Mitarbeiterin scannt ihren Grünen Pass vor der Arbeit.
APA/Hans Klaus Techt
Höchstwert an Neuinfektionen

2-G soll neuen Lockdown verhindern

Mit 9.943 CoV-Neuinfektionen binnen 24 Stunden hat der nationale Krisenstab am Samstag in Österreich ein neues Allzeithoch seit Ausbruch der Pandemie gemeldet. Der bisherige Höchstwert vom 13. November 2020 – damals hatte man 9.586 Infektionen verzeichnet – wurde damit deutlich übertroffen. Am Montag treten in ganz Österreich schärfere Maßnahmen in Kraft. Am Arbeitsplatz gilt weiter die 3-G-Regel, zu vielen anderen Bereichen haben Ungeimpfte dann keinen Zutritt mehr.

„Wenn wir Schließungen verhindern wollen, dann müssen wir jetzt handeln,“ sagte Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) am Freitag in der Pressekonferenz nach dem Gipfel der Bundesregierung mit den Länderchefs. In einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) und den Landeshauptmännern Günther Platter (ÖVP) und Peter Kaiser (SPÖ) wurden am Freitagabend die neuen Maßnahmen verkündet und mit Nachdruck zur Impfung aufgerufen.

„Die Dynamik ist außergewöhnlich, und die Belegungen bei den Intensivbetten steigen deutlich schneller als erwartet“, so Schallenberg. „Es ist schlicht und einfach unsere Verantwortung, die Menschen in unserem Land zu schützen.“ „Keiner von uns hat eine Kristallkugel“, so Schallenberg. Einen Lockdown, „so wie wir ihn gehabt haben“, wolle man aber „mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln verhindern“. Die Zügel für Ungeimpfte müssten straffer gezogen werden – auch mit Blick auf die Weihnachtsfeiertage und die Tourismussaison, so Schallenberg, der erneut eindringlich zur Impfung aufrief.

CoV-Verschärfungen: 2-G-Regel in ganz Österreich

Der Gipfel von Bundesregierung und Landeshauptleuten hat Verschärfungen gebracht. In ganz Österreich kommt flächendeckend eine 2-G-Regel, außerdem wird die Gültigkeit des „Grünen Passes“ verkürzt.

Mückstein betonte, seine Aufgabe sei es, die Intensivstationen zu schützen, und dieser werde er nachkommen. Auch appellierte er an die Menschen: „Hören wir auf mit der augenzwinkernden Wurschtigkeit.“

„Hoffen, einen vierten Lockdown zu verhindern“

Kärntens Landeshauptmann Kaiser sah an der aktuellen Situation Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) mitschuldig, der die Pandemie zu oft für beendet erklärt habe. Das habe möglicherweise zu einer gewissen Lässigkeit im Umgang mit dieser geführt. Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) erklärte per Aussendung, nur mit solch einem starken Paket „können wir hoffen, einen vierten Lockdown zu verhindern“.

Die Vorarlberger Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) erhofft sich nun einen „Impfboom“. Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) meinte, dass mit den neuen Regeln die notwendige Klarheit für die Menschen geschaffen werde.

Burgenland trägt Maßnahmen mit

Die Maßnahmen wurden laut Mückstein fast einstimmig beschlossen. Das Burgenland hatte schon im Vorfeld klargemacht, dass man angesichts der hohen Impfquote im Land Verschärfungen ablehne. Offiziell bestätigt wurde nicht, ob Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) sich dem Beschluss angeschlossen hat oder nicht. Man werde die Maßnahmen umsetzen, da der Bund diese Regeln vorgebe, hieß es nach dem Treffen aus Doskozils Büro. Seine Position habe der Landeshauptmann bereits geäußert, daran ändere sich nichts.

Grafik zu CoV-Zugangsregeln
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Neun Monate im „Grünen Pass“

Der „Grüne Pass“ soll nur noch neun Monate ab der zweiten Impfung gelten, womit die Motivation für den dritten Stich erhöht werden soll. Die ursprünglich als Einmalimmunisierung angelegte Impfung von Johnson & Johnson gilt nur noch bis 3. Jänner für den „Grünen Pass“, sofern nicht nachgeimpft wurde.

Eine Erleichterung wurde für die Länder beschlossen. Die zuletzt umstrittenen, weil personalintensiven Ausreisekontrollen aus den Bezirken, die in Oberösterreich beinahe flächendeckend galten, fallen am Montag.

Experten zu den neuen CoV-Regeln

Die neuen Maßnahmen vor dem Hintergrund der politischen Rahmenbedingungen analysieren der Politikwissenschaftler Peter Filzmaier und der Epidemiologe Gerald Gartlehner.

Österreich für Tschechien „dunkelrot“

Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) ließ via Aussendung wissen, dass Regierung und Bundesländer an einem Strang zögen. Die Branche sei für die Umsetzung gut vorbereitet. „‚Strenge Regeln, sicherer Urlaub‘, das ist unsere Devise, um eine sichere Wintersaison zu ermöglichen. Klar ist: Wer geimpft ist, wird auch weiterhin kaum Einschränkungen spüren. Das gilt selbstverständlich auch für den Tourismus und unsere Wintergäste aus dem Ausland“, so Köstinger.

Die Tourismusbranche sorgt sich stark um die Wintersaison und etwaige Reisewarnungen. Deutschland setzte Österreich vorerst nicht erneut auf die Liste seiner Hochrisikogebiete. Tschechien hingegen stufte am Freitag neben Belgien auch Österreich in der dunkelroten Kategorie ein.

Das bedeutet, dass die beiden Länder aufgrund der Coronavirus-Lage „ein sehr hohes Risiko“ aufweisen, so das tschechische Gesundheitsministerium. Für Geimpfte und Genesene gibt es keine Auflagen. Alle anderen Einreisenden ab zwölf Jahren müssen in Tschechien einen PCR-Test machen, und zwar frühestens am fünften und spätestens am 14. Tag nach der Einreise.

Wirtschaftsvertreter fordern Hilfen

Heimische Wirtschaftsvertreter forderten am Freitag weitere Hilfen. „Wir brauchen einen Turnaround im Pandemiegeschehen, und dieser darf nicht auf dem Rücken der Betriebe passieren“, so Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer. „Da, wo es Einschränkungen des Betriebes gibt, wie durch Betretungsverbote für Nichtgeimpfte, ist klar, dass es Unterstützung für besonders betroffene Branchen geben muss“, sagte WKO-Generalsekretär Karlheinz Kopf. Neben der Wirtschaftskammer fordern auch der Handelsverband, die Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV) und der ÖVP-Wirtschaftsbund weitere Hilfen für betroffene Betriebe.

Rendi-Wagner fordert „nationale Impfwoche“

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner übte am Samstag Kritik an der Strategie der Bundesregierung. „Die Regierung hat die letzten Monate nicht genützt und es verabsäumt, für eine höhere Impfbereitschaft zu sorgen. Die Versäumnisse sind Mitgrund dafür, dass die Coronavirus-Situation der Regierung entglitten ist“, meinte sie und forderte eine „Impfwoche“.

Die am Freitagabend präsentierten Maßnahmen bezeichnete sie als notwendig und richtig. „Allerdings wird Aussperren von Ungeimpften alleine nicht reichen.“ Entscheidend sei, möglichst alle Menschen mitzunehmen, zu unterstützen und von der Impfung zu überzeugen. Sie schlug eine nationale Impfwoche vor: „Ungeimpfte sollten jetzt Briefe mit einem konkreten Impftermin erhalten und auch bereits Geimpfte ihren Termin für den dritten Stich erhalten.“

Dringend notwendig wäre es für die SPÖ-Chefin auch, endlich vorausschauend zu handeln und bundesweit für mehr Reservekapazitäten in den Intensivstationen zu sorgen.

FPÖ empört

FPÖ-Chef Herbert Kickl protestierte Freitagabend gegen die Ankündigungen der Bundesregierung. Es gebe keine logische Erklärung dafür, gesunden und getesteten Menschen den Zutritt zu Hotellerie und Gastronomie zu verweigern, kritisierte er in einer Aussendung das „Aussperren“. NEOS sah die Notbremse gezogen, vermisste aber ein Ziel der Regierung. „Das wäre alles nicht notwendig gewesen“, meinte NEOS-Vizeklubobmann Gerald Loacker zu dem aus seiner Sicht viel zu späten Reagieren.