Konflikt mit Saudi-Arabien stellt Libanon vor Zerreißprobe

Nach einem diplomatischen Eklat zwischen dem Libanon und Saudi-Arabien bemüht sich der libanesische Präsident Michel Aoun um eine Glättung der Wogen. Der Libanon lege Wert auf beste Beziehungen zu den Saudis und eine Stärkung bilateraler Abkommen, erklärte Aoun gestern auf Twitter.

Saudi-Arabien hatte am Freitag unter anderem eine Sperre für Importe aus dem wirtschaftlich angeschlagenen Libanon verhängt und damit auf Kritik eines libanesischen Ministers an dem Königreich reagiert. Der internationale Konflikt ist eine Zerreißprobe für die fragile Regierung des Libanon, deren Mitglieder wie das Land teils sunnitisch, teils schiitisch, teils christlich geprägt sind.

Der Zwist könnte die Regierung von Ministerpräsident Najib Mikati weiter lähmen, während das Land nach Einschätzung der Weltbank in einer der schwersten Wirtschaftskrisen der neueren Geschichte steckt. Auch der Streit über die Verantwortung für die verheerende Explosion im Hafen der Hauptstadt Beirut im August 2020 spaltet das Land.

Botschafter des Landes verwiesen

Saudi-Arabien hatte neben der Importsperre den libanesischen Botschafter des Landes verwiesen. Bahrain, Kuwait und die Vereinigten Arabischen Emirate folgten mit ähnlichen Schritten. Das sunnitisch geprägte Königreich Saudi-Arabien reagierte damit auf Kritik eines der schiitischen Hisbollah-Miliz nahestehenden libanesischen Ministers an der Rolle Saudi-Arabiens im Bürgerkrieg im Jemen. Dort stehen sich vom Iran unterstützte, schiitische Huthi-Rebellen und die von Saudi-Arabien gestützte sunnitische Regierung gegenüber. Sunniten und Schiiten sind die beiden größten Konfessionsgruppen des Islam.

Eine Gruppe früherer Ministerpräsidenten des Libanon forderte heute, Informationsminister George Kordahi solle nach seinen Äußerungen über den Jemen zurücktreten. Es wird jedoch erwartet, dass sich in diesem Fall weitere der Hisbollah nahestehende Minister zurückziehen könnten und die Regierung damit zerbräche. „Das Land kann nicht ohne Regierung dastehen“, sagte Erziehungsminister Abbas Halabi und verwies auf die drängenden Probleme des Landes.

Saudi-Arabien pocht auf ein Zurückdrängen der Hisbollah im Libanon. „Ich denke, es ist wichtig, dass die Regierung im Libanon oder das libanesische Establishment einen Weg bahnt, der den Libanon von dem gegenwärtigen politischen Konstrukt befreit, das die Dominanz der Hisbollah zementiert“, sagte der saudi-arabische Außenminister, Prinz Faisal bin Farhan al-Saud, der Nachrichtenagentur Reuters. Die Zukunft der libanesischen Regierung selbst sei allein Sache des libanesischen Volkes. „Die Angelegenheit ist weitaus größer als die gegenwärtige Situation“, sagte er.