Meinungsforscher: Branchenverband widerspricht OGM-Kritik

Nach dem Ausschluss des Meinungsforschungsinstituts OGM aus dem Verband der Markt- und Meinungsforschungsinstitute Österreichs (VdMI) geht der Streit in der Branche weiter. Der Verband wehrt sich gegen Kritik, die von OGM-Chef Wolfgang Bachmayer geäußert wurde.

Der VdMI schloss am Montag mit dem OGM eines der führenden Mitglieder des Verbandes aus – Bachmayer habe gegen Verbandskriterien verstoßen. Konkret geht es um eine Sonntagsumfrage, die rein online durchgeführt wurde, entgegen den unter Beteiligung Bachmayers festgelegten Verbandskriterien.

Bachmayer sagte, kaum jemand sei noch am Festnetztelefon erreichbar, Onlineumfragen lieferten gute Ergebnisse. Er vermutete Geschäft hinter diesen Kriterien, da im VdMI einige Telefondienstleister vertreten seien.

Gegenüber der APA verteidigte er sein Vorgehen: Handybefragungen brächten etwa eine nicht bekannte regionale Verteilung und rechtliche Probleme bei der automatisierten Wahl von Zufallsnummern. Mittlerweile gebe es viele gute qualitative Gründe dafür, auf „online only“ umzusteigen.

VdMI-Chefin: Vorwürfe „absurd“

Die Vorwürfe bezeichnete VdMI-Chefin Edith Jaksch in einem Statement gegenüber ORF.at als „absurd. Ich bin Vertreterin des VdMI und spreche weder für mich noch für die Telefondienstleister.“ Die Erhebung der Sonntagsfrage sei „für kein Institut ein wirtschaftlicher Faktor“, doch sie stehe „bei den Qualitätskriterien zu Recht im Fokus. Die Anwendung des Methodenmix bei der Sonntagsfrage steht innerhalb des Verbandes bei allen Mitgliedern außer Streit“, so Jaksch weiter.

Hintergrund ist die ÖVP-Affäre von Ex-Kanzler Sebastian Kurz und seinem Umfeld: Schließlich werden zwei Branchenvertreterinnen, Sabine Beinschab und Sophie Karmasin, als Beschuldigte in der Causa geführt. Es gilt die Unschuldsvermutung. Beide sind allerdings nicht Mitglieder des VdMI, dieser pocht trotzdem auf eine strikte Umsetzung der selbst auferlegten Regeln.

Umfragemethoden laut Verband unumstritten

Der Methodenstreit könne Folgen für Medien haben, da diese mit Umfragen unterschiedlich umgehen, hieß es im Ö1-Mittagsjournal. Die Umfrage, die nun zum Ausschluss des OGM geführt hat, wurde im „Kurier“ veröffentlicht. Die Zeitung lege Wert darauf, dass sie alles richtig gemacht habe und nichts mit dem Methodenstreit der Institute zu tun habe, berichtete Ö1.

Innerhalb des VdMI steht außer Frage, dass reine Onlinebefragungen nicht ausreichen. Bei Wahlumfragen würde damit ein Teil der Bevölkerung einfach ausgeschlossen, heißt es. Ö1 bezieht sich auf Zahlen der Statistik Austria, wonach 2020 ein Drittel der 65- bis 74-Jährigen noch nie im Leben das Internet genutzt haben.

IFES-Chefin verweist auf ausgeschlossene Bevölkerungsgruppen

Auch Eva Zeglovits vom IFES-Institut verwies auf APA-Anfrage darauf, dass eine reine Onlinebefragung automatisch zwei Bevölkerungsgruppen ausschließe – und zwar alte Menschen ohne Internet und Menschen mit Leseproblemen.

Zeglovits, sie ist Mitautorin des Kriterienkatalogs, sagte, dass Onlineumfragen nicht per se problematisch seien. „Es gibt großartige Onlineumfragen“, so die Statistikerin gegenüber der APA, aber: „So gut kann das Panel gar nicht sein. Wenn es zwei Gruppen gibt, die ich strukturell nicht erreichen kann, dann habe ich hier eine Verzerrung, die ich mitdenken muss.“

Ogris sieht „berechtigten Methodenstreit“

Günther Ogris von SORA – ebenfalls VdMI-Mitglied – plädiert zwar bei Wahlumfragen klar für einen Methodenmix. Insbesondere Fragen zur Bekanntheit von Politikern könne man mit einem (Online)Panel nicht klären. Er sieht im aktuellen Fall aber einen „berechtigten Methodenstreit“, weil auch die Mediennutzung einem permanenten Wandel unterliege. Aus seiner Sicht brauchte es daher mehr Grundlagenforschung zur Frage, wie Stichproben am besten gezogen werden können.