Sonnenuntergang über einer Herbstwiese
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Später auf, früher finster

Zeit für die herbstliche Zeitumstellung

In der Nacht auf Sonntag war wieder Zeit für den herbstlichen Zeitsprung: Um 3.00 Uhr wurden die Uhren um eine Stunde zurückgestellt. Jetzt ist es wieder früher hell und dafür nachmittags früher finster. Jährlich zweimal stellt sich die Frage über Sinnhaftigkeit, Risiken und Nebenwirkungen der Zeitumstellung. Die EU-Diskussion über eine mögliche Abschaffung wird langsam zum Running Gag – und liegt weiter auf der langen Bank.

Rein technisch ist der Zeitwechsel kaum mehr der Rede wert: Handyuhren und Zeitanzeigen von smarten Haushaltsgeräten überspringen die Stunde im Normalfall automatisch. Sie bekommen, wie auch die meisten Uhren im öffentlichen Raum, ein Signal von der Atomuhr bei Frankfurt. Eine größere Herausforderung ist für viele Menschen die Umstellung der Digitalanzeige in älteren Autos und noch schwieriger die der inneren Uhr.

Müdigkeit und Schlappheit, Einschlafprobleme und Schlafstörungen, eine schlechtere Konzentration und Übellaunigkeit: Die in Umfragen meistgenannten Probleme mit der Zeitumstellung klingen nicht dramatisch, aber doch zumindest lästig. Vor allem Eltern beklagen in den traditionellen Befragungen die einstündige Zeitverschiebung – kein Wunder, der eigene Schlafhaushalt lässt sich leichter austricksen (mit Koffein zum Beispiel) als jener von Kindern.

Tradition erfüllt ihren Ursprungszweck nicht

Kritikerinnen und Kritiker der Zeitumstellung führen neben gesundheitlichen Belastungen ins Feld, dass diese ihren ursprünglichen Zweck nicht erfüllt. Eigentlich sollte das Vorstellen der Uhr im Frühjahr zum Energiesparen in der hellen Jahreszeit beitragen. Die Überlegung: Wenn sich der Tag um eine Stunde nach vorn verschiebt, wird weniger Beleuchtung und damit weniger Strom verbraucht. Dadurch entstehende Energiespareffekte sind allerdings kaum nachweisbar.

Person mit Wecker in der Hand.
APA/Keystone/Christian Beutler
Wer es ganz genau nimmt, muss um 3.00 Uhr die Zeiger um eine Stunde zurückdrehen. Handys und andere „smarte“ Geräte erledigen den Zeitsprung von allein.

Abstimmung interessierte vor allem Deutsche

Dass sich das jährliche Jammern in ein Politikum verwandelte, ist die Folge einer 2018 durchgeführten EU-weiten Onlineumfrage. Bei dieser hatten sich 84 Prozent der Teilnehmer für ein Aus der Zeitumstellung ausgesprochen. Die meisten votierten für eine dauerhafte Sommerzeit. 4,6 Millionen Antworten, davon die überwiegende Mehrheit von drei Millionen aus Deutschland, gingen ein – ein Rekord, aber immer noch weniger als ein Prozent der EU-Bürger.

Das Europaparlament stimmte daraufhin im März 2019 mit großer Mehrheit für die Abschaffung der Zeitumstellung per 2021 – oder ein Jahr später, wenn es Schwierigkeiten für den Binnenmarkt geben sollte. Dem müssen die Mitgliedsstaaten jedoch mehrheitlich noch zustimmen, damit es Realität werden kann.

Vorletztes Jahr sollte schon Schluss sein

Die EU-Kommission hatte daraufhin vorgeschlagen, ab 2019 den Wechsel zwischen Sommer- und der immer wieder als Winterzeit bezeichneten Normalzeit abzuschaffen. Die Staaten sollten stattdessen selbst entscheiden können, ob sie dauerhaft Sommer- oder Winterzeit haben wollten. Die erforderliche Abstimmung der Mitgliedsstaaten lässt weiter auf sich warten. Aus der EU-Kommission hieß es dazu heuer: „Diese Frage zur saisonalen Zeitumstellung ist auch eine saisonale Frage, die wir zweimal im Jahr jeweils vor der Zeitumstellung erhalten.“ Wie schon sechs Monate zuvor könne er nur wiederholen, was er vor sechs Monaten wiederholt habe: „Der Ball liegt nun im Feld der Mitgliedsstaaten.“

Die 27 Länder jedoch streiten, wie der Wegfall der Zeitumstellung genau umgesetzt werden soll. Und ohne Einigung kann das ganze Vorhaben sogar noch scheitern. Im Lauf der Debatten kristallisierte sich heraus, dass manche EU-Staaten – Portugal etwa – grundsätzlich gegen das Ende der Zeitumstellung sind.

Doch aus vielen Ländern kamen Bedenken gegen diesen Plan, da unter anderem für die Wirtschaft eine einheitliche Zeitzone wünschenswert erscheint, zumindest in Mitteleuropa. Andernfalls würden zwischenstaatliche Zeitunterschiede den Handelsverkehr noch mehr beeinträchtigen. Zudem sind die Auswirkungen für EU-Länder an den Rändern der Mitteleuropäischen Zeitzone nicht positiv: Käme die dauerhafte Sommerzeit, hieße das für Spanien im Winter Dunkelheit bis kurz vor 10.00 Uhr. Einigen sich alle auf Winterzeit, würde es in Warschau im Sommer schon um 3.00 Uhr hell. Die Zeitumstellung zweimal im Jahr dämpft diese Extreme.

Österreich will ständigen Sommer

Das offizielle Österreich bevorzugt bei einer Vereinheitlichung eine ständige Sommerzeit als Standardzeit, eine Umfrage 2018 kam zum selben Ergebnis in der Bevölkerung.

Grafik zur Zeitumstellung
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/market

Relikt aus Ölkrisenzeiten

In der gesamten EU wird am letzten März-Sonntag an der Uhr gedreht – und am letzten Sonntag im Oktober wieder zurück. Eingeführt wurde die Sommerzeit 1973 in Europa anlässlich der Ölkrise und mit dem Hintergrund, Energie zu sparen. Mit der Zeitverschiebung sollte eine Stunde Tageslicht für Unternehmen und Haushalte gewonnen werden. Frankreich machte damals den Anfang.

Österreich beschloss die Einführung erst 1979 wegen verwaltungstechnischer Probleme und weil man eine verkehrstechnische Harmonisierung mit der Schweiz und Deutschland wünschte. Diese beiden Länder führten die Sommerzeit erst 1980 ein. Allerdings gab es in Österreich bereits im Ersten Weltkrieg schon einmal die Sommerzeit. Im Jahr 1916 galt sie für die Monarchie von 1. Mai bis 30. September, wurde dann aber wieder eingestellt. Ein zweiter Versuch wurde in den Jahren 1940 bis 1948 unternommen.