„Königin der Nacht“: Kohn-Buch mit Kultstatus

Wenn Wien eine „Königin der Nacht“ hat, dann muss man die nicht notwendigerweise in der Staatsoper suchen. Der Szenefigur Marianne Kohn, Urgestein der Wiener Barkultur, hat die Autorin und Fotografin Ela Angerer ein Buch gewidmet, das seit dem Erscheinen schon Kultstatus hat. „Königin der Nacht. Marianne Kohn und die wilden Jahre der Wiener Szene“ heißt das im Brandstätter-Verlag erschienene Werk.

Kohn überblickt als Wiener Szenepersönlichkeit Jahrzehnte des Umbruchs. Mit ihren schrillen Outfits und ihrer freiheitsliebenden Art revolutionierte sie die Wiener Szene – und gilt mittlerweile als Legende der Wiener Barkultur. Ihren ersten Job hinter der Bar nahm sie erst sehr spät, mit 30, an – im Szenelokal Schoko –, dann ging es rasant bergauf. In den schnellen, wilden 80er Jahren war sie aus der Partyszene nicht wegzudenken.

Mariann Kohn und Ela Angerer im Wiener U4
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Marianne Kohn und Autorin Ela Angerer (r.)

Stationen eines wilden Lebens

Von 1983 bis 1987 leitete sie den legendären Wiener Club U4, danach das Cafe Europa, sie organisierte Clubbings und Events, u. a. im Technischen Museum. Und sie kannte und kennt sie alle: die Stars und Künstler wie Jimi Hendrix, Andy Warhol, Helmut Lang, Quentin Tarantino, Udo Kier, Falco und Niki Lauda. Seit 1995 führt Marianne Kohn die 1908 von Adolf Loos gestaltete American Bar in der Wiener City, die winzigste Bar der Stadt, auch als „Loos-Bar“ bekannt.

Das Buch ist eine Zeitreise durch die wilden Jahre des Wiener Nachtlebens, das damals noch keine Sperrstunde kannte. Es bewahrt auch Anekdoten und Auseinandersetzungen zwischen Promis wie Helmut Lang und Falco auf. „Wer sich an die 80er erinnert, hat sie nicht erlebt“ – gilt für dieses Buch nicht. Eher porträtiert es eine Stadt, die spät, aber doch aus dem Dämmerschlaf erwacht ist und sich gerade in dieser Zeit zunehmend internationalisiert hat. Kohn ist gerade für ihre Offenheit der Welt, aber auch ihre Strenge – wer dazugehört und wer nicht – eine Marke geworden. Für diese Marke gibt es nun endlich ein haltbares Dokument neben allen kolportierten Mythen.