Menschen mit Maske in Einkaufsstraße
AP/Florian Schroetter
CoV-Plan erweitert

Lockdown für Ungeimpfte als letzte Stufe

Die Regierung hat Freitagabend angesichts der steigenden Neuinfektionszahlen einen Ausbau des „Stufenplans“ zur Eindämmung der CoV-Lage präsentiert. Die Maßnahme zielt auf Ungeimpfte ab und sieht für diese scharfe Einschränkungen bis hin zu einem Lockdown vor – allerdings erst bei einer Auslastung der Intensivstationskapazitäten von 30 Prozent.

Aktuell bleiben die Maßnahmen gleich, es gilt weiterhin Phase eins des nun auf fünf Stufen erweiterten Planes. Dennoch reagierte die Opposition mit Skepsis auf den Plan. Skrupellosigkeit und Unmenschlichkeit hielt FPÖ-Chef Herbert Kickl der Koalition vor. NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker gab zu bedenken, es sei nicht ausreichend, Maßnahmen zu definieren, die erst dann wirken, „wenn wir ohnehin schon an einer Notlage kratzen“. Die Regierung müsse zusätzlich zu Infokampagnen endlich jenen, die noch nicht geimpft sind, Impftermine zuschicken und zudem flächendeckend Antikörpertests ausrollen, wiederholte Loacker eine NEOS-Forderung.

Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) erläuterte am Freitag, man sehe die „Pandemie noch nicht in unserem Rückspiegel. Wir sind drauf und dran, in eine Pandemie der Ungeimpften zu stolpern“, das gelte es zu verhindern. Einen Lockdown für Geimpfte schloss der Kanzler aus. Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) betonte. „Die neuen Schritte betreffen vor allem Menschen ohne Impfschutz.“ Beide appellierten an Nichtgeimpfte, sich impfen zu lassen. Auf ihren Schultern laste eine große Verantwortung, so Schallenberg in Richtung dieser Gruppe.

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein und Bundeskanzler Alexander Schallenberg
APA/Michael Gruber
Mückstein und Schallenberg bereiteten sich am Freitag auf drohende Verschärfungen vor

Stufe eins bringt keine Neuerungen

Wie geplant bestehen bleiben die Stufen eins bis drei. Stufe eins (ab 200 belegten Betten) ist seit 15. September in Kraft. Diese brachte die FFP2-Pflicht zurück (etwa in Supermärkten und sonstigen Lebensmittelgeschäften, Apotheken und in öffentlichen Verkehrsmitteln). Im sonstigen Handel (beispielsweise Kleider- und Elektrohandel) gilt die bundesweite Vorgabe zur FFP2-Pflicht nur für jene, die weder geimpft noch genesen sind. Alle anderen können ohne Schutz in die Geschäfte.

Schärfere Bestimmungen gelten bereits in Wien und in Salzburg, dort ist im gesamten Handel die FFP2-Maske Pflicht. Für Veranstaltungen ab 25 Personen gilt seit Mitte September die „3-G-Regel“ (zuvor nur ab 100 Personen). Antigentests sind in Stufe eins nur 24 Stunden lang für einen „3-G“-Nachweis gültig (statt zuvor 48 Stunden). PCR-Tests können wie auch davor 72 Stunden lang verwendet werden. In Wien gibt es allerdings auch in diesem Bereich strengere Vorgaben als in Restösterreich: Antigen-Tests haben (außer für Kinder unter zwölf Jahren) keine Gültigkeit. Der PCR-Test gilt nur 48 Stunden (für Kinder unter zwölf Jahren 72 Stunden).

Regierung gibt weitere CoV-Maßnahmen bekannt

Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) informieren nach den Verhandlungen mit den Landeshauptleuten über CoV-Maßnahmen. Der CoV-Stufenplan wird demnach um zwei Stufen erweitert. Ab Stufe fünf wird es Ausgangsbeschränkgungen für ungeimpfte Menschen geben.

Wohl bald in Stufe zwei

Stufe zwei tritt sieben Tage nach Überschreitung einer Intensivstationsauslastung von 15 Prozent (300 Betten) in Kraft. Mückstein geht davon aus, dass das bald der Fall sein wird. Diese würde für die Nachtgastronomie (und „ähnliche Settings“) eine „2-G-Regel“ bringen – ebenso für Veranstaltungen ohne zugewiesene Sitzplätze mit mehr als 500 Personen. Außerdem sind dann die Antigen-Tests mit Selbstabnahme („Wohnzimmertests“) nicht mehr als Nachweis für „3-G“-Bereiche einsetzbar.

Wartefrist vor Stufe drei fällt weg

Sollte es zu einer Auslastung von 20 Prozent (400 Betten) kommen, dann tritt Stufe drei in Kraft. In Bereichen mit „3-G“ verliert der Antigen-Test in dieser Phase gänzlich seine Gültigkeit. Zutritt zu Gastronomie und Co. hätten damit nur noch Geimpfte, Genesene und Personen mit aktuellem PCR-Test. Seit Freitag neu ist, dass diese Maßnahme sofort bei Überschreiten des Grenzwerts in Kraft tritt. Die bisher vorgesehene Sieben-Tage-Wartefrist fällt weg.

Phase vier bringt „2-G“ in fast allen Bereichen

Die neue Phase vier des Plans wird bei einer Auslastung von 25 Prozent bzw. 500 belegten ICU-Betten schlagend. Vorgesehen ist dann eine „2-G“-Regel in allen „3-G“-Bereichen: Ungeimpften wird damit der Eintritt etwa in Gastronomie, Hotellerie, zu Veranstaltungen, Kultureinrichtungen, Freizeiteinrichtungen oder Sportveranstaltungen untersagt. Das gilt dann auch bei Vorlage eines negativen Tests – egal ob Antigen oder PCR. Genaue Details werden laut Gesundheitsministerium noch ausgearbeitet, betroffen sein könnten aber etwa auch körpernahe Dienstleister wie beispielsweise Friseure, für die man derzeit einen „3-G“-Nachweis braucht.

Phase fünf sieht Lockdown für Ungeimpfte vor

Sollte die Intensivstationsauslastung sogar 600 Betten übersteigen (bzw. 30 Prozent), dann kommt es zu Phase fünf, in der die als „kritisch“ geltende 33-prozentige Auslastung der Intensivkapazitäten mit CoV-Patienten nahezu erreicht wäre. Diese Stufe bringt „Ausgangsbeschränkungen“ für Ungeimpfte – den bereits aus früheren Pandemiephasen bekannten Lockdown. Damit wäre für all jene, die weder eine Impfung noch einen aufrechten Genesungs-Status vorweisen können, das Verlassen des eigenen privaten Wohnbereichs nur noch in Ausnahmefällen gestattet. Erlaubt ist dann etwa noch die Grundversorgung (wie Einkäufe) oder der Weg zur Arbeit.

Kritik und Konter

Mit den beiden neuen Stufen drohe für Millionen gesunde und symptomfreie Menschen eine Quarantäne von heute auf morgen, warnte FPÖ-Chef Kickl am Samstag. Da es offenbar auch beim dritten Stich sehr viele Bürger gebe, die noch abwarten, könnten damit auch geimpfte Menschen nach Ablauf der Gültigkeitsfrist ihrer Impfung eingesperrt werden. „Bei Herbert Kickl wundert mich gar nichts mehr“, entgegnete Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). Mit ihrer Antiimpfpropaganda sabotierten die FPÖ und deren Obmann dauerhaft den Kampf gegen die Pandemie und gefährdeten damit Menschenleben.

Vonseiten der SPÖ ließ am Samstag der Salzburger Parteichef David Egger verlauten, er halte wenig von „Drohgebärden wie einem Lockdown nur für Ungeimpfte“, da diese „den gesellschaftlichen Unfrieden, aber bestimmt nicht die Impfwilligkeit“ befeuerten. Orientieren solle man sich auf Bundesebene am Modell einer Impflotterie, das das Burgenland mit derzeit 69,6 Prozent Geimpften zum bundesweiten Spitzenreiter avancieren ließ.

Bundesländer tragen Plan mit

Dennoch wurde der gestrige Beschluss des bundesweiten Fünfstufenplans zur Eindämmung der Pandemie auch von den SPÖ-regierten Bundesländern mitgetragen und abgesegnet. Der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) hält aber einen Lockdown für Ungeimpfte für unwahrscheinlich. Diese letzte Stufe werde nur greifen, wenn die Belegung der Intensivstationen mit CoV-Patienten völlig aus dem Ruder laufe – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Die Generaldirektorin für die Öffentliche Gesundheit, Katharina Reich, betonte am Samstag im Ö1-„Mittagsjournal“, dass das Ziel sei, die Stufe vier zu vermeiden. Sie glaube, es gebe noch die Chance, „die Kurve zu kratzen“. Wenn aber der Trend fortschreite, werde es „ganz grimmige Situationen“ in den Spitälern geben: Dann müssten drastische Maßnahmen gesetzt werden.