Aufregung über geplante Datenlöschaktion im Kanzleramt

Für Aufregung haben heute Pläne im Bundeskanzleramt gesorgt, laut denen Mails, die älter als ein Jahr sind, gelöscht werden sollen. Das entrüstete die SPÖ und motivierte sie zu einer Dringlichen Anfrage heute Nachmittag im Nationalrat.

„Ibiza“-U-Ausschuss-Fraktionschef Kai Jan Krainer sah die Arbeit des kommenden U-Ausschusses sabotiert. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) beantwortete die Anfrage stellvertretend für Alexander Schallenberg (ÖVP), der derzeit in Brüssel ist. Kogler verwies darauf, dass auch andere Ministerien ihre Daten bereits ins Bundesrechnungszentrum exportiert hätten. Auch von Krainer vorgebrachte Verdachtsmomente, wonach kurz vor der Hausdurchsuchung im Kanzleramt Transportunternehmen im Einsatz waren, wurden verneint.

Automatisierte Löschung von Daten

Die letzten Wochen haben gezeigt, wie folgenreich die Speicherung von Mails, Chats und Kalendereinträge werden kann. Um so heikler ist es, wenn öffentliche Stellen künftig Daten automatisch löschen wollen.

ÖVP und Grüne im Parlament forderten die Regierung in einem Entschließungsantrag auf, sicherzustellen, dass die notwendigen Akten- und Datenbestände für die Wahrnehmung der parlamentarischen Kontrollrechte aufbewahrt werden.

Krainer: „Wahrscheinlich größte Datenvernichtung der Zweiten Republik“

Krainer sprach von der „wahrscheinlich größte Datenvernichtung der Zweiten Republik“. Worum es genau geht: Laut einem der SPÖ vorliegenden Schreiben des Generalsekretärs im Kanzleramt, Bernd Brünner, sollten am 10. November die E-Mail-Postfächer der Bediensteten des Ressorts gelöscht werden. Allerdings werden dienstlich relevante Schreiben ohnehin via elektronischen Akt archiviert. Ausgenommen werden sollten zudem Nachrichten des vergangenen Jahres sowie solche, welche die Mitarbeiter behalten wollen.

Ob das Vorgehen im Kanzleramt legal wäre, konnte er nicht sagen, sei er doch kein Jurist: „Politisch geht es jedenfalls nicht.“ Das gelte umso mehr, als nach Informationen der SPÖ ähnliche Löschaktionen auch in anderen ÖVP-geführten Ministerien wie Finanz- und Innenressort in Planung seien.

SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried zeigte sich laut Aussendung „entsetzt“ über das Vorhaben aus dem Bundeskanzleramt, elektronische Daten zu löschen. Er übte auch scharfe Kritik an Vizekanzler Kogler, der in Vertretung des Bundeskanzlers die Dringliche Anfrage der SPÖ beantwortete und dabei keinerlei Kritik an der geplanten „großen Schredder-Aktion“ geübt habe.

Scharfe Kritik auch von FPÖ

Leichtfried brachte einen eigenen Entschließungsantrag für „Schluss mit Schreddern“ ein und warnte vor der „größten Löschaktion der Zweiten Republik“. Christian Hafenecker (FPÖ) traute dem Cybersicherheit-Argument auch nicht, während Helmut Brandstätter (NEOS) von der ÖVP generell das Abstellen der Unanständigkeit forderte.

Eva Blimlinger (Grüne) stieß sich vor allem daran, dass im Wissen um die Abwesenheit Schallenbergs Vizekanzler Kogler in die Anfragebeantwortung hineingezogen wurde: „Seid mir nicht böse, aber das ist ja echt kein Benehmen“, sagte sie in Richtung SPÖ. Wolfgang Gerstl (ÖVP) stieß sich an der Skandalisierung, obwohl das Kanzleramt seine Sicherheitsstrategie aktiv kundgemacht habe.