EZB: Zinserhöhung 2022 sehr unwahrscheinlich

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den auf den Finanzmärkten kursierenden Erwartungen einer Zinserhöhung im kommenden Jahr einen kräftigen Dämpfer verpasst. EZB-Präsidentin Christine Lagarde erklärte heute, derzeit sei aller Voraussicht nach nicht mit einem solchen Schritt zu rechnen.

Die EZB habe in ihrem geldpolitischen Ausblick drei Bedingungen genannt, die erfüllt sein müssten, bevor die Zinsen steigen könnten, sagte Lagarde heute in Lissabon. „Trotz des gegenwärtigen Inflationsanstiegs bleibt der Inflationsausblick mittelfristig verhalten, und daher ist es sehr unwahrscheinlich, dass diese drei Bedingungen nächstes Jahr erfüllt sind.“

Spekulationen gehen weiter

Der spanische Notenbankchef Pablo Hernandez de Cos wurde noch deutlicher und betonte, die Erwartung einer Zinserhöhung um das dritte Quartal 2022 herum oder auch wenig später decke sich nicht mit der Analyse der EZB. Auch der französische Notenbankpräsident Francois Villeroy de Galhau stimmte in den Chor ein. Er betonte in Paris, es bestehe nächstes Jahr kein Grund zur Leitzinsanhebung.

Auf den Märkten wirkte die Botschaft zwar als Korrektiv, doch wurde noch immer eine Anhebung 2022 erwartet – aber erst für Dezember und nicht mehr für Oktober, wie bisher angenommen.

Lagarde hatte vorige Woche weitgehend erfolglos versucht, den Märkten die Erwartung einer geldpolitischen Straffung im kommenden Jahr auszureden. „Der große Unterschied zu letzter Woche ist, dass sie diesmal einen Zeitrahmen gegeben hat, und das dürfte die Marktzinsen nach unten bringen“, erklärte Ökonom Piet P. H. Christiansen von der Danske Bank.