porträt

Neuer Bundeskanzler wird der bisherige Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP), der als enger Vertrauter von Sebastian Kurz gilt.

So folgte Schallenberg Kurz auch ins Bundeskanzleramt, wo er während der türkis-blauen Regierungszeit die Stabsstelle Strategie und Planung leitete. Anschließend wurde er Außenminister in der Expertenregierung unter der ersten Bundeskanzlerin des Landes, Brigitte Bierlein. Schallenberg war dann nach der Neuwahl und der Regierungsbildung der einzige Minister, der in die ÖVP-Grünen-Regierung folgte.

Überraschende Rhetorik

Als Außenminister positionierte er sich wiederholt als Vertreter einer harten ÖVP-Linie – und das, obwohl er erst seit Kurzem Parteimitglied ist. Dabei überraschte er auch mit einer für einen Chefdiplomaten eher aggressiven Rhetorik – etwa nach dem Brand im griechischen Lager Moria. Da kritisierte er das „Geschrei“ nach Verteilung von Flüchtlingen. Er sei in dieser Frage „Überzeugungstäter“, sagte er Mitte September in der ORF-„Pressestunde“. Hartherzig wollte er sich dann aber auch nicht nennen lassen.

Israel-Flagge und Atombombe auf Wien

Für Aufsehen sorgte Schallenberg in jüngerer Zeit auch mit dem Hissen der israelischen Fahne auf seinem Regierungsgebäude als Reaktion auf die Eskalation in Nahost im Mai, aber auch in der Debatte über die Aufnahme von Afghaninnen und Afghanen nach der Machtübernahme der Taliban, die er an „ihren Taten messen“ wollte.

Im heurigen Jänner wollte das Außenministerium mit einem Werbevideo auf Gefahr, die von Nuklearwaffen ausgeht, hinweisen. Dass dafür in dem Spot eine Atombombe auf Wien geworfen und die Schäden veranschaulicht wurden, fanden viele eher geschmacklos.

Ab nun im Rampenlicht

In der Anfangsphase der Coronavirus-Krise wurde unter anderem die Rückholung von Österreicherinnen und Österreichern zum diplomatischen Kraftakt. Das Thema beschäftigte auch Schallenberg auf mehreren Ebenen – zuletzt reiste er zur UNO-Generalversammlung, die sich wesentlich um die Folgen der Pandemie drehte.

Nun wird Schallenberg noch viel öfter im Rampenlicht stehen. Über sein Privatleben ist wenig bekannt, er ist Vater von vier Kindern und geschieden.