Blick auf die Ausweichcontainer des Parlaments
ORF.at/Roland Winkler
NR-Sondersitzung

Kanzler-Erklärung und Misstrauensanträge

Der Wechsel an der Regierungsspitze von Sebastian Kurz zu Alexander Schallenberg (beide ÖVP) hat auch die Ausgangslage für die am Dienstag angesetzte Nationalratssondersitzung entschieden verändert. Misstrauensanträge wird es dennoch geben, der Start erfolgt mit einer Regierungserklärung.

Schallenberg und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) präsentieren sich um 10.00 Uhr dem Plenum. Im Zuge der daran anschließenden Debatte wird sich auch der neue ÖVP-Außenminister Michael Linhart vorstellen. Danach werden die Abgeordneten über den eigentlichen Anlass des Oppositionsverlangens für die Sondersitzung diskutieren: die Hausdurchsuchungen in der ÖVP-Parteizentrale und im Kanzleramt.

Die FPÖ will bei der Sondersitzung des Nationalrats einen Misstrauensantrag gegen die gesamte Regierung einbringen – sowohl gegen die türkisen als auch gegen die grünen Mitglieder. Auch die SPÖ ergreift die Initiative, will aber nur Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) das Misstrauen aussprechen. NEOS will keinen eigenen Misstrauensantrag einbringen, dafür ein Medientransparenzpaket.

ZIB Spezial mit Regierungserklärung

Nachdem mit Alexander Schallenberg (ÖVP) ein neuer Bundeskanzler angelobt wurde, findet am Dienstag eine Regierungserklärung mit anschließender Debatte statt. ORF2 berichtet in einer ZIB Spezial ab 9.30 Uhr.

FPÖ misstraut gesamter Regierung

FPÖ-Chef Herbert Kickl begründete am Montag den Misstrauensantrag auch gegen die grünen Regierungsmitglieder damit, dass diese das türkise „System“ durch Duldung weiterführten. Insbesondere an Kogler übte Kickl herbe Kritik: Angesichts der Ereignisse habe er einen „schweren Verdacht“ – es gehe den Grünen mehr um den Erhalt ihrer Regierungssitze als um die Sauberkeit im Land. In der Umbildung der Regierung („das, was zusammengeschustert wurde“) ortete Kickl ein „strategisches Manöver“, einen „Taschenspielertrick“: Das verdiene nicht den Begriff „Neustart“, sondern sei „Beruhigungspille“ oder „more of the same“.

Der FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl
APA/Herbert Pfarrhofer
Kickl will der gesamten Regierung das Misstrauen aussprechen

SPÖ nimmt Kurz’ „engsten politischen Vertrauten“ ins Visier

Die FPÖ plant auch weitere Anträge im Parlament, unter anderem zu einem „Stopp des Inseratenregimes des türkisen Systems“ sowie der COFAG (Covid-19-Finanzierungsagentur des Bundes GmbH).

Weniger umfassend ist der mögliche Misstrauensantrag der SPÖ, der sich nur gegen, den diesbezüglich schon erprobten, Minister Blümel richten soll. Eine entsprechende Initiative sei hoch wahrscheinlich, sagte der stellvertretende Klubchef Jörg Leichtfried am Montag. Schon fix ist eine Dringliche Anfrage, und die wird sich an den Finanzminister am Tag vor dessen Budgetrede richten: „Er ist jetzt der oberste Vertreter des System Kurz in der Regierung, der engste politische Vertraute von Kurz. Und sein Ministerium war auch Schauplatz der mutmaßlichen Korruption.“

Kurz will kein Schattenkanzler sein

Das System Kurz bleibe ohnehin bestehen, sagte Leichtfried. Der Druck, „den wir aufgebaut haben“, habe dazu geführt, dass die ÖVP Kurz als Kanzler nicht habe halten können. Die Volkspartei habe nach 35 Jahren nicht die Regierungsmacht aufgeben wollen: „Deshalb wurde Kurz als Kanzler geopfert.“ Aber er werde als Klubobmann Schattenkanzler sein und weiter die Fäden ziehen und die Aufklärung zu behindern versuchen, sagte Leichtfried.

Genau das dementierte Kurz am Montag schriftlich – er wolle sicher „kein Schattenkanzler“ sein: „Ich werde jedenfalls in meiner Funktion als Bundesparteiobmann und Klubobmann die Arbeit der Bundesregierung unterstützen, weil es das Beste für die Menschen in unserem Land ist.“

Kurz wurde am Montagabend offiziell und mit demonstrativer Unterstützung seitens seiner Partei einstimmig zum Klubobmann gewählt. Als Abgeordneter angelobt wird Kurz erst am Donnerstag. Er wird somit weder an der Sondersitzung am Dienstag, noch an der regulären Sitzung am Mittwoch zur Budgetrede als Abgeordneter teilnehmen.

Ausweichsquartier des Parlaments, Eingang Josefsplatz, Großer Redoutensaal
ORF.at/Roland Winkler
In der Hofburg, dem Ausweichquartier für Plenarversammlungen, stehen spannende Tage bevor

NEOS sucht nach „wirksamem Gegengift“

NEOS will am Dienstag einen Antrag auf Medientransparenzpaket einbringen, darin enthalten sei etwa eine Obergrenze für öffentliche Einschaltungen. Im Gegenzug soll die Presseförderung erhöht werden, sagte Parteichefin Beate Meinl-Reisinger: „Mit ganz klaren Kriterien für Inserate.“ Es gehe nun darum, dass man ein „wirksames Gegengift, ein Gegenmittel gegen dieses Gift Korruption findet“.

„Wir wollen allen konstruktiven Kräften die Hand reichen“, sagte Meinl-Reisinger: „Österreich braucht einen Neustart.“ Die Menschen würden es nicht verstehen, „wenn wir morgen zur Tagesordnung übergehen“. Obwohl die Regierungskrise „fürs Erste“ vorbei sei, schwebe über der türkis-grünen Regierung das Damoklesschwert, so Meinl-Reisinger, die dennoch keine Neuwahl will. NEOS wird auch keinen eigenen Misstrauensantrag einbringen, den von der SPÖ angekündigten gegen Blümel will die Partei aber unterstützen.