Die Ermittler hätten bei der Durchsuchung des Drehorts 600 Beweismittelstücke sichergestellt, darunter drei Waffen und Munition. Die Untersuchungen dauerten an, sagte Bezirksstaatsanwältin Mary Carmack-Altwies.
Es sei zu früh, um über eine mögliche Anklage zu entscheiden. Alle Beteiligten, darunter Baldwin, würden mit der Polizei kooperieren. „Wir haben noch nichts ausgeschlossen“, wurde Carmack-Altwies am Dienstag von der „New York Times“ zitiert. „Zu diesem Zeitpunkt ist alles, einschließlich einer strafrechtliche Anklage, auf dem Tisch.“
Tod am Filmset: Behörden äußern sich
Nach den tödlichen Schüssen von Schauspieler Alec Baldwin auf die Kamerafrau Halyna Hutchins bei Dreharbeiten zum Western „Rust“ haben die Ermittler erstmals offiziell Stellung genommen. Die Polizei teilte mit, dass Baldwins Waffe scharfe Munition enthalten hatte. Das abgegebene Projektil konnte sichergestellt werden, sagte Sheriff Adan Mendoza. Es gebe zudem Hinweise, dass sich noch mehr scharfe Munition am Set befand.
Keine Requisitenwaffe
Die Staatsanwältin betonte, dass es sich dabei nach bisherigen Erkenntnissen nicht bloß um eine „Prop-Gun“, also um eine Requisitenwaffe, gehandelt habe, die realen Waffen nur ähnle. Die in einigen Gerichtsdokumenten zu dem Fall benutzte Terminologie sei irreführend, denn es habe sich um eine echte Waffe, einen Revolver, gehandelt.

„Es war eine echte Waffe“, sagte Carmack-Altwies. Um welches Modell es sich genau handelte, sagte sie nicht. Sie beschrieb sie aber als eine historische Waffe, die zu der Ära passe, in der der Film spielt. Der Western „Rust“ ist im 19. Jahrhundert angesiedelt.
Waffe angeblich als leer angekündigt
Laut einem Polizeibericht hatte der Regieassistent dem Schauspieler bei der Übergabe der Waffe gesagt, dass es sich um eine „kalte Waffe“ ohne Munition handle. Der Assistent habe nach eigener Aussage nicht gewusst, dass eine Patrone in der Waffe steckte.
Laut einem am Mittwoch veröffentlichten Vernehmungsprotokoll gab der Regieassistent gegenüber der Polizei allerdings an, er habe nicht alle Kugeln in der Trommel des Revolvers kontrolliert. „Er konnte sich nur daran erinnern, drei Kugeln gesehen zu haben“, schreibt ein Ermittler in dem bei Gericht vorgelegten Vernehmungsprotokoll. „Er sagte, dass er sie alle hätte überprüfen müssen, es aber nicht tat, und konnte sich nicht daran erinnern, ob sie (die Waffenmeisterin am Set) die Trommel drehte.“
Kamerafrau getötet, Regisseur verletzt
Bei dem Vorfall während der Dreharbeiten zu dem Western auf einer Filmranch in New Mexico war am Donnerstag die 42 Jahre alte Chefkamerafrau Hutchins tödlich verletzt worden. Hauptdarsteller Baldwin (63) hatte die Waffe bei der Probe für eine Szene abgefeuert.

Auch Regisseur Joel Souza (48) war bei dem Zwischenfall an der Schulter verletzt worden, konnte das Krankenhaus aber wenig später wieder verlassen. Souza stand zum Zeitpunkt des tödlichen Vorfalls hinter der Kamerafrau. Die Dreharbeiten für den Western wurden ausgesetzt.
Monatelange Ermittlungen möglich
Carmack-Altwies zufolge könnten sich die Ermittlungen über Wochen oder Monate hinziehen, ehe es zu einer möglichen Anklage kommen könnte. Es habe „große Mengen“ von Munition am Set gegeben, sagte die Staatsanwältin der „New York Times“. Nach Angaben der Polizei seien bei der Durchsuchung des Drehorts drei Revolver, gebrauchte Patronen und Munition unter anderem in Schachteln, lose und in einer Gürteltasche gefunden worden.
Der Regieassistent, der Baldwin die Waffe übergab, sei 2019 wegen eines ähnlichen Vorfalls bei einem Film entlassen worden, berichteten zahlreiche US-Medien. Bei dem Dreh zu „Freedom’s Path“ sei damals ein Tontechnikmitarbeiter leicht verletzt worden, nachdem unerwartet eine Requisitenwaffe losgegangen sei, hieß es unter Berufung auf die Produktionsfirma des Films.

Kritik wurde nach Medienberichten auch an der 24 Jahre alten Waffenmeisterin laut, die für die ordnungsgemäße Handhabung aller Waffen am Set zuständig war. „Rust“ war erst der zweite Film, an dem sie in dieser Funktion beteiligt war.
Medienberichte über laxen Umgang
Vermutungen über laxe Sicherheitsvorkehrungen wurden auch von einem Bericht der Nachrichtenseite The Wrap gestützt, wonach einige Crewmitglieder in ihrer Freizeit angeblich scharfe Munition benutzten, um auf Bierdosen zu schießen. Die Quellen wurden nicht namentlich genannt.
Demzufolge hätte ein derartiges Zielschießen in der Früh, wenige Stunden vor dem tödlichen Vorfall am Set, stattgefunden, sagte The-Wrap-Journalistin Sharon Waxman dem Sender CNN. Eine dieser Waffen sei später am Set an Baldwin weitergereicht worden.
Experte: Echte Waffen als Requisitenwaffen
Der Filmwaffenexperte und Stunt-Koordinator Steve Wolf sagte dem Sender CNN, eine reguläre Requisitenwaffe lasse sich nicht mit scharfer Munition laden. Die Patronen passten nicht hinein, ergänzte er und demonstrierte das anhand eines Requisitenrevolvers.
„Sie haben keine Requisitenwaffen geladen, sie haben echte Waffen geladen und mit ihnen geschossen. Dann haben sie dieselben echten Waffen am Set als ihre Requisitenwaffen benutzt.“ Das sei nach seiner Einschätzung das Problem gewesen.