Auch die EU ist direkt davon betroffen. Will doch etwa Frankreich, dass Atomenergie künftig in der EU als „grüne Investition“ für die Energiewende gilt – ein Atomlobbyismus, der auch die Investoren in Uran freut. Die geplante Energiewende soll fossile Brennstoffe zurückdrängen und die Klimakrise durch erneuerbare Energie abfedern, ob AKWs dabei auch gefördert werden sollen, ist politisch höchst umstritten.
Auf politischer Ebene bewirke die kleine Energiekrise jetzt auch eine größere Bereitschaft des Westens, die Lebensspanne der bereits existierenden AKWs weiter auszunutzen und AKWs nicht vorher abzuschalten, so etwa der Experte Rob Crayfourd in der „Financial Times“. Der Vorteil der Atomenergie liege für die Regierungen auf der Hand – eine sichere Energiequelle.

Rapider Preisverfall nach Fukushima-Katastrophe
Derzeit befindet sich der Preis für Rohuran, auch genannt Yellowcake, wegen der Spekulationen wieder im Anstieg, so auch das „Wall Street Journal“. Dahinter steckt vor allem die Investorfirma Sprott mit Sitz in Kanada. Nach dem Unglück im japanischen AKW Fukushima im Frühjahr 2011 und der darauffolgenden Ankündigung etwa Deutschlands, aus der Atomkraft auszusteigen, waren die Preise rapide gefallen.
Nun gilt der Aufkauf von Yellowcake offenbar als ein einfacher Weg, möglicherweise schnell Geld zu machen. Laut der „Financial Times“ stieg der Preis für Rohuran im letzten Monat auf 50 Dollar (43 Euro) je Pfund, den höchsten Preis seit 2012. Dieser Anstieg hat auch noch andere Investoren auf den Rohuranmarkt aufmerksam gemacht. Die „Financial Times“ sieht Ähnlichkeiten zu der Rallye 2007, als Spekulanten den Yellowcake-Preis von 20 Dollar (17 Euro) pro Pfund auf den Rekord von 136 Dollar (117 Euro) im Juni desselben Jahres hinauftrieben.

Zwischen Spekulation und AKW-Boom-Hoffnung
Die jetzigen Entwicklungen sind offenbar zweigeteilt. Einerseits erklärten sich die derzeitigen kurzfristigen Preisschwankungen durch die raschen Ein- und Verkäufe und seien nicht etwa auf Knappheit bei den Minen zurückzuführen, so das „Wall Street Journal“ – also reine kurzfristige Spekulation mit dem Rohstoff.
Andererseits setzt man mittel- und langfristig auf einen neuen AKW-Boom. Und der in den letzten Jahren „verschlafene Markt“ nimmt laut „Wall Street Journal“ aus diesen Gründen an Fahrt auf. Händler schätzen laut der Zeitung, dass zwischen 35 und 45 Mio. Kilogramm 2021 gehandelt werden, im Unterschied zu rund 25 Mio. in einem typischen Jahr, so die Zeitung.
CO2-Reduktion: Großbritannien setzt auf neues AKW
Auch in Europa wird über die zukünftigen Energiequellen gestritten. So setzt die Regierung in London weiter auf Atomkraft, um ihre Klimaziele zu erreichen. Noch vor der Wahl im Jahr 2024 soll im Rahmen ihrer Klimastrategie die Finanzierung eines neuen Kernkraftwerks erfolgen, berichtete „The Telegraph“ Mitte Oktober. „Wir versuchen, in den nächsten Jahren mindestens ein weiteres großes Atomprojekt zu genehmigen, um die Energiesicherheit zu stärken und Tausende von Arbeitsplätzen zu schaffen“, sagte ein Regierungssprecher der Nachrichtenagentur Reuters.
Als Standort für ein weiteres Atomkraftwerk werde der Standort Sizewell C in der südostenglischen Grafschaft Suffolk in Betracht gezogen, schreibt das Blatt unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Bis zum Jahr 2035 will Großbritannien die Kohlenstoffemissionen auf null drücken.

Auch Frankreich investiert erheblich in AKWs
Frankreich hatte erst wenige Tage zuvor ebenfalls ein Bekenntnis zur Atomkraft, der wichtigsten Energiequelle des Landes, abgegeben. Präsident Emmanuel Macron kündigte Mitte Oktober über eine Milliarde Euro für den Bau kleiner Atomkraftwerke und zur Entwicklung neuer Technologien für den Umgang mit Atommüll an. Es ist das erste Mal seit Jahren, dass Frankreich erhebliche Investitionen in Aussicht stellt.
Die Atomindustrie sei „ein Glück für das Land“, sagte Macron in seiner Rede vor Unternehmen und Studierenden im Elysee-Palast. Sie ermögliche es Frankreich, „zu den europäischen Ländern zu zählen, die am wenigsten CO2 bei der Stromproduktion ausstoßen“.
Doch nicht nur der Klimaaspekt, auch die Unabhängigkeit von Gas oder Kohle aus anderen Staaten sind in der französischen Atomkraftdebatte immer wieder ein gewichtiges Argument. Befürworter verweisen stets auch auf die im europäischen Vergleich niedrigen Strompreise – gerade angesichts der aktuellen Preisentwicklung.
Paris macht Druck auf EU: Atomkraft „grüne Investition“
Frankreich ist ein Atomenergieland – rund 70 Prozent des produzierten Stroms stammen aus Atomkraftwerken. Gleichzeitig gibt es dort dieselben Bedenken wie im Rest der Welt. Frankreich hat sich daher eigentlich verpflichtet, bis 2035 den Anteil des Atomstroms von seinen rund 70 auf 50 Prozent herunterzufahren, ein Dutzend alte Reaktoren abzuschalten und zugleich erneuerbare Energien auszubauen.
Doch der Enthusiasmus für diesen Atomausstieg scheint zusehends zu schwinden. Gerade im Zuge der Klimadebatte versucht Frankreich derzeit gegen den Willen anderer Länder auch, Atomkraft von der EU als „grüne Investition“ anerkennen zu lassen und so Gelder mobilisieren zu können. Es brauche Atomkraft, um die Energiewende zu schaffen, so das Kernargument.