Seehofer: Mehr Kontrollen an deutsch-polnischer Grenze

Deutschlands Innenminister Horst Seehofer (CSU) hat Verständnis für den geplanten Bau einer Grenzbarriere an Polens Grenze zu Belarus geäußert. „Es ist legitim, dass wir die Außengrenze so schützen, dass unerkannte Grenzübertritte an der grünen Grenze verhindert werden“, sagte Seehofer der „Bild am Sonntag“. Er kündigte an, die Kontrollen im deutsch-polnischen Grenzgebiet zu verstärken.

Acht Hundertschaften der Polizei habe er bereits zur Unterstützung der Bundespolizei dorthin entsendet. „Falls notwendig, bin ich bereit, dort noch weiter zu verstärken. Wir werden den Grenzraum und die grüne Grenze zu Polen engmaschig kontrollieren.“

Überlegungen zu regulären Grenzkontrollen

Auch eine reguläre Grenzkontrolle wie an der deutsch-österreichischen Grenze zieht Seehofer in Betracht. „Wir haben in der vergangenen Woche die Verlängerung der Kontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze für weitere sechs Monate in Brüssel angemeldet“, sagte Seehofer.

„Sollte sich die Situation an der deutsch-polnischen Grenze nicht entspannen, muss auch hier überlegt werden, ob man diesen Schritt in Abstimmung mit Polen und dem Land Brandenburg gehen muss.“

Auch die kommunalen Spitzenverbände befürworten laut einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschlands (RND) verstärkte Grenzkontrollen. „Die Kommunen erwarten, dass die Bundesregierung und die EU die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um den illegalen Zustrom zu stoppen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, dem RND.

Ausnahmezustand an polnisch-belarussischer Grenze

Seit August haben Tausende Menschen, mehrheitlich aus dem Nahen Osten und Afrika, versucht, von Belarus aus in die EU zu gelangen. Die EU geht von einer Vergeltungsaktion des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko für Brüsseler Sanktionsbeschlüsse aus. Es wird vermutet, dass die belarussischen Behörden die Menschen gezielt ins Land holen und an die Grenzen zu den östlichen EU-Staaten schleusen.

Polen hat inzwischen 6.000 Soldaten an der Grenze zu Belarus stationiert und einen Ausnahmezustand verhängt, der Journalistinnen und Journalisten wie auch Hilfsorganisationen den Zugang zur Grenze verbietet. Asylsuchende und Migranten sitzen laut dem Flüchtlingshilfswerk UNHCR seit Wochen „unter immer schlimmeren Bedingungen“ an der Grenze fest. Mit dem nahenden Winter wird eine weitere Verschlechterung der Situation befürchtet.

Protest gegen schlechte Behandlung von Geflüchteten

Mit Sprechchören wie „Schande“ und „Niemand ist illegal“ protestierten gestern allen voran polnische Mütter in der Grenzregion zu Belarus gegen die schlechte Behandlung von Geflüchteten – insbesondere von Flüchtlingskindern. „Wir können nicht tatenlos zusehen, wenn Kinder wochenlang in kalten, nassen, dunklen Wäldern auf polnischem Territorium ausharren“, erklärten die Organisatoren der Veranstaltung auf Facebook.

Drei frühere polnische First Ladies unterstützten die Forderungen. Jolanta Kwasniewska und Anna Komorowska nahmen persönlich an einer Protestaktion vor dem örtlichen Hauptquartier der Grenzwacht in der östlichen Stadt Michalowo teil, wie die Agentur PAP gestern berichtete. Danuta Walesa, die Frau des Friedensnobelpreisträgers Lech Walesa, unterstützte den Appell aus der Ferne.