Die französische Politikerin Anne Hidalgo.
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Elysee

Hidalgo geht für Sozialisten ins Rennen

Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo ist die offizielle Präsidentschaftskandidatin der französischen Sozialisten. Sollte sie die Wahl gewinnen, wäre sie die erste Frau an der Spitze des Staates. Allerdings sieht es derzeit nicht danach aus. In Umfragen kommt die 62-Jährige nur auf vier bis sieben Prozent.

Hidalgo erzielte bei einer internen Abstimmung mehr als 72 Prozent der Stimmen, wie der Erste Sekretär der Sozialisten, Olivier Faure, am Donnerstag verkündete. Einziger Gegenkandidat war der Bürgermeister von Le Mans, Stephane Foll. Hidalgo ist nicht nur Französin, sondern als Tochter spanischer Einwanderer Spanierin. Bei einem Wahlsieg wäre sie auch die erste Präsidentin Frankreichs mit doppelter Staatsangehörigkeit.

Hidalgo will ihre erste große Wahlkampfveranstaltung am 23. Oktober in Lille abhalten. Die dortige Bürgermeisterin Martine Aubry ist ihre politische Mentorin. Angesichts der niedrigen Zustimmungswerte verweist Hidalgo gelassen darauf, dass die Umfragen sie bei der Kommunalwahl im März ja auch vorab zur Verliererin erklärt hatten. Gegner werfen ihr vor, bisher zu zurückhaltend aufgetreten zu sein.

Grüne Politik als Pariser Bürgermeisterin

Im Wahlkampf um das Pariser Rathaus hatte Hidalgo auf das Logo ihrer Partei verzichtet. Als Bürgermeisterin der Hauptstadt machte sie von Beginn an tiefgrüne Politik. Sie baute in den vergangenen Jahren Radwege aus, wandelte Parkplätze zu Straßencafes um und führte fast überall Tempo 30 ein. Sie wird dafür kritisiert, dass sie keine Rücksicht auf die Bewohnerinnen und Bewohner der Pariser Vorstädte nehme und keine Verbindung zur Provinz habe.

In den vergangenen Monaten war Hidalgo viel im Land unterwegs, um Vorwürfe auszuräumen, sie schaue nicht über den Pariser Tellerrand hinaus. Inoffizielle Wahlkampfhilfe bekam sie auch von ihrem Sohn Arthur, der medienwirksam die komplette Seine hinunterschwamm, um auf deren Gefährdung aufmerksam zu machen. Hidalgo hatte angekündigt, dass die Seine pünktlich zu den Olympischen Spielen 2024 in Paris sauber genug zum Baden sei.

Inhaltlich tritt sie für eine Verdopplung des in Frankreich vergleichsweise niedrigen Lehrergehalts und für eine Senkung der Benzinsteuer ein. Sie hat auch international bereits Kontakte in ihr Geburtsland Spanien und nach Deutschland geknüpft, wo sie SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz getroffen hat.

„Da kann noch einiges passieren“

In Hidalgos Amtszeit als Bürgermeisterin von Paris fielen die Anschläge auf die Redaktion von „Charlie Hebdo“, auf den Konzertsaal Bataclan und die Straßencafes. Auf der Pariser Klimakonferenz 2015 verpflichtete sie sich mit Bürgermeistern anderer Metropolen zu verstärktem Klimaschutz.

Der Parteichef der Sozialisten, Faure, traut Hidalgo trotz ihrer Parteiferne einiges zu. „Man rollt uns sicher keinen roten Teppich aus, aber da kann noch einiges passieren“, sagte er. Das Pariser Rathaus hatte bereits einem ihrer Vorgänger als Sprungbrett in den Elysee-Palast gedient, dem Konservativen Jacques Chirac, der es 1995 im dritten Anlauf schaffte. Allerdings war Chirac auf dem Land, im Departement Correze, gut verwurzelt.

Macron bleibt Favorit

Knapp sechs Monate vor der Präsidentschaftswahl deuten Umfragen auf eine Wiederwahl von Amtsinhaber Emmanuel Macron, der bisher allerdings nicht seine Kandidatur erklärt hat. Dass er erneut antritt, gilt aber als sicher. Der Staatschef profitiert von seinem Amtsbonus und dem Abflauen der Coronavirus-Pandemie in Frankreich. Die Opposition wirft ihm vor, „Wahlkampf mit dem Scheckbuch“ zu betreiben. Gerade erst versprach er der französischen Wirtschaft Finanzhilfen in Höhe von 30 Milliarden Euro, finanziert durch weitere Staatsschulden.

Mit der Bekanntgabe von Macrons Kandidatur wird für Jänner gerechnet, wenn Frankreich den rotierenden EU-Vorsitz übernimmt. Eines von Macrons Wahlkampfproblemen dürfte darin bestehen, dass er nicht weiß, mit welchem Gegner er in der Stichwahl zu rechnen hat. „Er hatte gedacht, erneut gegen (die Rechtspopulistin Marine) Le Pen anzutreten, aber das ist längst nicht mehr sicher“, sagte ein Abgeordneter.

Konkurrenz im rechtsextremen Lager

Denn der rechtsextreme Publizist Eric Zemmour hat Le Pen in Umfragen inzwischen überholt. Le Pen hat seit Juni etwa 13 Punkte in den Umfragen verloren und weiß nicht recht, wie sie auf Zemmour reagieren soll. Er sei „kein Gegner, sondern ein Konkurrent“, sagte Le Pen ausweichend über Zemmour. Viele von dessen Ansichten teilt sie. Allerdings bemüht sich Le Pen seit Jahren um ein gemäßigtes Image, was den Hardlinern in ihrer Partei nicht gefällt. Inzwischen greift Le Pen aber auf die klassischen Themen der Rechtspopulisten zurück und verspricht im Fall ihres Wahlsiegs einen Volksentscheid zur Einwanderung.

Konservative entscheiden im Dezember

Im konservativen Lager scheint es auf den ehemaligen Arbeitsminister Xavier Bertrand hinauszulaufen. Etwas peinlich ist allerdings für die Republikaner, dass ihr aussichtsreichster Kandidat sich weigert, wieder in die Partei einzutreten. Er hatte sie 2017 verlassen, will sich aber dennoch von ihr unterstützen lassen. Der Parteitag soll am 4. Dezember darüber abstimmen – was viele im konservativen Lager als zu spät empfinden.

Angesichts der Aufregung über die Umfragen erinnern manche an den Oktober 2016. Damals war der konservative Alain Juppe der große Favorit, der am Ende aber gar nicht antrat. Stattdessen wurde Francois Fillon Kandidat der Konservativen, der aber nach diversen Skandalen nur auf Platz drei landete. Und Zeit für neue Skandale und Trendwenden ist schließlich noch reichlich.