Hamdok sei wieder zurück in seinem Haus in der Hauptstadt Khartum, hieß es am Dienstagabend. Das berichtete die Nachrichtenagentur AP, die sich auf eine anonyme Quelle im Militär berief. Das Haus sei „unter strenger Bewachung“, so der Beamte laut AP. Er sagte jedoch nicht, ob Hamdok und seine Frau sich frei bewegen oder telefonieren können.
Zuvor hieß es noch, dass Hamdok in der Residenz des höchsten Offiziers der Armee, des Generals Abdel Fattah al-Burhan, festgehalten werde. Man habe Hamdok zu seiner eigenen Sicherheit in die Residenz gebracht, sagte Burhan während einer Ansprache heute. „Er ist bei mir zu Hause.“ Burhan sagte, dass die Situation in dem Land zu „einem Bürgerkrieg führen“ hätte können.

Man habe mehr als einmal versucht, mit den politischen Kräften eine Lösung zu finden. Immer wieder sei das Militär dabei das Ziel einer zivilen Hetzkampagne geworden. Nachdem der politische Dialog gescheitert sei, habe man sich zu der Machtübernahme am Montag entschlossen, so der Militärchef.
Hamdoks Büro rief zu Protesten auf
Vorausgegangen waren dem Putsch monatelange Proteste, in denen Menschen politische und wirtschaftliche Reformen und den Rückzug des Militärs aus der Übergangsregierung forderten. Das Büro Hamdoks kündigte nun am Dienstag an, dass man mit Protesten und zivilem Ungehorsam Widerstand gegen den Umsturz leisten werde. Die Mitteilung erschien auf der Facebook-Seite des Informationsministeriums.
Diesem Aufruf folgten am Tag nach der Machtergreifung durch das Militär prodemokratische Demonstranten, die Straßen in der Hauptstadt Khartum mit behelfsmäßigen Barrikaden und brennenden Reifen blockierten. Am Montag soll das Militär auf die Menschenmenge geschossen haben, wobei nach Angaben von Ärzten vier Demonstranten getötet wurden. Die BBC berichtet unterdessen, dass seit Beginn der Unruhen mindestens zehn Menschen getötet wurden.
Staatsstreich wahrscheinlich schon länger geplant
Der britische Sender vermutet auch, dass der Staatsstreich schon länger geplant gewesen sein dürfte. Darauf deute die Tatsache hin, dass Burhan eine lange Liste von Ministern zusammengestellt und versprochen habe, innerhalb von zwei Tagen die Ernennung der Höchstrichter anzukündigen.

Am Dienstag trat auch der UNO-Sicherheitsrat wegen der Situation in dem afrikanischen Staat zusammen. Vor der Sitzung sagte UNO-Generalsekretär Antonio Guterres, dass er sich von den Mitgliedern entschlossenes Handeln wünsche. Einheit sei wichtig, um der „Epidemie von Staatsstreichen“ in jüngster Zeit zu begegnen.
Diplomatenangaben zufolge konnte man sich jedoch vorerst nicht auf eine gemeinsame Stellungnahme einigen. China und Russland hätten mit Blick auf einen Entwurf Änderungen gefordert. Aus Sicherheitsratskreisen hieß es nach der Dringlichkeitssitzung, die beiden Länder sähen die Vorkommnisse in Khartum nicht als Putsch – den andere Ratsmitglieder als solchen verurteilen wollten. Es werde an einem Kompromiss gearbeitet, der womöglich am Mittwoch stehen könnte.
EU droht mit Entzug von Finanzhilfen
Das Ausland übte am Dienstag scharfe Kritik. Die EU drohte mit dem Entzug der Finanzhilfen: Der Versuch, den Übergangsprozess im Sudan zu unterminieren, sei „inakzeptabel“, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Dienstagabend im Namen der 27 Mitgliedsstaaten in Brüssel. „Wenn die Situation nicht sofort rückgängig gemacht wird, wird das ernste Konsequenzen für das Engagement der EU haben, die finanzielle Unterstützung eingeschlossen.“

Aus EU-Kreisen hieß es, das könne etwa noch nicht getätigte Zahlungen an das nordostafrikanische Land betreffen. Die europäischen Finanzhilfen belaufen sich seit 2016 auf insgesamt 500 Millionen Euro. Auch könnten die 27 EU-Staaten Sanktionen gegen die Drahtzieher des Putsches beschließen, allen voran Armeechef Burhan. Auch die USA forderten die Rückkehr zu einer zivilen Regierung, während sich die Afrikanische Union und die Arabische Liga über die Entwicklung besorgt zeigten.
„Souveräner Rat“ übernahm 2019 Regierungsgeschäfte
Im Sudan hatte nach dem Sturz von Machthaber Omar al-Baschir 2019 ein „Souveräner Rat“ die Regierungsgeschäfte übernommen, in dem sich das Militär und Zivilisten die Macht teilten. Seitdem befand sich das Land in einer Übergangsphase, die 2023 mit der Einsetzung einer zivilen Regierung enden sollte. Hohe Inflation, wirtschaftliche Probleme und tiefe politische Spaltungen verschärften jedoch die Lage.
Die Übergangsregierung befand sich bereits zuvor in einer Situation, die Hamdok als „schwerste und gefährlichste Krise“ seit dem Sturz des autoritären Langzeitmachthabers Baschir bezeichnete. Bereits am Samstag hatten Befürworter einer zivilen Regierung vor einem „schleichenden Staatsstreich“ gewarnt. Hamdok bezeichnete zu dem Zeitpunkt jedoch Berichte, wonach er einer Kabinettsumbildung zugestimmt habe, als „nicht zutreffend“. Er betonte außerdem, dass er nicht das Recht habe, über das Schicksal der Übergangsregierung zu entscheiden.